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Verfuehrung in Florenz

Verfuehrung in Florenz

Titel: Verfuehrung in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: India Grey
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begriffen, wie sehr meine Mutter dieses Leben hasste. Für ihn war die Aufmerksamkeit und Bewunderung der Öffentlichkeit das Wichtigste. Er konnte nicht verstehen, wie schrecklich es für sie war und dass sie sich ständig verfolgt fühlte. Nach meiner Geburt wurde es für sie noch schlimmer, weil sie mich ebenfalls abschirmen wollte. Dadurch wurde sie natürlich ein noch verlockenderes Ziel. Eines Tages brachte sie mich zum Zahnarzt. Als wir das Gebäude verließen, warteten einige Paparazzi, die sie bedrängten und ihr zuschrien, sie sollte doch für ein Foto stehen bleiben. Das war zu viel für sie. Sie lief auf die Straße, um den Reportern zu entkommen.“
    Es wurde still im Raum. Eve wagte kaum zu atmen und hielt nur das hellgrüne Kleid an ihrem Körper fest. Und sie dachte an Fioras Worte. Sie hatte gesagt, wie schrecklich es für ein Kind wäre, so etwas zu sehen …
    „Der Wagen konnte nicht mehr ausweichen. Der Fahrer gab sich zwar die Schuld, aber er konnte nichts dafür.“
    In der erneut eintretenden Stille hörte man nur das Rascheln von Seide, während Eve zum Bett ging und sich zu Raphael setzte.
    „Nein, es war nicht seine Schuld, aber auch nicht deine“, sagte sie leise und sanft, aber sehr entschieden, und griff nach seinen kalten Händen. „Und es war nicht die Schuld deines Vaters.“
    Bisher hatte Raphael nie über die Ereignisse gesprochen, die ihn quälten. Er zog die Hände zurück, stand auf und trat ans Fenster.
    „Doch, es war seine Schuld. Mein Vater hätte …“ Er musste sich räuspern, ehe er weitersprechen konnte. „Er hätte sie besser beschützen müssen. Wenn er sie geliebt hätte, dann hätte er sie vor diesem ganzen Rummel abgeschirmt.“
    Sekundenlang blieb er wie versteinert stehen, eine Statue des Schmerzes. Dann straffte er die Schultern und drehte sich zu Eve um, die noch auf dem zerwühlten Bett saß.
    „Genug davon, sonst kommen wir zu spät.“
    Während er entschlossen sein Hemd aufknöpfte, biss er die Zähne zusammen. Sie hat es wieder einmal ge schafft. Sie hatte ihm Dinge entlockt, an die er nicht einmal denken wollte. Falls das eine journalistische Taktik war, funktionierte sie großartig. Eves Talent war bei diesem albernen Klatschmagazin eindeutig verschwendet. Sie sollte lieber in der Politikredaktion einer großen Zeitung arbeiten.
    „Könntest du mir den Reißverschluss hochziehen?“
    Sie stand dicht neben ihm und drehte ihm den nackten Rücken zu. Raphael hielt den Atem an, fasste ihr Haar zusammen, um es fortzuhalten. Unwillkürlich ließ er den Blick über ihren Körper wandern, aber er beherrschte sich eisern und zog den Reißverschluss hoch.
    Eve drehte sich zu ihm um. In ihrem Blick standen Mitgefühl und Verständnis geschrieben. Oder war es das pistaziengrüne Kleid, das ihre Augen zum Leuchten brachte?
    „Sehe ich gut aus?“
    Er antwortete nicht, weil er seiner Stimme nicht traute.
    Was für eine Ironie! Eve war diejenige, der er nicht trauen sollte.

10. KAPITEL
    Als Eve und Raphael den Palazzo verließen, wirkte die Stadt nach dem Gewitter wie verwandelt.
    Der abblätternde Verputz der alten Palazzi wies große nasse Flecken auf. Die schweren Wolken waren verschwunden, der Himmel erstrahlte in reinstem Blau. Glitzernd hell wurde das Abendlicht von den nassen Steinen der schmalen Straßen und Plätze zurückgeworfen und verlieh der Stadt einen zauberhaften Schimmer.
    Nicht nur Venedig hat sich verändert, dachte Eve, als sie in den warmen Abend hinaustraten. Auch sie war eine andere geworden.
    Das Beisammensein mit Raphael hatte sie unwiderruflich verändert: nach außen zwar unsichtbar, dafür aber innerlich umso nachhaltiger. Es kam ihr vor, als hätte ihr jemand für einen Sekundenbruchteil die Geheimnisse des Universums offenbart oder einen Blick ins Paradies ermöglicht.
    Während Raphael an ihrer Seite den Markusplatz überquerte, kam er ihr distanziert und verschlossen vor. Eve sehnte sich danach, ihn zu berühren, wagte es jedoch nicht. Seit er über den Tod seiner Mutter gesprochen hatte, schien er sie auf Abstand zu halten.
    Nur ein einziges Mal während der letzten halben Stunde hatte sie in seinem Gesicht die Spur eines Gefühls bemerkt: als sie sich gerade fertig angezogen hatte und vor ihm stand.
    In diesem Augenblick hatte sie plötzlich begriffen, dass sie genau das grüne Kleid trug, das sie auf dem Foto an seiner Mutter gesehen hatte.
    Verstört wollte sie sich entschuldigen, doch er legte ihr den Zeigefinger an die

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