Verfuehrung auf Probe
ich dreh durch.
„Nicki? Hey, Nicki, ist dir nicht gut?“
Ich schüttele den Kopf und atme ein paar Mal tief durch. Denk an die schöne Wohnung, raune ich mir selbst zu, denn der Fluchtinstinkt sorgt bereits dafür, dass meine Füße in den peinlichen roten Cowboystiefeln jucken. Dann habe ich mich wieder gefangen. „Schon gut, Gabriel, alles bestens. Nur eine kurze … Übelkeit.“
„Hast du deine Tage nicht bekommen?“
Muss man so direkt sein? Aber nein, ich hatte meine Tage erst vor einer Woche. Es ist nur so, dass ich gerade mit meinem angeblichen Freund zu einer Vernissage gekommen bin, der jedoch hinter einem der anderen weiblichen Gäste her ist, die wiederum überhaupt nicht auf ihn steht, weil sie sexuell irritiert ist, und dass ich außerdem bis zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, dass ich eine Beziehung mit Gabriel habe. Das kapiert Madame Vivouche nie.
„Hast du was zu trinken?“ Ich sehe zu Gabriel auf, der mich aus halb zugekniffenen Augen unter wüsten Locken anblinzelt.
„Dir steht wirklich alles“, sagt er kopfschüttelnd. Dann fügt er hinzu: „Komm mit, ich hole dir Wasser.“
Danke auch für das Kompliment. Aber Wasser? Was soll ich mit Wasser? Ich will Campari. Oder Whisky, falls kein Campari im Haus ist. Und davon möglichst viel.
Dann nehme ich aber doch das Wasser. Das erste Glas kippe ich nur so runter. Am zweiten klammere ich mich fest, als Gabriel den Arm um meine Hüften legt und mich durch seine Galerie führt.
„Es sind hauptsächlich Freunde von mir da. Und die drei Kunden, die mich am Leben erhalten. Ich stelle sie dir gleich alle vor. Die Kunden haben sich bereits für ein paar Werke von mir entschieden. Willst du sehen, was sie gekauft haben?“
Ich nicke, weil mir nichts anderes übrig bleibt, und werde durch einen Durchgang, der aussieht wie ein riesiges Fass, in einen kleineren Raum geführt. Und da bekomme ich dann Schock Nummer was weiß ich wieviel für heute. Zu viel. Angesichts der drei Installationen, die sich vor mir auftun, wird mir wirklich schlecht.
Auf der ersten wandfüllenden Installation rennt eine sehr langhaarige, weibliche Person mit einem Vogelkäfig in der Hand eine Treppe hoch. Eigentlich besteht die Installation aus einem riesigen Schwarz-Weiß-Foto. Nur die Sneakers der Person und der Vogel in dem Käfig sind knallrot. Der Vogel kreischt wie verrückt und das rechte Bein der Person zuckt dauernd vor und zurück. Auf der zweiten wandfüllenden Installation erkenne ich eine sehr langhaa rige, weibliche Person, die mithilfe einer roten Matratze und fünf roten Kondomen ein super aufgeräumtes Atelier verwüstet. Dieses Mal zucken die Kondome auf und ab und quietschen dabei. Und auf der dritten wandfüllenden Installation schließlich hängt die sehr langhaarige, weibliche Person an einer Brücke. Auch dieses vermeintliche Kunstwerk ist in Schwarz-Weiß gehalten. Bloß der Slip der Dame sowie ein Band, das ihr Retter in der rechten Hand hält, glühen rot. Auf dieser Installation zuckt das Band und man hört das Plätschern der Seine.
„Wie findest du sie?“ Gabriel sieht mich gespannt an.
Während ich noch um Worte ringe, taucht Eric auf. „Gabriel war so nett, aus der Peinlichkeit in der Zeitung eine angeblich arrangierte Szene herzustellen. Sie drucken es morgen in der Zeitung. Ganz so wie du wolltest. Ein Widerruf.“
Jetzt muss ich nicht mehr um Worte ringen. Sie sprudeln nur so aus mir heraus: „Wer zum Teufel ist der Fotograf? Und lügt mich nicht an, verdammt!“
Kapitel 8
Mir wird immer schlechter. Ich warte nur noch auf den Moment, in dem ich mich mitten in Gabriels Galerie übergebe.
Eric kennt Gabriel. Gabriel weiß, was Eric von mir will. Eric weiß, dass Gabriel auf mich abfährt. Und die verdammte Isabelle hat das Foto mit ihrem Handy aufgenommen , als sie uns auf der Orchidée Noire hinterhergeschlichen ist. Das Foto hat sie einem befreundeten Fotografen gegeben, der Philippe heißt, und der es bearbeitet und dann an einen befreundeten Reporter weitergegeben hat. Der große Zufall, wie ich ausgerechnet an Gabriel und an Eric geraten konnte, ist gar kein Zufall, weil Eric die Bruchbude, in der ich wohne, gekauft und seinem Freund das freie Appartement überlassen hat. So lange bis er das ganze Haus renoviert und die einzelnen Wohnungen verkauft. Und jetzt kommt auch noch Monique ins Spiel, die wiederum eine Kundin von Erics und Isabelles Architekturbüro ist. Ja, in Moniques Schlafzimmer hängt ein Andreaskreuz. Bei
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