Verführung Der Unschuld
gewesen war, und er
schaute sich mit äußerster Zufriedenheit um. »Wunderbar, es ist alles noch so, wie es sein
sollte – frische Luft und ordentlich putzen, dann ist es für seinen Einsatz bereit!«
***
Im Grunde war es ein Tag wie jeder andere. Alle gingen ihrer Arbeit nach. Es fiel nicht weiter
auf, dass Antonella und Giovanni seit Stunden im Seitentrakt beschäftigt waren. Die oberen
Räume wurden ja nur von ihnen betreten. In den ersten Stock des Ostflügels gelangte man nur
über den Privatflur der Brüder. Im Erdgeschoss darunter befanden sich zwei geräumige
Gästezimmer mit eigenen Bädern, die jedoch nur selten Benutzung erfuhren. Nur Antonio,
der Gärtner, registrierte, dass oben über mehrere Tage hinweg alle Fenster offen standen.
Aber da dies alle paar Monate zelebriert wurde, machte er sich dazu keine Gedanken.
Innerhalb einer Woche war alles blitzblank, und Giovanni hatte alles das besorgt, was auf
Federicos geheimnisvollem Zettel gestanden hatte.
***
Es war der dritte Morgen nach Giulias Rückkehr. Antonella hatte das Mädchen davon in
Kenntnis gesetzt, dass sie an diesem Morgen die Schlafzimmer und Bäder alleine putzen
müsse, sie hätte noch etwas anderes zu tun. Giulia hatte genickt und keine Fragen gestellt,
denn das passierte nicht zum ersten Mal.
Den übrigen Vormittag bekam sie niemanden zu sehen. Als sie nach dem Mittagessen noch
einmal hinaufging, um frisch gebügelte Wäsche in die Schränke des Ankleidezimmers
einzuräumen, stand auf einmal Antonella hinter ihr.
»Ach, da bist du. Ich soll dir etwas von Signor Federico ausrichten.«
Giulia drehte sich um und sah Antonella an. Sie wirkte ein wenig erschöpft.
»Du kennst die verschlossene Tür am Ende des Flurs?«
Giulia nickte. »Sicher, was ist damit?«
»Ich werde dir jetzt ausrichten, was Signor Federico dir befiehlt, und ich möchte, dass du
dazu keine Fragen stellst, verstanden?«
Ein kalter Schauer erfasste Giulia. Signor Federico hatte Antonella beauftragt? – Warum
sagte er ihr nicht selbst, was er von ihr wollte? Stumm nickte sie.
»Heute Abend um sieben wirst du an selbige Tür klopfen und warten, bis man dir aufmacht.
Zuvor wirst du dich ausziehen. Es wird ein Stuhl oder Hocker dort sein, auf den du deine
Kleidung legen kannst.«
Giulias Augen wurden mit jedem Wort von Antonella größer, und ein Kribbeln erfasste
ihren Körper. Nackt – sie würde nackt vor der geheimnisvollen Tür stehen? Und dann, was
würde dann geschehen? Das konnte doch nur eines bedeuten: Federico wollte sich zu einer
Liebesstunde mit ihr treffen! Aber warum nicht im Pavillon? Warum hier?
»Was ist hinter dieser Tür?«, fragte sie leise und versuchte irgendwelche Informationen aus
Antonellas Gesicht abzulesen.
Aber diese hatte sich vollkommen unter Kontrolle und schüttelte den Kopf. »Keine Fragen!
Hast du alles verstanden?«
»Ja«, hauchte Giulia.
»Gut. Sei pünktlich!« Antonella strich einem mütterlichen Impuls folgend Giulia über die
Wange, dann ging sie.
Manchmal fragte sie sich, ob sie sich zu einem Mitwisser machte und eigentlich handeln
müsste, statt geschehen zu lassen, was die Morenos ganz offensichtlich mit Giulia machten.
Aber andererseits – sie würde nichts erreichen, außer, dass entweder Giulia oder sie selbst
wahrscheinlich entlassen würde. Also schwieg sie weiter.
Die Anspannung vor dem Unbekannten, was sie erwarten würde, steigerte sich den Tag
über. Giulia war so nervös wie ein kleines Kind, dem man schon Stunden vorher erzählt, dass
man abends mit ihm in den Zirkus gehen wird. Jede Stunde des Wartens wurde zur Qual. Sie
ertappte sich dabei, dass sie leise vor sich hin pfiff oder anfing zu springen statt zu laufen. In
ihrer Fantasie baute sie wilde Spekulationen auf, was für wundervolle Liebeskünste Federico
plante, und beim Abendessen brachte sie vor Aufregung kaum etwas hinunter. Inzwischen
sagte dazu niemand mehr etwas. Dass Giulias Verhalten manchmal etwas außer der Ordnung
war, daran hatten sich die anderen mittlerweile gewöhnt. Wie viel sie wussten oder ahnten,
darüber machte Giulia sich keine Gedanken. Sie war froh, in Ruhe gelassen zu werden und
keine neugierigen Fragen beantworten zu müssen.
***
Dann war es soweit. Sie hatte frisch geduscht, ihre Haare zu einem vorwitzigen
Pferdeschwanz gebunden, und es war ihr gelungen, unbemerkt das Gesindehaus zu verlassen
und hinüber in den ersten Stock der Villa zu eilen.
Tatsächlich stand vor der Tür ein Hocker. Ihre Finger waren steif
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