Verführung erster Klasse 2 - Die Wandlung
Nahrung an.
Wenn Zephir also eine Chance haben wollte, dann musste er
alle Register ziehen.
Zephir grüßte einen vorbeihumpelnden Leprechaun, dessen
Taschen voll Gold klimperten, und ging weiter geradeaus, bis
er vor einer silbernen Flügeltür stand. Dort betrachtete er
die kleinen Figuren, die auf der Tür abgebildet waren, und
unter anderem Feen, Wölfe und Geister darstellten. Er holte
tief Luft und bewegte seine Hand langsam zu dem riesigen
Türklopfer, um ihn dreimal gegen das Silber zu schlagen.
Erst geschah nichts, doch dann gingen die Türen nach
innen auf und ein riesiger Saal erstreckte sich vor Zephir.
Er war überwiegend leer und nur an dessen Ende ganz hinten
befand sich ein langer Tisch.
Die Ratsmitglieder hatten getuschelt, bevor Zephir
eingetreten war, doch mit dem ersten Schritt in den Saal,
der überwiegend mit Gold verziert war, verstummten sie
augenblicklich.
Grimmige Gesichter blickten ihn an und nur zwei der
Mitglieder schenkten ihm ein Lächeln: sein Vater, der ihm
vergnügt zuwinkte, und der Werwolf Harkin, der Zephir wie
ein köstliches Stück Fleisch betrachtete.
Für Letzteren musste das Ganze hier ein unheimlicher Spaß
sein, dachte Zephir, denn der Wolf hatte schon lange ein
Auge auf ihn geworfen. Harkin war darauf aus, sein Volk an
Macht gewinnen zu lassen, alle wussten das, aber durch ihr
gefährliches Wesen stieß er mit Vorschlägen der
Gebietserweiterung von Werwölfen stets auf taube Ohren. Aus
diesem Grund hatte er es sich schon länger in den Kopf
gesetzt, sich mit Zephir zu verbinden. Ihre bisherigen
Begegnungen waren daher mit verzweifelten Versuchen des
Mannes gespickt gewesen, ihn für sich zu gewinnen.
Und es gab nichts Schlimmeres als die Flirtversuche eines
fast zwei Meter großen Werwolfs.
Zephir trat vor und die Mitglieder beäugten ihn teils
misstrauisch, teils interessiert. Jeder von ihnen besaß
einen goldenen Ring, der eine waagerechte Acht, das Zeichen
für Unendlichkeit, abbildete, und das Licht der Fackeln
brachte die Schmuckstücke zum Glänzen.
In der Mitte saß eine streng aussehende Frau mit gelben,
katzenähnlichen Augen zwischen einem Poltergeist und einer
Nixe. Letztere besprühte hin und wieder ihren
schuppenbesetzten Schwanz mit Wasser und sah alles andere
als glücklich aus.
Seine ganze Aufmerksamkeit galt allerdings der Person in
der Mitte. Zephir wusste, dass mit der Ratsvorsitzenden
Katrina Son nicht zu spaßen war, und bemühte sich, diesen
gelben Augen standzuhalten.
»Zephir Phearson«, bellte Katrina ihm zu. »Sie sind hier,
um für den Menschen Ted Young zu sprechen. Ist das richtig?«
»Das entspricht der Wahrheit, Frau Vorsitzende«, sagte
Zephir.
Für einen Moment war Katrina still und schaute auf ihre
Nägel, die vor Zephirs Augen zu scharfen Krallen wuchsen. Er
hielt das für kein gutes Zeichen.
»Und wie kommen Sie auf die Idee«, sagte sie langsam,
während ihr Blick weiterhin auf den Krallen ruhte, »dass wir
Ihnen zuhören, obwohl ausdrücklich nach dem Menschensohn
verlangt worden war? Wie kommen Sie dazu, sich so einfach
dem Wunsch des Rates zu widersetzen?« Sie hielt ihre Hand
hoch und betrachtete ihre scharfen Nägel im Licht.
»Ich appelliere lediglich an das Verständnis des Rats«,
sagte Zephir mit ruhiger Stimme. »Ted ist ein Mensch, wie
sie richtig festgestellt haben. Er versteht unsere Kräfte
und Gesetze nicht.«
Wieder brauchte Katrina eine Weile, um zu antworten und
Zephir war sich inzwischen sicher, dass sein Charme
vollkommen wirkungslos gegen diese kühlen Augen sein würde.
Er hatte Katrina bisher nur ein paar Mal gesehen und noch
nie mit ihr gesprochen. Werkatzen waren nicht gerade
gesellig und zogen es vor, nur so viel Zeit in Gesellschaft
zu verbringen, wie unbedingt nötig war. Manch einer hielt
sie deswegen für schwächer als Werwölfe, aber sie irrten
sich. Diese Einsamkeit hatte sie gefährlicher gemacht, als
es ein Rudel Wölfe je sein konnte.
Selbst Harkin wusste das und das war auch der Grund,
warum er Katrina nie angegriffen hatte. Die Wölfe und Katzen
bekämpften sich für gewöhnlich bis in den Tod, aber Harkin
war zu schlau, um sich von seiner Natur beherrschen zu
lassen.
Und Katrina selbst nahm nur wenig Notiz von dem Werwolf.
Er war in ihren Augen einfach nicht wichtig genug, um ihrer
Aufmerksamkeit würdig zu sein. Umso mehr hatte es Zephirs
Familie überrascht, als Katrina vor ein paar Jahrhunderten
ausgerechnet
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