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Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Verführung der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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ihr eigenes Bewusstsein überlagert hatte? Hatte sie irgendwie mehr als Emotionen geweckt und eine wirkliche Erinnerung hervorgerufen? Vielleicht waren diese Visionen ja gar nicht von Daigh beabsichtigt. Kein Zauber, sondern nur eine vorübergehende Schwächung ihrer geistigen Barrieren. Eine Bresche, durch die Daighs Vergangenheit hineingelangte?
    Nervös kaute Sabrina an einem Fingernagel und rieb sich die Stirn, als könnte sie so die schon nachlassende Vision zurückholen. Erneut wurde ihr so komisch im Magen, dass sie wieder nach dem Wasser griff und ihre ausgetrocknete Kehle mit der kühlen Flüssigkeit benetzte. »Ich neige normalerweise nicht zu Ohnmachten. Es muss etwas gewesen sein, was ich gegessen habe, oder vielleicht die späte Zeit …«
    Er zuckte mit den Schultern und zog sich noch tiefer in den Schatten zurück. »Du musst mir nichts erklären, Sabrina.«
    »Ich will nur nicht, dass du denkst …«
    »Dass du vielleicht gar nicht so stark bist? Das denke ich keineswegs. Du hast Anlagen in dir, die so manchen kampferprobten Krieger beschämen würden.«
    »Einen Krieger wie dich?«
    Ein Muskel zuckte an seinem harten Kinn, und sein Körper versteifte sich, bis ihn kaum noch ein Atemzug bewegte. »Ich kann es nicht bestreiten. Nicht, nachdem …« Er hob auf merkwürdige Art die Schultern, als versuchte er, dieses neu entdeckte Wissen über sich abzuschütteln, und senkte entschuldigend den Kopf.
    Es war eine Eigenart, die sie erkannte. Sie hatte sie vor wenigen Momenten erst gesehen.
    Vor ihrem geistigen Auge.
    Das Bild einer tränenreichen Trennung zwischen ihnen, bei der er die gleiche kleinlaute Verlegenheit hatte erkennen lassen.
    »Ich habe dich belogen, Daigh.«
    Er zog fragend eine Augenbraue hoch.
    »Ich bin nicht umgekippt wegen etwas, was ich gegessen hatte, sondern wegen etwas, was ich sah. Eine Vision, aber mit mehr Substanz. Mehr wie eine Erinnerung. Deine Erinnerung, Daigh. Doch ich war bei dir. Wie war das möglich?«
    »Ich weiß nicht mehr als du.« Er verschränkte die Arme vor der Brust, aber die Luft war wie statisch aufgeladen von seinem Eifer und brachte ihr Gehirn zum Kribbeln. »Sprich weiter!«
    »Die Vision – du warst es, den ich darin sah«, entfuhr es ihr, und plötzlich war der Schmerz in ihrem Herzen wieder da und breitete sich aus. Ihre Kehle war wund und kratzig, ihre Augen brannten von ungeweinten Tränen. »Du versprachst mir darin, du würdest zurückkommen.«
    Sein Gesicht war ein Bild des Jammers, als trüge jedes ihrer Worte die Qualen eines Hammerschlags in sich. Er ergriff sie an den Ellbogen, zog sie auf die Beine und so dicht an sich heran, dass nur noch Zentimeter zwischen ihnen lagen. Sein Blick schien sich förmlich in sie hineinzubohren. »Zurück woher? Was hast du gesehen? Erzähl mir alles!«
    »Du sagtest mir, ich machte mir ganz unnötigerweise Sorgen. Du versprachst zurückzukehren.«
    Seine Pupillen weiteten sich, und er umklammerte noch fester ihre Ellbogen. Sein Brustkorb hob und senkte sich, seine Stimme war ganz ungewöhnlich rau geworden. »Ich bin nicht zurückgekehrt. Ich konnte nicht.«
    »Warum nicht?« Die Luft war seltsam aufgeladen, außerhalb des Lichtkreises, in dem sie standen, war alles dunkel. Es war ein selten ungestörter Augenblick für sie. »Warum hast du dein Versprechen nicht gehalten?«
    Seine Augen schienen zu glühen, als er sie ansah und nach einer Antwort suchte. »Ich habe es versucht. Aber auf der Straße« – er machte einen tiefen, unsicheren Atemzug – »geriet ich in einen Hinterhalt. Es waren zu viele.« Er schauderte bei der Erinnerung, und sein Gesicht nahm eine ungesunde graue Färbung an. »Ich erinnere mich an Blut. Und an den Morast, in den ich stürzte.«
    Sein Blick glitt zu dem geringen Abstand, der sie trennte, als merkte er plötzlich, dass er Sabrina festhielt. Und als würde ihm erst jetzt bewusst, was für Fragen sie gestellt und was für Antworten er gegeben hatte.
    Mit wild pochendem Herzen legte sie den Kopf zurück und erschauerte unter dem nervösen Kribbeln, das in ihr erwachte. Das Feuerwerk aus Licht und Farben kam zurück, und Hitze sprang von einem auf den anderen über. Magische Energie tanzte über Sabrinas Haut, rau, wild und überhaupt nicht wie der sanfte, meditative Fluss, den die Priesterinnen aussandten. Nein, diese Magie enthielt eine aggressive, rabiate Wut. Wie die eines tollwütigen Hundes, der zwar angekettet war, aber immer auf der Lauer lag, um zu entkommen.
    Sabrina

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