Verfuehrung im Walzertakt
geboten.“
„Wissen Sie nun also über den Kohlebergbau ebenso gut Bescheid wie über Pferde? Sobald ich eine Zugmaschine habe, könnte der alte Schienenweg höchst nützlich sein.“
„Ich kann erkennen, wenn ein Mann nur seinen Vorteil sucht. Zugmaschinen sind bekanntermaßen höchst unzuverlässig. Ich möchte das Land erwerben, weil es einen schönen Blick über den Tyne bietet. Nicht, dass Sie das verstehen würden. Der Mensch solle nicht nach seinem Vergnügen trachten, sondern nach Wohlstand. Diese Ansicht vertraten Sie doch damals in Cambridge, nicht wahr?“
Simon schnaubte verächtlich. „Sie haben ein besseres Gedächtnis als ich. Ist diese lächerliche Summe Ihr letztes Angebot?“
„Es ist ein angemessener Betrag. Denken Sie darüber nach. Das ist alles, worum ich Sie bitte.“ Brett griff erneut nach dem Cognac, bereit, Clare ein Glas einzuschenken. Sie mussten die Feindseligkeiten der Vergangenheit begraben. Schließlich waren sie jetzt Nachbarn. „Bei meinem Besuch habe ich das Gespräch mit Ihrer Schwester sehr genossen.“
„Sie haben sie auch auf der Hauptstraße angesprochen.“ Die Arme verschränkend bedachte Simon ihn mit finsterer Miene. „Welches Spiel spielen Sie, Lord Coltonby?“
„Wir wurden in London einander vorgestellt. Damals ahnte ich nicht, dass sie Ihre Schwester ist. Sie ist irgendwie viel …“
„Kultivierter? Suchen Sie nach diesem Wort? Meine Schwester wurde an einer Akademie für höhere Töchter erzogen. Sie ist zu jung, um sich daran zu erinnern, wie mein Vater mit dem Geld knausern und jeden Penny zweimal umdrehen musste.“
„Geselliger war das Wort, das ich suchte.“ Brett setzte ein Lächeln auf. „Es wäre unhöflich gewesen, sie zu schneiden. Sicher stimmen Sie mir in diesem Punkt zu, Clare.“
Ein Muskel in Simons Wange zuckte. „Ich kenne Sie und Ihresgleichen. Sie versuchen, meine Schwester für Ihre Zwecke zu benutzen.“
„Tue ich das?“ Brett gelang es, seine Wut zu zügeln. „Wie stelle ich das an, wenn Sie mir das bitte verraten wollen?“
„Meine Schwester ist eine Dame. Merken Sie sich das.“
Brett schaute den Mann verblüfft an. „Sagen Sie mir, in welcher Weise ich mich ihr gegenüber ungehörig verhalten habe.“
„Ihre Machenschaften und Affären damals in Cambridge sind mir noch deutlich in Erinnerung.“ Simon beugte sich vor. „Ich bin derjenige, mit dem Sie Geschäfte machen wollen. Halten Sie sich also zukünftig von meiner Schwester fern. Sie sind kein passender Umgang für sie.“
Er stolzierte davon, die Tür krachend hinter sich ins Schloss ziehend.
„Den Umgang mit Ihrer Schwester können Sie mir kaum verbieten. Wie wollen Sie mich davon abhalten, mit ihr zu verkehren? Welchen Preis wären Sie bereit zu zahlen, damit ich mich von ihr fernhalte?“, fragte Brett ruhig in die Stille des Zimmers. „Würden Sie mir das Land verkaufen? Nein, Sie würden mir das Land vielmehr bereitwillig überlassen, Clare!“
Wenn es eine Frau gab, die ein romantisches Techtelmechtel in ihrem Leben nötig hatte, dann wohl Miss Clare. Jeder Mann in Ladywell würde ihm Dank zollen, wenn sie für ihn auf das Tragen ihrer scheußlichen Haube verzichtete. Er hatte sich entschieden. Er würde sie umgarnen, um Simon Clare zur Räson zu bringen. Es würde nicht einfach werden, aber letztendlich würde Clare kapitulieren.
Brett erhob sein Glas. „Auf die Auserwählte dieser Woche – auf Miss Diana Clare.“
4. KAPITEL
Diana stützte den Korb, der am Morgen noch bis zum Rand mit Geschenken für die Kranken gefüllt gewesen war, auf ihre Hüfte. Sie hatte ihn nur mühsam tragen können, nun indes, nach dem Besuch in den Cottages der Bergbauarbeiter, war er leer und federleicht. Auch ihr Kopf war inzwischen wieder frei von befremdend träumerischen Gedanken, hatte sie sich doch den ganzen Morgen mit den Problemen anderer Menschen beschäftigen können.
„Miss Clare, bitte warten Sie einen Augenblick, ich werde Sie begleiten“, rief Lord Coltonby ihr zu, bevor er sein Gespräch mit den Landarbeitern fortsetzte. Den Hut trug er leicht aus der Stirn geschoben, cremefarbene Kniehosen schmiegten sich eng an seine Beine, an seinen Fingern ließ er lässig seinen Spazierstock baumeln. Obwohl er sich deutlich von den Männern unterschied, die sich um ihn geschart hatten, so schien er sich dennoch unter ihnen sehr wohlzufühlen.
Diana beschirmte mit der Hand ihre Augen. Da er sie direkt angesprochen hatte, konnte sie wohl kaum
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