Verführung der Nacht: Ein Vampirthriller (German Edition)
nicht glauben können, dass David in Sicherheit ist, bis ich es mit eigenen Augen sehe.
Was bedeutet, dass ich einen alternativen Plan brauche, einen eigenen Plan. Ich setze mich auf die Strandmauer am Ende meiner Straße und zwinge mich zum Nachdenken.
Ich erstelle im Geiste eine Liste der Dinge, die ich sicher weiß, und eine der Dinge, die ich herausfinden muss.
Erstens – Ich weiß, dass ich ein Vampir bin, dank Donaldson. So weit, so schlecht für mich.
Zweitens – Ich bin ziemlich sicher, dass Donaldson weder mit dem Feuer noch mit Davids Entführung etwas zu tun hatte. Natürlich kann ich das nicht genau wissen. Ich werde auch nie hundertprozentig sicher sein können, weil Donaldson tot ist. Ich muss eben davon ausgehen, dass er in Beso de la Muerte zu viel Angst hatte, um mich anzulügen.
Drittens – Warum ist Donaldson tot? Ein weiterer Angriff der Rächer? Sind sie mir gefolgt, oder war Donaldson von Anfang an das Ziel? Wie kann ich das herausfinden?
Viertens – Ich mag Williams nicht, und ich traue ihm nicht. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, nach Averys Party neulich Abend diesen Cop auf mich anzusetzen. Wenn er das getan hat, dann will er mich dringend aus dem Weg haben. Unsere Unterhaltung von heute Nachmittag bestätigt das. Es ist ihm nicht gelungen, mich umbringen zu lassen, also versucht er jetzt, mich zumindest aus der Stadt zu vertreiben.
Was mich zu fünftens bringt – ich muss alles, was er mir vorschlägt, sehr misstrauisch betrachten. Aber David freizubekommen, hat für mich oberste Priorität. Ich werde zum Schein alles tun, was Williams sagt, um David zu schützen. Aber sobald er wieder frei ist, sieht die Situation ganz anders aus. Ich will wissen, warum Williams in mir eine solche Bedrohung sieht. Und eine Bedrohung für wen?
Sechstens – Welche Rolle spielt Avery bei alledem?
Das ist die Frage, nicht wahr? Williams hat behauptet, Avery hätte Gefühle für mich. Offensichtlich hielt er das nicht für gut. Ist das der Grund, weshalb Williams mich aus dem Weg haben will? Gefährde ich irgendein Gleichgewicht der Kräfte unter den vampirischen Honoratioren San Diegos? Wenn ja, warum hat er mir das nicht einfach gesagt? In dieser Hinsicht hätte ich ihn leicht beruhigen können. Ich interessiere mich nicht für Politik und habe auch nicht vor, mich da einzumischen.
Die Sonne steht hoch am Himmel. Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Mittag. Ich habe kein Bedürfnis nach Essen, aber ein wenig Gesellschaft wäre nett, und ich brauche ein Telefonbuch, damit ich einen Wachdienst engagieren kann. Ich will nicht, dass noch mehr kleine Wichser in meinen Sachen herumwühlen.
Ich gehe zu der Bar ein Stück die Straße runter und setze mich an meinen üblichen Tisch auf der Terrasse. Jorge lächelt und heißt mich willkommen. Diesmal ist meine Bestellung noch einfacher als beim letzten Mal. Nur ein Bier. Ein dunkles Weißbier.
Er bringt mir einen gekühlten Bierkrug, eine Flasche und das Telefonbuch. Ich schlage die Gelben Seiten auf, suche mir eine Sicherheitsfirma ganz in der Nähe aus und treffe die nötigen Vereinbarungen. Als ich sicher bin, dass ein Wachmann binnen einer Stunde am Haus sein wird, stecke ich mein Handy in die Handtasche und widme mich dem Bier.
Ich schenke mir ein, nippe und lasse den Blick über die Menschenmenge am Strand schweifen. Links von mir läuft eine Party. Rechts spielen straffe junge Leute Volleyball im Sand. Und direkt vor mir sonnt sich ein Pärchen auf einer Decke.
Ich beobachte sie und versuche, mich daran zu erinnern, wie es war, einen ganzen Nachmittag zu vertrödeln und mir um nichts weiter Gedanken machen zu müssen als darüber, wann ich mich neu eincremen muss.
Ich beneide sie.
Als hätte er meinen Gedanken aufgefangen, richtet sich der Mann auf und greift nach der Sonnencreme. Er sagt etwas zu seiner Begleiterin, und sie rollt sich auf die Seite und nimmt ihm die Flasche ab. Er dreht sich um, und sie verteilt die Sonnencreme auf seinem muskulösen Rücken. Dann ist sie dran, und als er sich an die Arbeit macht, wendet er mir schließlich das Gesicht zu.
Fast hätte ich den Krug fallen gelassen. Ich fange ihn auf, bevor es eine Riesensauerei gibt, aber eine schaumgekrönte Welle Bier schwappt auf den Tisch und meine Hose.
Ich bemerke es kaum, weil ich den Cop anstarre, der mich neulich nachts wegen einer »Geschwindigkeitsüberschreitung« angehalten hat. Einen der Rächer.
Und im selben Moment, als ich ihn erkenne, entdeckt
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