Verfuehrung auf Probe
doch so ganz kann ich ihr noch nicht glauben.
Da spüre ich, wie in meinem Täschchen das Handy vibriert. Froh darüber, endlich etwas zu tun zu haben, zerre ich es aus der Tasche und hebe ab. „Einen Moment, bin gleich bei dir.“
„Meine Freundin“, verrate ich Annie, „ich gehe kurz zum Telefonieren nach draußen.“
Die sympathische, große Frau streichelt mir über den Arm und gibt mir einen ganz sanften Schubs in Richtung Ausgang. „Bis nachher, Nicolette.“
Ich nicke und verlasse die Galerie.
„Jeanne, jetzt kann ich reden. Ich bin mit Eric auf einer Vernissage. Du glaubst gar nicht …“
„Nicki“, unterbricht mich Jeanne, „er hat angerufen. Piet hat mich angerufen. Er hat mich für morgen Abend zum Essen eingeladen. Ich bin total aufgeregt. Damit habe ich nie im Leben gerechnet.“
Ich freue mich mit ihr. „Siehst du, Jeanne, er wollte nicht bloß eine schnelle Nummer.“
„Hoffentlich kommt Monique nicht dahinter. Aber weißt du, selbst wenn … Was soll mir passieren. Soll sie mich doch rauswerfen. Jetzt wo du diese Wohnung für uns organisiert hast, genügt es, wenn wir beide irgendeinen kleinen Job annehmen, vielleicht kellnern oder als Touristenguides in einem roten Doppeldecker mitfahren. Wir werden schon nicht verhungern.“
„Nein“, seufze ich, „verhungern werden wir nicht. Was ist eigentlich mit Bertrand?“
„ Ach, der“, meint sie abfällig und damit ist das Thema Edelbistro-Besitzer erledigt.
„ Nicki?“, fährt Jeanne fort, „Alles okay mit dir?“
„Ja, wieso?“
„Du klingst irgendwie niedergeschlagen.“ Obwohl Jeanne eindeutig im Liebeswahn ist, kommen ihre detektivischen Fähigkeiten wieder mal hervor.
Ich will gerade zu einem längeren Katastrophenbericht ausholen, als sie mich unterbricht. „Das Telefon. Ich muss ran. Er ist es. Piet wollte mich nochmals anrufen. Gerade war er noch in einer Sitzung. Er will mit mir reden. Ach, ich bin ja so aufgeregt.“
O hne sich zu verabschieden, legt meine Freundin auf. Na, wenigstens ist eine von uns glücklich. Ein wenig enttäuscht packe ich das Handy wieder weg. Schade, dass ich nicht rauche. Ich könnte eine Zigarette gebrauchen. Warum steht nur niemand vor der Tür, von dem ich eine schnorren könnte? Was ist bloß aus den Franzosen geworden, aus diesen Gauloises-Quarzern? Sie sind schon ebensolche Gesundheitsapostel wie die Amis. Wenn das so weitergeht, werde ich eine Gegenbewegung gründen.
Vorsichtig luge ich über meine Schulter nach hinten, sehe die herumstehenden Vernissage-Besucher. Gabriel ist immer noch in ein Gespräch mit dem kleinen Dicken verwickelt. Diese Annie knutscht mit ihrem Mann. Ich will da nicht wieder rein. Ich will keine weiteren Leute kennenlernen, die allesamt mein Gesicht und meinen Namen kennen, ich will nicht plötzlich Gabriels kleine Freundin sein, will nicht zusehen, wie Isabelle den netten Mann anhimmelt, der sich mit meiner Hilfe in einen Dom verwandeln will, um das blöde Weibstück zufrieden zu stellen.
Weil mir nichts anderes einfällt, hole ich wieder mein Handy aus der Tasche und halte es ans Ohr. Ich weiß zwar nicht, wen ich anrufen sollte und habe auch gar keine Lust zu telefonieren, aber es ist ja nicht verboten, mit einem Handy am Ohr in der Gegend herumzustehen.
Kurz bevor mir die Finger abfrieren, wird mir die Entscheidung, wo ich den Rest des Abends verbringe, abgenommen. Gabriel steckt seinen Kopf zur Tür heraus.
„Eric will gleich mit dir abhauen. Komm rein und verabschiede dich von meinen Freunden. Sie finden dich übrigens reizend. Bis auf die Klamotten, aber inzwischen hat sich herumgesprochen, dass unsere liebe Isa das verzapft hat. Kommst du?“ Er hält mir seine Hand entgegen.
Eric will mit mir abhauen? Gott sei Dank! Ich stecke das Handy weg und lasse mich von Gabriel in die Galerie ziehen. Sofort nimmt er mich in die Arme und wärmt mich auf, was einerseits ganz angenehm ist, mir andererseits aber nicht gefällt. Dann geht er mit mir rum. Ich schüttele viele Hände von vielen netten Leuten, sogar die knochige Hand von Isabelle, der Sub-Schlange.
Nach einigen giftigen Blicken von ihr zu mir und umgekehrt, bin ich endlich erlöst. Dass das Miststück mich am liebsten erschießen würde, als ich hinter Eric die Galerie verlasse, spüre ich sogar, ohne dass ich mich umdrehen muss.
„ Dass Gabriel dich als seine Freundin vorstellt, war so nicht abgesprochen“, knurrt Eric.
„Ich habe das nicht gewollt“, verteidige ich mich, obwo hl ich
Weitere Kostenlose Bücher