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Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Verführung der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Verführung der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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undeutlichen Erinnerungen, die ihm geblieben waren.
    Wie mit den Gesichtern von Männern, die um einen Tisch saßen und gut gelaunt ihre Becher hoben. Oder mit dem Bild eines dunkelgrauen Hengstes mit elegant gewölbtem Nacken und gespitzten Ohren, der seine Hand beschnupperte.
    Die Präsenz verschlang diese Bilder und ließ nur schwarze Löcher zurück, wo Daighs Vergangenheit gewesen war. Doch zumindest ließ der Schmerz nach, und er konnte wieder atmen.
    Leider erkannte er nun aber auch, was es tatsächlich war: nur ein vorübergehender Aufschub. Eine Atempause.
    Und dass es keine Freiheit für ihn geben würde, solange er Máelodor nicht tötete.
    Oder Máelodor ihn.
    Entschuldige die Verzögerung! Wollte vor dir in Dublin sein. Hoffe, Tante Delia hat dich noch nicht verrückt gemacht. Cat und ich kommen so bald wie möglich. Es gibt Dinge, die wir alle besprechen müssen und die nicht in einem Brief entschieden werden können, egal, wie lang er ist.
    Aidan
    Ihr Bruder. Der König der Untertreibung.
    Sabrina faltete den Brief wieder zusammen, steckte ihn in ihr Tagebuch und ließ sich mit einem enttäuschten Seufzer auf ihr Bett zurückfallen.
    Was meinte er mit »Dingen«? Ihre baldige Rückkehr nach Glenlorgan? Seine völlig unerwartete Hochzeit mit einer mittellosen, skandalumwitterten jungen Frau von fragwürdiger Moral? Die Gerüchte über Brendans angebliche Rückkehr? Máelodor? Einen Wandbehang? Die Liste ließ sich endlos weiterführen.
    Hätte er sich noch rätselhafter ausdrücken können?
    Verärgert drehte Sabrina sich zur Seite, wobei ihr Blick auf den dicken Wälzer über walisische Geschichte fiel, den sie aus der Bibliothek mit heimgebracht hatte. Er schien auf ihrem Schreibtisch zu hocken und darauf zu warten, dass sie ihn in die Hand nahm, dass sie die mit Lesezeichen markierte Seite aufschlug und die Sätze wieder und wieder durchlas, als könnten sie sich zu einer Geschichte umformen, die nicht mit Daighs Tod vor Jahrhunderten endete.
    Doch leider ließen sich Geschichten, die einmal gedruckt waren, nicht mehr umschreiben.
    Wenn Daigh die Wahrheit sagte, waren die Worte, die sie las, und die Momente, an die er sich erinnerte, ein und dieselben. Konnte das sein? Es gab keinen Grund für ihn zu lügen. Und die wenigen gestohlenen Erinnerungen Daighs, über die sie gestolpert war, legten auf jeden Fall nahe, dass es so war. Die ganze Situation suchte sie heim wie ein schlechter Traum. Und davon hatte sie ja leider neuerdings jede Menge.
    Aber wenigstens hatte Aidans Brief sie von dem Strudel ihrer Gedanken abgelenkt und sie davon abgehalten, über ihr impulsives, leichtfertiges Benehmen in der Leihbücherei nachzudenken. Daighs Hand auf ihrer Brust. Seine Berührung, die sie von Kopf bis Fuß mit elektrisierenden Empfindungen durchflutet hatte. Ihr Herz, das so heftig gepocht hatte, dass sie gefürchtet hatte, es würde ihr aus der Brust herausspringen. Und trotzdem hatte er sie einfach nur mit dem gleichen ruhigen, herzergreifenden Blick angesehen, in dem sie sich für immer verlieren könnte, hatte nichts gesagt und durch nichts auf seine Gedanken schließen lassen.
    Aber offenbar hatte der Brief ihres Bruders sie noch nicht genügend abgelenkt, da sie schon wieder genau am gleichen Punkt angelangt war, an dem sie begonnen hatte.
    Zum zweiten Mal ließ sie sich stöhnend auf ihr Bett zurückfallen. Götter im Himmel, hätte sie sich noch schamloser benehmen können? Hatte sie jetzt völlig den Verstand verloren? Sie musste Jane dankbar sein, dass sie ausgerechnet diesen Moment gewählt hatte, um einen Armvoll Bücher fallen zu lassen. Das hatte die Stimmung sofort zerstört. Und Daigh hatte den Moment genutzt, um so schnell zu verschwinden, als hätte er sich mithilfe der feth-fiada , jenes alten keltischen Zaubers, in die Unsichtbarkeit geflüchtet.
    Und eigentlich müsste sie total schockiert sein. Entsetzt und völlig fassungslos vor Abscheu. Daigh war ein wandelnder Toter, ein Mann, der bis vor Kurzem nichts als Gebeine in einem Friedhofsgrab gewesen war, ein wiederbelebter Leichnam. Ein Domnuathi .
    Sie hätte keine Schmetterlinge in der Größe von Geiern in ihrem Bauch haben oder diese prickelnde Vorfreude auf ihr nächstes Wiedersehen verspüren dürfen. Sabrina hieb sich mit der Faust gegen die Stirn. Was war nur los mit ihr?
    Während sie verdrossen auf die Bettvorhänge starrte, lauschte sie den Geräuschen im Haus, die von unten zu ihr heraufdrangen: Tante Delias schrille

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