Verfuehrung in aller Unschuld
wäre, wenn ich damals in Rom gewesen wäre.“
„Es hätte keinen Unterschied gemacht.“ Wollte er das hören? Von der Frau, der er die Schuld am Tod seines Bruders gab?
Er nickte resigniert. „Stimmt. Aber Sandro war etwas Besonderes. Unsere Eltern sind gestorben, als ich noch ein Kind war. Er war viel mehr als ein großer Bruder für mich.“
„Er war ein guter Mann.“ Wenn auch nicht perfekt, dachte Lucy. Ihrer Meinung nach hätte Sandro dafür sorgen müssen, dass seine an Depressionen leidende Frau professionelle Hilfe bekam.
Allerdings war er ein fairer Arbeitgeber gewesen. Im Nachhinein verstand sie, in welches Dilemma sie ihn damals mit ihrer Forderung nach Urlaub gestürzt hatte. Er hatte sich in erster Linie Sorgen um seine Familie gemacht, während sie gedacht hatte, ein paar Tage Verzögerung würden für ihren Vater eine Rolle spielen.
„Sandro war es, der mir das Schwimmen und Schnorcheln beigebracht hat“, meinte Domenico versonnen. „Und das Motorbootfahren.“
„Mein Vater hat mir gezeigt, wie man einen Automotor auseinandernimmt“, erzählte Lucy wehmütig lächelnd. „Und wie man Drachen steigen lässt. Er hat mich sogar zum Ballettunterricht begleitet, als ich mich allein nicht hintraute.“
„Klingt, als wäre er ein großartiger Vater gewesen.“
„Das war er.“
„Aber beruflich wollten Sie ihm nicht nacheifern?“
„Nein, ich wollte immer Lehrerin werden. Mit Kindern zu arbeiten war mein Traum, aber daraus wird jetzt wohl nichts mehr“, erklärte sie forsch, um nicht in Selbstmitleid zu schwelgen.
„Und was haben Sie vor?“ Er wirkte ernsthaft interessiert an ihren Plänen.
Lucy sah zum Horizont, wo in leuchtenden Farben die Sonne unterging. Diese Abendstimmung am Meer war das Schönste, was sie je erlebt hatte. Sie wollte die Erinnerung daran tief in ihrem Herzen bewahren, als Trost für die leeren, grauen Tage, die vor ihr lagen – wenn das Leben ein einziger Kampf sein würde.
„Ich habe im Gefängnis einen Kurs in Buchführung belegt. Ich dachte, ein Job mit Zahlen wäre bei meinem Lebenslauf leichter zu bekommen als einer mit Menschen.“ Fragte sich nur, wie sie einen finden sollte.
Lucy stellte ihr Glas ab und stand auf. „Sollten wir nicht allmählich umkehren?“ Sie musste allein sein, um sich mit den Problemen auseinanderzusetzen, die sie bisher verdrängt hatte. Hier lebte sie in einer Fantasiewelt, doch die Realität würde sie nur allzu bald einholen.
Als sie sich abwenden wollte, rutschte sie auf dem nassen Deck aus und verlor das Gleichgewicht. Zwei starke Arme packten sie und hielten sie fest.
Sicher war es der Schreck, der ihr Herz zum Rasen brachte, nicht das Funkeln in Domenicos Augen. Oder sein warmer, harter Körper, an den sie gepresst wurde.
„Sie können mich jetzt loslassen.“
„Und wenn ich nicht will?“
Sein Gesicht näherte sich ihrem, sein Blick glitt zu ihrem Mund. Ein heißer Schauer durchrieselte sie, als ihr klar wurde, was Domenico vorhatte.
„Nein“, hauchte sie atemlos. „Ich will nicht …“
Tadelnd schüttelte er den Kopf. „Keine Lügen mehr, Lucy.“
6. KAPITEL
Domenico streifte kaum spürbar ihren Mund mit seinem, eine hauchzarte Liebkosung, die Lucys Haut zum Prickeln brachte und ihre Sinne in Aufruhr versetzte.
Mehrmals ließ er die Lippen sanft über ihre gleiten, so zärtlich und aufreizend, dass sie nicht anders konnte, als die Arme um ihn zu legen und ihn zu küssen. Seine Wärme und Lebendigkeit, seine harten Muskeln und sinnlichen Lippen betörten und erregten sie, wie sie es sich schöner nicht hätte erträumen können.
Als er das Innere ihres Mundes zu erkunden begann, schob Lucy die Hände in sein Haar und erwiderte das lockende Spiel seiner Zunge mit einer Leidenschaft, die jeden Gedanken an Rückzug vergessen ließ.
Es schien ihr, als hätte sie ihr Leben lang auf diesen Kuss gewartet.
Es spielte keine Rolle, dass sie Anfängerin und er Experte war. Ihre Sinnlichkeit machte die fehlende Erfahrung mehr als wett. Lucy bebte vor Erregung in seinen Armen, während sie sich immer leidenschaftlicher küssten.
Als Domenico ihr spielerisch in die Lippe biss, ließ Lucy sich seufzend in seine starken Arme zurücksinken. Ihre aufgerichteten Knospen berührten seine Brust, was sie elektrisierte. Die pochende Hitze, die sie durchflutete, ließ auch den letzten Rest ihres Widerstands dahinschmelzen.
Lucy brannte lichterloh vor Verlangen nach diesem Mann. Was jetzt geschah, hatte sie immer
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