Verfuehrung auf Italienisch
erlaubt?"
"Nein, nein", versicherte er eilig. "Es ist nur so, dass diese Kapelle und die campanile beim letzten Erdbeben beschädigt wurden und wir nicht wissen, ob die Gebäude sicher sind."
"Aber Sie sind doch auch hier", bemerkte Clare. Er lächelte. "Stimmt, aber ich bin auch kein Gast des Hauses Bartaldi. Ich mache eine erste Inspektion. Nächste Woche kommt ein Architekt, der sich alles genauer ansehen und dann die Restaurierung in Angriff nehmen wird."
"Schön, dass es restauriert wird." Clare sah sich um. "So schlimm sieht es doch gar nicht aus. Nur ein wenig vernachlässigt."
"Wir werden sehen, wie schlimm es ist, wenn der Architekt ein Gutachten erstellt. Die campanile wird wahrscheinlich abgerissen werden müssen, aber vielleicht, wenn die Reparatur nicht zu teuer ist ..." Er lächelte.
Clare folgte ihm nach draußen und sah auf seinen Rücken, während er das Portal verschloss.
"Ich hätte nicht gedacht, dass der Marchese so religiös ist", meinte sie.
"Wie wir alle versucht er das, was ihm möglich ist." Tonio zuckte die Schultern. "Aber die Restaurierung liegt ihm am Herzen. Er will in der Kapelle heiraten. Bald."
"Oh." Mehr bekam Clare vorerst nicht heraus. Dann sagte sie schließlich: "Das ... das wusste ich nicht."
"Es gibt nur wenige, die es wissen. Der Marchese hat sich erst kürzlich dazu entschieden."
"Weiß Paola es?" Clare musste sich zusammennehmen, damit ihre Stimme nicht zitterte.
Ein paar Blätter von Tonios Notizblock flatterten zu Boden, und er bückte sich danach. "Er wird sicherlich den richtigen Zeitpunkt dafür wählen", erwiderte er ausweichend. "Vielleicht ist es am besten, nichts zu erwähnen."
"Ja, natürlich." Clare lächelte gezwungen. "Ich hoffe, es wird eine angenehme Überraschung für Paola."
"Die Ehefrau des Marchese Bartaldi wird immer glücklich und zufrieden sein", erwiderte Tonio steif.
Hoppla, dachte sie, da bist du aber ins Fettnäpfchen getreten. Kritisiere nie den Herrn der Villa Minerva. Um abzulenken, fragte sie nach der Zahl der Angestellten, die auf dem Anwesen arbeiteten. Als Tonio ihr die Zahl nannte, war sie erstaunt.
"So viele? Und Sie kennen sie alle?"
"Ich bin ziemlich sicher. Sehen Sie, signorina, meistens sind es Familien, die seit Generationen für die Bartaldis arbeiten."
"Ich verstehe." Plötzlich wurde sie nachdenklich. "Dann kennen Sie auch Marcos Cousin?"
Tonio runzelte leicht die Stirn. "Im Moment sagt mir das nichts. Aber warum fragen Sie?"
"Ich traf ihn zufällig he ute Morgen, er arbeitet wohl im Garten. Er war ziemlich ..." Sie suchte nach dem passenden Wort. "Eine ziemlich auffallende Erscheinung."
"Dann kann er Marco nicht ähneln, denn Marco ist wie eine graue Maus." Er sah sie fragend an. "Haben Sie eine Beschwerde gegen ihn vorzubringen, signorina?"
"Bitte, nennen Sie mich doch Clare", bat sie lächelnd. "Schließlich arbeiten wir beide für den Marchese."
Er zögerte kurz, dann verbeugte er sich leicht. "Wie Sie wünschen - Clare. Aber wir sprachen von Marcos Cousin."
"Ja, er lungerte heute Morgen beim Pool herum. Und irgendwie hatte ich das Gefühl... Nun, vielleicht ist es völlig aus der Luft gegriffen, aber ... Ich will nicht unfair sein, und ich bin sicher, dass er ein guter Gärtner ist ..."
"Und doch wird er nicht auf der Gehaltsliste geführt", meinte Tonio nachdenklich.
"Vielleicht hat man ihn als Zeitkraft eingestellt. Ich werde es überprüfen."
"Ich hoffe, ich habe den jungen Mann nicht in Schwierigkeiten gebracht."
"Nein, nein", beruhigte Tonio sie. "Manchmal werden noch zusätzliche Arbeitskräfte gebraucht. Das kommt öfter vor."
"Carissima!" Violetta bedachte Clare mit einem vorwurfsvollen Blick, als diese ins Esszimmer trat. "Wo warst du nur so lange?"
Clare setzte ein beschämtes Lächeln auf und hauchte ihrer Patin einen Kuss auf die Wange.
Den Marchese Bartaldi, der sie mit einem wissenden Lächeln betrachtete, ignorierte sie.
"Ich bin im Park spazieren gegangen und habe nicht auf die Zeit geachtet." Sie setzte sich auf den Stuhl neben ihre Tante.
"Und nicht allein, wie ich sehe", flüsterte Violetta ihr zu und deutete mit dem Kopf zu Tonio, der mit einer gemurmelten Entschuldigung ebenfalls am Tisch Platz nahm. Dann musterte sie Clare anerkennend. "Du siehst wunderbar aus, meine Liebe. Das Kleid kenne ich ja noch gar nicht."
"Ich ... ich trage es auch zum ersten Mal." Glücklicherweise konnte Clare sich damit ablenken, dass sie sich Suppe aus der großen Terrine auf den Teller
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