Verführung der Nacht: Ein Vampirthriller (German Edition)
nicht mal daran«, sage ich. »Ich bin schneller als du, stärker als du, und, ach ja, ich habe eine Waffe. Schränkt deine Möglichkeiten ganz schön ein, meinst du nicht?«
Er holt tief Luft und stößt sie wieder aus. »Was wird aus meinem Auto?«
»Dem passiert hier schon nichts. Ansonsten wird sich der nächste Abschleppdienst sicher gut darum kümmern.«
Er verzieht das Gesicht, widerspricht aber nicht. Ich nehme ihm die Brieftasche ab und stecke sie in meine hintere Hosentasche. Man weiß ja nie, wann man mal eine Polizeimarke brauchen könnte. Er geht vorn um den Explorer herum und öffnet die Beifahrertür. Er steigt ein, und ich lasse die Handschellen um seine Handgelenke zuschnappen – mit dem Griff der Tür dazwischen. Wenn er versucht, herauszuspringen, kann ich ihn immer noch zu Tode schleifen.
Er sagt kein Wort mehr.
Ich lenke den Explorer um die Corvette herum und parke unmittelbar hinter der Kreuzung. Das ist eine ruhige Wohngegend, aber wenn ich sein Auto einfach stehenlasse, wird es nicht lange dauern, bis ein netter Nachbar eine fahrerlose Corvette mitten auf der Straße vor einem Stoppschild bemerkt.
»Rühr dich nicht.«
Er rüttelt an den Handschellen. »Wie denn auch?«
Ich springe heraus und setze mich ans Steuer seines Wagens. Ich bin schwer in Versuchung, das Ding gegen den nächsten Baum zu fahren, aber schließlich bin ich nicht wütend auf sein Auto, sondern auf ihn. Sein Glück.
Nachdem ich es ordentlich geparkt habe, werfe ich die Schlüssel ins Gebüsch. Als ich zu ihm zurückkomme, sieht er mir stirnrunzelnd entgegen.
»Warum hast du das getan?«
»Weil mir danach war. Sonst noch Fragen?«
Er presst die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
»Das fasse ich als nein auf.«
Bisher habe ich mich auf meinen Instinkt verlassen. Jetzt dämmert mir, dass ich gar nicht weiß, wohin mit dem Kerl. Ich weiß, was ich mit ihm tun will, wenn wir allein sind, aber wo findet man an einem sonnigen Sonntagnachmittag ein ungestörtes Plätzchen? Sein Lieblingsplatz, der State Park, kommt nicht in Frage. Vermutlich hat er sich dort mit seinen Freunden verabredet. Er würde es natürlich leugnen, also verschwende ich keine Zeit darauf, ihn zu fragen.
Dann weiß ich es. Könnte ein bisschen schwierig werden, einen Mann in Handschellen diese steilen, glitschigen Stufen hinunterzuschaffen. Aber dort wären wir allein, ganz sicher. Ich steuere den Explorer wieder auf die Küste zu.
Anscheinend lächle ich vor mich hin, denn er fragt: »Was soll das werden? Wo fahren wir hin? Du kommst damit nicht durch, das ist dir doch klar. Ich bin ein Cop. Meine Freunde werden nach mir suchen.«
Ich hoffe beinahe, dass sie genau das tun.
Moment. Ich muss ja laut sprechen, damit dieser Wichser mich hört. Die Kommunikation unter Vampiren ist ja so viel einfacher.
»Je mehr, desto lustiger wird’s.«
Er windet sich auf dem Sitz. »Hör mal, was neulich nachts geschehen ist, war nicht meine Schuld.«
»Ach nein? Ich hätte schwören können, dass du es warst, der mich bei deinen Kumpels abliefern wollte.«
»Das ist ein Job. Nichts Persönliches.«
Darüber muss ich laut lachen. »Sterben ist sehr persönlich. Sogar für eine Untote.«
»Du bist nicht menschlich. Du ernährst dich von unschuldigen Opfern. Du verdienst es nicht zu leben. Du und deinesgleichen, ihr seid abartig, widernatürlich.«
Klingt ganz ähnlich wie das, was ich vor nicht allzu langer Zeit zu Avery gesagt habe. Komisch, wie sich solche Perspektiven verändern. »Ich ernähre mich nicht von unschuldigen Opfern«, erkläre ich standhaft. »Ich habe noch nie von einem unschuldigen Opfer getrunken.«
Allerdings habe ich überhaupt noch nie bei irgendjemandem getrunken außer bei Avery, aber das behalte ich für mich.
»Das müsst ihr aber. Sonst könntet ihr nicht überleben. So machen das Vampire.«
»Wo habt ihr Leute bloß dieses alberne Zeug her?«
Avery wäre stolz auf die Empörung, die ich in meine Stimme lege.
Er sieht mich an, als spräche ich in Rätseln. »Du machst Witze, oder? Du willst mir wirklich erzählen, dass Vampire nur im Lauf der Jahrhunderte irgendwie einen schlechten Ruf gekriegt haben? Dass alles nur ein furchtbares Missverständnis ist? Dass Donaldsons Opfer verdient hätten, was sie bekommen haben?«
Donaldson. Was muss er auch diesen Mistkerl zur Sprache bringen. Ich suche etwas hilflos nach einer passenden Erwiderung. Aber ich bringe nichts weiter heraus als ein schwaches: »Donaldson war
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