Verfuehrung im Mondlicht
aufrichtiger Gentleman würde es als seine Pflicht ansehen, eine solche Frau zu schützen!«
Sie versuchte, seine Überraschung auszunutzen und ihren Arm loszureißen. Doch der Griff seiner großen Hand verstärkte sich, bis es ihr wehtat. Sein widerlich lüsterner Ausdruck schlug in selbstgefällige Entrüstung um.
»Und wer zum Teufel bist du, dass du dir einen solchen Ton gegenüber deiner Herrschaft erlaubst?« Er schüttelte sie heftig. »Ich werde dich lehren, wo dein Platz ist. Verdammt will ich sein, wenn ich das nicht tue!«
Er riss sie an sich und zog sie zu dem Besenschrank.
Zum ersten Mal bekam Concordia Angst. Die Situation geriet außer Kontrolle. Sie hoffte, dass andere Dienstboten in der Nähe waren und ihr zu Hilfe kommen würden, und öffnete den Mund, um zu schreien.
Der betrunkene Mann presste ihr seine fleischige Hand auf den Mund. »Sei ruhig, sonst wird es noch härter für dich, das verspreche ich dir. Und das Trinkgeld kannst du getrost vergessen!«
Er öffnete die Tür des Besenschranks und zog sie in die Dunkelheit. Seine Handfläche presste sich nicht nur auf ihren Mund, sondern auch auf ihre Nase, und Concordia bekam kaum noch Luft. In ihre Panik mischte sich heiße Wut.
Sie hob die Hand und fuhr ihm mit ihren Fingernägeln über die Wange.
Er brüllte vor Schmerz auf, ließ sie los und drückte seine Hand auf sein verletztes Gesicht. »Was zum Teufel hast du da gemacht, du blödes Miststück?«
Concordia presste beide Hände auf die Brust des Mannes und stieß mit aller Kraft zu.
Der Betrunkene verlor das Gleichgewicht, stolperte rückwärts und landete mit seinem Hintern auf dem Boden.
Concordia sprang rasch heraus, schlug die Tür zu und drehte den Schlüssel um.
»Da seid Ihr ja«, sagte Ambrose im Flur hinter ihr. »Ich habe Euch schon überall gesucht.«
Du hast mir gerade noch gefehlt, dachte sie und rückte ihre Brille zurecht. Wenn Ambrose erfuhr, dass sie beinahe vergewaltigt worden wäre, würde er sie zweifellos sofort in eine Droschke setzen und nach Hause schicken.
»Ich habe mich nur kurz ausgeruht«, versicherte sie ihm, rückte ihre Haube gerade und zupfte an ihrer Schürze. »Es ist ziemlich anstrengend, Kammerzofe einer Dame zu sein, wusstet Ihr das?«
Hinter ihr hämmerte jemand gegen die Tür der Besenkammer. Eine wütende, etwas undeutliche Stimme drang durch das Holz.
»Lass mich sofort hier raus, du Miststück! Wie kannst du es wagen, deine Herrschaft so ungehörig zu behandeln! Ich werde dafür sorgen, dass du heute Nacht ohne Referenz hinausgeworfen wirst. Du stehst noch vor Morgengrauen auf der Straße!«
Ambrose sah nachdenklich zur Tür.
»Gab es da ein Problem?«, erkundigte er sich sachlich.
»Aber nein, ganz und gar nicht!« Sie lächelte ihn strahlend an. »Nichts, was ich nicht hätte bewältigen können. Warum habt Ihr denn nach mir gesucht?«
Die Tür erzitterte unter einem Hagel von Schlägen.
»Mach sofort diese verdammte Tür auf!«
»Geh zur Seite«, befahl Ambrose Concordia finster.
Panik flammte in Concordia hoch. »Ambrose, du darfst nichts überstürzen! Du darfst nicht riskieren, dich mit einem Gentleman zu prügeln. Das gefährdet unseren ganzen Plan!«
»Halt das mal kurz!« Er drückte ihr seinen Übermantel und ihren Umhang in die Arme.
»Ambrose, bitte, wir haben heute Nacht doch wichtigere Dinge zu bedenken. Wir dürfen uns auf keinen Fall ablenken lassen.«
»Es dauert nur einen Moment.« Ambrose schloss die Tür auf, zog sie auf und trat in den Schrank.
»Das wurde aber auch Zeit ...!«, hub der Mann wütend an. Er unterbrach sich und starrte Ambrose erstaunt an. »Was ist hier los? Was fällt Euch ... ?«
Die Tür schloss sich, und dann war der Gentleman allein mit Ambrose im Besenschrank.
Concordia hörte einige leise Worte, denen etliche sehr unerfreuliche, gedämpfte Schläge folgten. Sie zuckte zusammen.
Die Schranktür schwang auf. Ambrose trat heraus und rückte seine Perücke gerade. Concordia erhaschte einen kurzen Blick auf eine formlose Gestalt auf dem Boden, bevor sich die Tür wieder schloss.
»Gut, das wäre erledigt«, erklärte Ambrose. »Gehen wir. Wir haben schon genug Zeit verloren.«
»Du ... du hast ihn doch nicht umgebracht?«, erkundigte sich Concordia besorgt.
»Umgebracht habe ich ihn nicht«, versicherte Ambrose ihr und führte sie hastig über den Flur.
»Es war nicht meine Schuld.«
»Nein, sondern meine, weil ich dir erlaubt habe, an diesem Abenteuer heute Nacht
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