Verfuehrung in Florenz
als ihm die Folgen klar wurden.
Bisher hatte er Eve als skrupellose Journalistin eingestuft, die auf ein Abenteuer mit ihm aus war, um darüber zu schreiben. Er hatte sie nur bei sich behalten, weil er ihr nicht vertraute – und weil er sie beschützen sollte.
Doch nun wusste er, dass ihre Unschuld nicht gespielt war. Er hatte bei ihr versagt. Anstatt sie zu beschützen, hatte er sich von seiner Lust hinreißen lassen und nicht einmal an den Schutz gedacht.
Schlechtes Gewissen und Selbstverachtung erfüllten ihn.
„Du hättest mir etwas sagen sollen“, flüsterte er rau.
Sie hörte auf, sein Haar zu streicheln. „Was hätte ich sagen sollen?“
„Dass du noch Jungfrau warst.“
„Hätte das einen Unterschied gemacht?“
Er seufzte tief. „Natürlich hätte es das.“
Diese Worte trafen sie so schmerzhaft, dass die kunstvollen Stuckarbeiten an der Zimmerdecke hinter Tränen verschwammen.
Genau das hatte sie befürchtet. Was sich zwischen ihnen abgespielt hatte, war für Raphael nichts weiter als ein flüchtiges Erlebnis. Hätte er gewusst, dass sie noch Jungfrau war, hätte es sein unverbindliches Vergnügen beeinträchtigt, und er hätte sich zurückgehalten. Verzweifelt versuchte sie, die Tränen zu verbergen. Es war schlimm genug, dass er nun wusste, wie jämmerlich unerfahren sie war. Da wollte sie ihn nicht auch noch mit einem kindischen Gefühlsausbruch konfrontieren.
„Ich habe es dir nicht gesagt, weil es nicht wichtig war“, behauptete sie.
„Aber ich wäre dann … sanfter gewesen und vorsichtiger. Es tut mir leid.“
„Hast du nicht gesagt, dass wir uns nicht mehr entschuldigen sollten?“ Ihr Lachen klang verdächtig nach einem Schluchzen. „Oder fischst du nach Komplimenten? Du warst perfekt. Es war …“ Sie zögerte, weil sie nicht die richtigen Worte fand, und streichelte ihn nur, während sie sich beide der Erinnerung an das Erlebte hingaben.
Abwesend strich sie ihm durch sein glänzendes schwarzes Haar, das einen starken Kontrast zu der zarten Haut ihrer Brüste bildete, auch wenn sie an manchen Stellen bereits einen helleren Schimmer entdeckte.
„Du fängst an, grau zu werden“, sagte sie leise. Die Entdeckung überraschte und rührte sie.
Raphael setzte sich auf und lachte humorlos. „Natürlich werde ich grau. Ich bin alt, viel zu alt für dich.“
„Wer sagt das?“, fragte sie zärtlich. „Deine Mutter war in meinem Alter, als sie deinen Vater heiratete, und er war viel älter als sie. Fiora hat mir davon erzählt.“
Er zuckte kaum merklich zusammen. „Komm jetzt“, sagte er hastig und schlug die Decke zurück. „Wir müssen zur Preisverleihung.“
„Na, dann hoffe ich, dass du von deinem Vater die Begabung als Designer geerbt hast. Da wir das Kleid auf dem Markusplatz zurückgelassen haben, bleibt mir zum Anziehen nur dieses Laken.“
Er schlüpfte in die Jeans und versuchte, dabei nicht daran zu denken, wie Eve sie ihm ausgezogen hatte. Die Erinnerung drohte ihn erneut zu erregen. Eves Schönheit überwältigte ihn. Das goldblonde Haar war zerzaust, die sanft gebräunte Haut hob sich von dem weißen Laken ab und erinnerte ihn an reife Aprikosen, und in ihren blauen Augen schimmerte noch die eben erlebte Leidenschaft – und Tränen …
„Ein Laken würde dir sicher hervorragend stehen“, bemerkte er spöttisch und trat an den Einbauschrank, der eine ganze Wand des Zimmers einnahm.
„Zum Glück bleibt dir noch eine andere Wahl“, fügte er hinzu, öffnete zwei der Türen und gab den Blick auf zahlreiche Kleider in allen Regenbogenfarben frei.
Eve stieß einen überraschten Ruf aus. „Wem gehören diese Sachen?“
„Meiner Mutter. Ich glaube allerdings nicht, dass sie heute Abend eines davon brauchen wird“, fügte er mit einem bitteren Lächeln hinzu.
Während Raphael nach unten ging, um sich um ihr Gepäck zu kümmern, hüllte Eve sich in ein Laken und trat an den Garderobenschrank. Als sie behutsam über die edlen Stoffe strich, stieg ihr der Duft von Gardenien entgegen.
Das Bild der schönen lachenden Frau auf dem Foto tauchte vor ihr auf und trieb ihr erneut Tränen in die Augen. Wie ertrug Raphael bloß den Anblick dieser Kleider?
Sie zuckte zusammen, als er mit den Reisetaschen hereinkam.
„Hast du etwas gefunden?“
„Nein … ich meine, ja, aber hier ist so viel, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.“
Mitleid für ihn stieg in ihr auf, als er im Schrank zu suchen begann. Doch auch jetzt verschloss er seine
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