Verführung Der Unschuld
bereits
Seitenstechen. Sie nahm ihr Glas und prostete Violetta zum wiederholten Male zu.
Violetta zwinkerte. »Du hast einen Schwips!«
Giulia zog die Schultern hoch. »Und wenn schon. Ich hab halt gar keine Gelegenheit mehr
auszugehen und etwas Alkoholisches zu trinken.«
Violetta stützte ihre Arme auf und schaute Giulia auffordernd an. »Nun erzähl mal, was los
ist. Man bekommt dich ja kaum noch an die Strippe, und deine SMS sind auch nicht gerade
sehr aufschlussreich!«
»Ach ja, was soll ich schon erzählen …« Giulia versuchte sich zusammenzureißen und
möglichst neutral über ihre Arbeit zu berichten. Ursprünglich hatte es ihr auf der Zunge
gebrannt, Violetta als erstes von den Zwillingen zu erzählen. Aber inzwischen war sie sich gar
nicht mehr so sicher, ob das eine gute Idee war.
Doch sie konnte ihrer Freundin nichts vormachen. Nachdem sie eine Zeit lang von den
Belanglosigkeiten des Alltags inklusive ihrer Dienstmädchenkleidung – was Violetta mit
einem angewiderten Naserümpfen kommentierte – erzählt hatte, unterbrach ihre Freundin den
Redefluss.
»Hör auf! Quatsch nicht so viel von deinem Job. Den kann ich mir inzwischen ganz gut
vorstellen. Wie ätzend. Erzähl mir lieber was von deinem neuen Freund!«
Verblüfft zog Giulia die Augenbrauen hoch. »Freund?«, fragte sie gedehnt.
»Komm schon, du kannst vielleicht jemand anderen auf die Rolle schieben, aber nicht mich!
Wir haben uns doch immer alles erzählt. Glaubst du denn, ich merke nicht, dass da etwas am
Laufen ist?«
Giulia lief rot an und schaute verlegen auf ihr Glas. Sie nahm erneut einen kräftigen
Schluck. Dann holte sie tief Luft und erzählte Violetta ausführlich, zuerst ein wenig verhalten,
dann immer flüssiger, wie alles angefangen hatte.
Violettas Augen wurden immer größer. Sie gewann ein völlig neues Bild von ihrer Freundin,
und auf einmal verstand sie auch, warum Giulia kaum Zeit hatte, mit ihr zu telefonieren.
Dennoch mochte sie kaum glauben, dass ihre sonst eher scheue und anständige Freundin sich
auf diese doppelte Beziehung eingelassen hatte. Sie hatte geglaubt, die Geschichte mit Dario
und die daraus entstandenen Folgen hätten sie geprägt.
»Und welcher von den beiden wird dich heiraten? Federico?«
Giulia schüttelte den Kopf. »Keiner! Das war mir von Anfang an klar. Sie haben keinen
Hehl daraus gemacht.«
»Und trotzdem hast du dich darauf eingelassen? Ausgerechnet du? Und das alles nach
deinem Schlamassel mit Dario? Ich dachte, du wärst auf der Suche nach der großen Liebe?«
Violettas Mundwinkel zuckten amüsiert.
»Wenn du die beiden sehen könntest, wie attraktiv sie sind«, schwärmte Giulia seufzend,
»Dann wäre das für dich auch kein Hinderungsgrund! Wie sie küssen und lieben …« Erneut
seufzte sie schwärmerisch, und sie wurde von einer starken Sehnsucht erfasst. Auf einmal
erschien ihr der Aufenthalt in Florenz belanglos. Sie wollte zurück. Nur noch zwei Tage …
»Hast du denn kein Foto von Federico oder von beiden?«, fragte Violetta neugierig.
Giulia schüttelte den Kopf. »Nein, und ich fürchte, ich brauche auch gar nicht darum zu
bitten. Das wäre ihnen bestimmt nicht recht.«
»Und wie soll das weitergehen? Hoffst du, einer von beiden überlegt es sich noch anders?«
Giulias Antwort entsprach nicht dem, was sie dachte. »Nein, ich mache mir keine
Hoffnungen. Es geht so lange, wie es geht. Ich denke einfach nicht darüber nach.« Tatsächlich
bemühte sie sich, nicht über die Aussichtslosigkeit dieser Beziehung nachzudenken, aber
natürlich hoffte sie irgendwo in ihrem Innersten, es könnte eines Tages eine Wende zu ihren
Gunsten geben. Obwohl dies absolut unrealistisch war.
***
Eins, zwei, drei – die Tage sind vorbei , sagte sich Giulia frohgemut am Morgen ihrer Abreise.
Denn so sehr sie sich nach Hause zurückgesehnt hatte, mit mindestens derselben Intensität
zog es sie nun zurück zu Federico – und ein wenig auch zu Lorenzo. Sie war erleichtert, dass
der Aufenthalt harmonisch und entspannend gewesen war, ihre Mutter ihre Neugierde
gezügelt und nichts Verfängliches gefragt, und auch ihr Vater herzlich wie früher gewesen
war. Der Kummer, den sie ihren Eltern bereitet hatte, schien vergessen und verziehen.
Kapitel 11
Liebesbeweise
Giulia hatte die Auszeit in vollen Zügen genossen – obwohl ihr Federicos allabendliche
Zärtlichkeiten fehlten. Vor ihrer Abfahrt hatte sie mit sich gerungen, ob sie die drei Bücher
zum Lernen mitnehmen sollte, die Giovanni ihr inklusive
Weitere Kostenlose Bücher