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Verfuehrung auf Probe

Verfuehrung auf Probe

Titel: Verfuehrung auf Probe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Nimou
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geschlungen, das die inzwischen mit einer dünnen Kruste bedeckte Narbe an meiner Stirn verdeckt und mich zugleich aussehen lässt wie eine Ägypterin. Passend dazu habe ich mir mit Eyeliner ein Paar Kleopatra-Augen gemalt, dass es eine Pracht ist. Und einen fetten Leberfleck über meine Oberlippe habe ich gemalt. Unauffällig ist das nicht, aber ein komplett anderer Stil als die Mähne von vergangener Nacht. Zumal das Kleid, das ich heute trage, an Auffälligkeit kaum zu überbieten ist. Wer auch immer das gekauft hat, ist entweder farbenblind oder er leidet an Geschmacksverirrung. Es reicht knapp bis zur Mitte meiner Oberschenkel, ist gelb und über und über bedeckt mit bunten großformatigen Blumen, die aussehen, als entstammten sie einem Comic. Darüber trage ich eine taillenkurze, knallblaue Samtjacke. Am unteren Ende meiner seidenbestrumpften Beine befinden sich rote Cowboystiefel. Ich finde, ich sehe aus wie ein Clown. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Eine beherzte Flucht nach vorn und kein Mensch traut sich, dich zu brüskieren. Manche würde das Outfit auch New Parisien Chic nennen, denn das ganze Zeug stammt von Givenchy. Die Leute kaufen wirklich alles, wenn bloß ein berühmtes Label dranklebt.
    Im Aufzug sehe ich lieber nicht in den Spiegel. Eric allerdings kann die Augen nicht von mir lassen.
    „Ich hatte Isabelle gebeten, etwas für den heutigen Anlass zu besorgen“, klärt er das Rätsel der Herkunft meines Clownskostüms auf. „Ich dachte, sie hätte Geschmack.“
    Jetzt wird mir so einiges klar. Aber ich bleibe bei meiner Flucht-nach-vorn-Theorie. Kein Mensch wird glauben, dass die Frau aus der Zeitung sich wagt wie eine Leuchtreklame durch die Gegend zu rennen. „Mir gefällt es. Es lenkt von meinem Gesicht ab. Das ist genau das, was ich heute brauche.“
    Eric wirkt nicht überzeugt. Ebenso wenig wie ich, wenn ich daran denke, dass Eric den Bentley fliegt. Beim bloßen Anblick seiner Hände am Steuer bricht mir der Schweiß aus. Die Fahrt heute Vormittag hat mich nachhaltig traumatisiert. Das einzig Positive an seiner Fahrweise: Meine Gedanken drehen sich für die Dauer des Fluges über die Straßen von Paris ausschließlich um mein Überleben.
    „Ich wollte mich bei dir entschuldigen“, sagt Eric, als wir über die Pont de Sully zum rechten Seineufer fahren.
    Doch erst als wir über den Boulevard Henri IV rauschen, bin ich, zwischen zwei lebensgefährlichen Überholmanövern, in der Lage nachzufragen, wofür er sich entschuldigen will.
    „Für die Sache mit dem Tau. Während unserer Unterrichtsstunde. Das stand mir nicht zu. Du könntest es als Übergriff fehldeuten.“
    „ Geschenkt. Ich hatte mein Sportzeug an und habe sowieso nichts gespürt.“ Dass ich nichts gespürt habe, ist eine glatte Lüge. Ganz im Gegenteil. Mir läuft jetzt noch ein Schauder von der Brust über den Bauch und über meine Muschi, wenn ich daran denke. Aber momentan habe ich andere Probleme. Vor uns fährt ein LKW im Schneckentempo über den Mittelstreifen und rechts von uns haben meine Pariser Mitbürger aus einer Spur drei gemacht, die vollkommen verstopft sind. Dank der guten Isolierung dringt das grauenhafte Hupkonzert kam zu uns in den Wagen. Vielleicht bleibt Eric darum vollkommen ruhig. Und dann stehen auch wir in der Blechlawine. Das lässt mich aufatmen.
    „Wohin fahren wir eigentlich , ich meine, wenn wir irgendwann weiterfahren?“ Ich kann Eric nicht ansehen, obwohl ich seine Blicke auf mir spüre. Das liegt daran, dass ich zwar latent ruhig gestellt bin, aber dennoch weiterhin die Bremslichter des LKWs vor uns beobachte, jederzeit bereit selbst in die Eisen zu steigen.
    „Du hast eine Menge Ängste“, bemerkt er, anstatt endlich unser Ziel bekannt zu geben.
    „ Hmh“, überlege ich. „Momentan hat mich eine große Zielangst befallen, aber ich bin ja anpassungsfähig. Sind wir in einem BDSM-Club, lasse ich mich von dir an den Arm binden und sehe mir fickende Vampire an, sind wir im Kino, gucke ich statt eines Kinderfilms einen Thriller und freue mich, wenn mein Begleiter die anderen Kinobesucher mit Popcorn bewirft. Das kannst du beliebig ausdehnen. Dies ist einer der Hauptgründe, warum ich bei OR arbeite. Ich bin flexibel wie ein Kaugummi.“
    „ Redest du eigentlich mit all deinen Auftraggebern wie mit mir?“
    Jetzt sehe ich Eric doch an, ärgere mich aber im selben Moment darüber, denn er macht wieder das schiefe Gesicht, das auf mich wie ein

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