Verfuehrung auf Probe
Aphrodisiakum wirkt. „Was ist denn an meinem Reden so besonders?“
„Du bist frech wie ein Straßenköter.“
„Oh.“
Oh ist mein vorläufig letzter Gesprächsbeitrag, denn der Stau hat sich ohne erkennbaren Grund aufgelöst, und Eric setzt sein Rennen fort. Als er um den Kreisverkehr am Place de la Bastille rast, überholt er mindestens zehn andere Fahrzeuge. Zwischenzeitlich bin ich ungefähr auf die Größe eines Dackels geschrumpft. Mein Kopf befindet sich unterhalb der Scheiben. Nein, ich will nichts mehr sehen. Wenn mein Leben jetzt zu Ende wäre, von mir aus, ich hätte nichts dagegen. Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
Irgendwann wird das Hupkonzert, das in Paris immer dann ertönt, wenn sich mehr als ein Auto auf einer Straße befindet, leiser , und ich tauche wieder aus dem Untergrund auf.
Die Gegend erkenne ich auf Anhieb, und zwar an den Arkaden. Wir sind am Place de Vosges. Wenn man nicht von Eric chauffiert wird, ist er einer der schönsten Plätze von Paris. Doch mit dem Teufelsfahrer an meiner Seite verwandelt sich der Platz, der für meine Begriffe eher ein Park ist, in einen Ort des Grauens. Doch dann hat das Grauen ein Ende.
„Ich brauche eine Dusche“, verkünde ich, als Eric den Wagen mit unverminderter Geschwindigkeit und abschließender Vollbremsung geparkt hat.
Eric macht sich zum Aussteigen bereit, knurrt aber vorher noch schnell: „Mir scheint eher, dass da mal ein Besuch beim Psychiater fällig ist.“
„Sagt ein total liebenswerter Typ, der sich zum Dom einer Ultra-Sub ausbilden lassen wird“, rufe ich ihm durch die Fahrertür zu.
„Du findest mich total liebenswert?“ Er ist tatsächlich um den Wagen herumgekommen, um mir die Tür aufzuhalten.
Ich steige aus dem schief in der Parklücke stehenden Gefährt aus, als sei ich Queen Elizabeth. Über meinem rechten Unterarm baumelt mein kleines Ausgehtäschchen, das einzig Geschmackvolle an meinem heutigen Outfit.
Auch Eric schüttelt nochmals seinen Kopf über meine Montur. Doch dann führt er mich, ganz der Gentleman, über die zwar zugeparkte, aber dennoch kaum befahrene Straße.
„Wir besuchen eine Vernissage“, stelle ich fest. „Dann ist meine Klamotte wenigstens nicht das Grauenvollste, was wir heute Abend zu sehen bekommen.“
Er ic lacht leise an meiner Seite.
Und dann stockt mir der Atem. Auf dem Schild über dem Eingang der kleinen Galerie steht in blau gestrichenen Metallbuchstaben: Gabriel Riboult. Was habe ich eigentlich verbrochen? Wer will mich auf die Probe stellen?
„Kennst du den Künstler?“, fragt Eric grinsend.
Das ist dann der nächste Schrecken, der mir durch die Glieder fährt. Bin ich so leicht zu durchschauen? Doch noch bevor ich darauf eine Antwort erhalte, rutscht mir das Herz gleich noch einmal in meinen winzigen, smaragdgrünen Slip. Eric und Gabriel müssen sich kennen. Soweit ist mein Gehirn noch intakt, dass es eins und eins zusammenzählen kann: Gabriels SMS, in der unter anderem irgendwas von bis-heute-Abend stand. Erics seltsame Rumguckerei heute Vormittag in meinem Haus. Das ist mal … echt Scheiße! Aber ich bin ja flexibel. Insbesondere als ich durch die Schaufenster auch noch Isabelle entdecke. Ganz in Schwarz und mit dieser blöden Bananenfrisur.
Galant hält Eric mir die Tür auf, durch die ich am liebsten gleich rückwärts wieder aus der Galerie herausgehen würde.
„Hey, Eric, alter Kumpel“, ruft Gabriel und kommt angerannt, um den alten Kumpel auf die typisch französische Art zu begrüßen.
Ich bete, dass der liebe Gott ein Einsehen mit mir hat und mich auf der Stelle auf den Mond beamt. Oder so. Hat er aber nicht, was ich mir schon dachte.
„Schön, dass du gekommen bist, Nicki“, Gabriel freut sich ehrlich, mich zu sehen und knutscht mich vor aller Augen ab. Mit Zunge.
Ich lasse meine Zunge weit hinten in meinem Hals. Vielleicht ist mir darum so schlecht.
„Gabriel“, lalle ich, „bitte lass das. Ich bin in Begleitung.“
„Macht doch nix“, zwinkert er mir zu, „mein Kumpel weiß, dass wir zusammen sind.“
Häh ? Mein Blick saust zu Eric. Beziehungsweise dahin, wo er gerade noch gestanden hat, denn jetzt ist er weg. Und nun? Hilfe! Eins weiß ich: Nach diesem Auftrag ist Schluss mit dem Escort. Mein Leben ist die totale Katastrophe. Ich will das nicht. Ich will weg hier. Ich will mein friedliches Leben wiederhaben. Keine Kerle im Privatleben. Auftraggeber nur für einen Abend. Oder gar nicht. Oh. Mann. Ich glaub,
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