Verfuehrung im Mondlicht
die Zeitung hoch und warf einen Blick auf die Titelseite. »Ich hatte sie vollkommen vergessen!«
Er ging zum Kamin. Seine harten Züge verrieten glühenden Ärger und alte Furcht.
»Ambrose, wartet!« Sie stürzte vor und hielt ihn am Arm fest. »Warum wollt Ihr sie verbrennen? Was ist so wichtig an dieser Zeitung?«
»Nichts an ihr ist wichtig. Nicht mehr.« Er löste mit seiner freien Hand ihre Finger von seinem Arm. »Es sind einfach nur alte Nachrichten, Miss Glade.«
»Halt!« Da sie ihn körperlich nicht zurückhalten konnte, trat sie ihm einfach in den Weg. »Ich habe genug von Geheimnissen und kryptischen Andeutungen. Ich will Antworten, Sir. Und ich werde sie bekommen, noch bevor die Nacht zu Ende ist.«
»Ihr wollt Antworten?« Er blieb vor ihr stehen und umfasste ihr Kinn mit den Fingern. »Was für ein erstaunlicher Zufall, Miss Glade. Zufälligerweise will ich auch etwas.«
Sie bekam kaum Luft, aber sie schwor sich, sich nicht einschüchtern zu lassen.
»Und was wollt Ihr, Sir?«
»Dich.«
Bei seinem düsteren Lächeln hätte ihr eigentlich das Blut in den Adern gefrieren müssen. Doch aus irgendeinem Grund wurde ihr plötzlich unerträglich heiß.
»Ihr versucht, mir Angst einzujagen«, hauchte sie.
»Ja, Miss Glade, ich versuche tatsächlich, Euch Angst einzujagen.«
»Ihr ... werdet damit keinen Erfolg haben. Ich ... verlasse dieses Zimmer nicht, bevor Ihr mir nicht einige meiner Fragen beantwortet habt.«
»Ihr wollt Antworten, ich will Euch. Ein wirklich faszinierendes Dilemma, findet Ihr nicht?«
»Ich meine das ganz ernst.«
»Ich ebenfalls. Und die gute Nachricht lautet, dass einer von uns auch bekommen wird, was er will, es sei denn, Ihr lauft, wohlgemerkt, lauft durch diese Tür und rettet Euch umgehend in Euer Bett.«
»Wie ... bitte?«
»Die schlechte Nachricht dagegen«, fuhr er sehr pointiert fort, »lautet, dass die Person, die bekommt, was sie will, nicht Ihr sein werdet. Habe ich mich deutlich ausgedrückt, Miss Glade?«
Die Erkenntnis traf sie wie ein Blitzschlag. Sie starrte ihn an, vollkommen durcheinander vor Schreck. Im nächsten Moment prickelte ihr ganzer Körper vor Erwartung.
Sie konnte immerhin später noch darauf bestehen, dass er ihre Fragen beantwortete, nicht wahr?
»Droht Ihr mir, mich zu verführen, Sir?«, fragte sie heiser. »In dem Fall sollte ich wohl am besten zuerst meine Brille absetzen. Ihr wisst ja, wie leicht sie beschlägt, wenn Ihr leidenschaftlich werdet.«
Er schloss die Augen, senkte den Kopf und lehnte seine Stirn gegen ihre. Sie hörte, wie die Zeitung hinter ihm auf den Teppich fiel.
»Was soll ich nur mit Euch machen, Miss Glade?«, flüsterte er.
Sie schlang die Arme um seinen Hals. »Ich dachte, Ihr wolltet mich verführen. Das scheint mir ein ganz ausgezeichneter Plan zu sein.«
Er fuhr mit seinen Fingern durch ihr Haar. Die Nadeln und Haarklammern lösten sich und fielen auf den Teppich.
»Ich bin verloren, habe ich Recht?«, murmelte er.
»Ich weiß nicht. Seid Ihr es?«
»Ja.«
Er hob die Hände und nahm ihr behutsam die Brille ab. Sie fühlte, wie er hinter sie langte und die Fassung vorsichtig auf den Kaminsims legte. Es klickte leise, als der Goldrand den Marmor berührte.
Dann presste er seinen Mund auf ihre Lippen. Die Aura von düsterer Energie, die ihn umgeben hatte, schlug plötzlich in eine völlig andere Energie um, die ihre Sinne überflutete und eine Schwindel erregende Reaktion in ihr auslöste.
»Ambrose...«
Sie schmiegte sich an seine muskulöse Brust.
Er reagierte auf ihren gedämpften Seufzer und die innigere Nähe, die sie suchte, indem er sie in die Arme hob. Ohne seine Lippen von den ihren zu lösen, trug er sie durch das Zimmer zur Tür.
Dante und Beatrice glaubten offenbar, dass sie die Bibliothek verlassen wollten, sprangen auf und rannten durch die Tür hinaus, damit sie nicht allein zurückblieben.
Concordia hörte das Klicken der Hundekrallen auf den Bodendielen der Eingangshalle.
Doch als Ambrose die Tür erreichte, trat er nicht nach draußen, sondern stieß sie mit seinem Fuß zu.
»Schließ ab!«, befahl er an ihren Lippen.
»Was? Oh, ja!«
Sie griff hinunter und tastete mit zitternden Fingern nach dem Schlüssel.
»Beeil dich«, flüsterte er.
»Entschuldige.«
Endlich gelang es ihr, die Tür abzuschließen. Als Ambrose das unverkennbare metallische Klicken hörte, trug er Concordia zum Sofa.
Er ließ sie auf die Kissen sinken, richtete sich auf und drehte die Gaslampe
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