Verführung in Manhattan
dass Hayward Enterprises bereits einen Tag, nachdem eine unbekannte alte Frau in ihrer Wohnung gestürzt war, in die Schlagzeilen geriet.“
„Wahrscheinlich hat sie selbst die Presse informiert“, sagte Lloyd.
„Meinen Sie?“ Sydney lächelte kühl.
„Wie die Presse Wind von dem Vorfall bekommen hat, interessiert im Moment nicht“, erklärte Mavis Trelane. „Tatsache ist, dass sie davon erfuhr. Dadurch hat sie die Öffentlichkeit stark gegen uns aufgebracht, und unsere Firma ist in eine sehr heikle Lage geraten. Die Aktionäre erwarten eine rasche Lösung.“
„Glaubt irgendjemand, dass Hayward Enterprises nicht für Mrs. Wolburgs Verletzungen verantwortlich ist?“
„Darauf kommt es im Augenblick nicht an“, verbesserte Mavis sie. „Außerdem können wir uns keine endgültige Meinung darüber bilden, solange die Untersuchungen über den Unfall nicht abgeschlossen sind. Hier geht es ausschließlich darum, wie solche Angelegenheiten behandelt werden.“
Es klopfte an der Tür.
Stirnrunzelnd stand Sydney auf und öffnete. „Jani ne, ich habe doch gesagt, dass ich nicht gestört werden möchte.“
„Ja, Ma’am, aber es ist sehr wichtig“, flüsterte die Sekretärin, die sich spontan auf Sydneys Seite geschlagen hatte. „Ein Freund von mir, der bei Channel 6 arbeitet, hat gerade angerufen. Er sagte, Mrs. Wolburg werde im Mittagsmagazin eine Erklärung abgeben. Sie kann jeden Moment über den Sender gehen.“
Sie zögerte einen Moment, dann nickte sie. „Danke, Janine.“
„Viel Glück, Miss Hayward.“
Lächelnd schloss Sydney die Tür. Glück konnte sie wirklich gebrauchen.
Ruhig wandte sie sich an die Anwesenden. „Ich habe soeben erfahren, dass Mrs. Wolburg gleich eine Erklärung im Fernsehen abgeben wird. Ich nehme an, es interessiert alle, was sie zu sagen hat. Mit Ihrer Erlaubnis werde ich daher den Fernseher einschalten.“Ohne die Zustimmung abzuwarten, nahm sie die Fernbedienung und drückte auf die Taste.
Während Lloyd noch verlangte, der Vorstand müsse sich anhand der Fakten ein Bild machen und dürfe sich nicht von einem Werbemanöver ablenken lassen, schaltete Channel 6 nach einem Werbespot an Mrs. Wolburgs Krankenhausbett.
Die Reporterin, eine hübsche Frau Anfang Zwanzig mit aufmerksamem Blick, fragte die Patientin zunächst, wie es zu dem Unfall gekommen sei.
Mrs. Wolburg erzählte, weshalb sie mit dem Fuß im eingerissenen Linoleum hängen geblieben war und dass wegen des Baulärms niemand ihre Hilferufe gehört hatte.
Einige Vorstandsmitglieder schüttelten verblüfft den Kopf, und Lloyd lächelte insgeheim, weil er einen weiteren Schlag gegen Sydneys sinkendes Schiff erwartete.
„War Hayward Enterprises bekannt, in welchem Zustand sich der Boden befand?“ fragte die Reporterin.
„Ja, natürlich. Mik – also Mikhail Stanislaski, dieser nette junge Mann aus dem fünften Stock – hat einen Brief nach dem anderen wegen des Gebäudes geschrieben.“
„Und nichts geschah?“
„Nein, absolut nichts. Bei Mr. und Mrs. Kowalski, dem jungen Paar aus Apartment 101, fiel ein Stück Gipsvon der Größe eines Suppentellers von der Decke, und Mikhail reparierte den Schaden.“
„Die Mieter mussten also zur Selbsthilfe greifen, da der Eigentümer sich nicht darum kümmerte?“
„Ja, das könnte man sagen. So war es zumindest bis vor einigen Wochen.“
„Und was geschah während der letzten Wochen, Mrs. Wolburg?“
„Alles besserte sich sofort, nachdem Miss Sydney Hayward die Leitung der Firma übernahm. Sie ist die Enkelin des verstorbenen Mr. Hayward. Wie ich hörte, ist der alte Mann vor seinem Tod sehr krank gewesen. Die Dinge sind ihm während der letzten beiden Jahre wohl aus der Hand geglitten. Nun ja, Mikhail Stanislaski ging zu Miss Hayward, und sie kam noch am selben Tag heraus und überzeugte sich persönlich von den notwendigen Reparaturen. Keine vierzehn Tage später wimmelte es bei uns von Handwerkern. Wir erhielten neue Fenster, und das neue Dach dürfte in diesen Minuten fertig werden. Außerdem wurden die Installationen erneuert. Alles, was Mr. Stanislaski auf die Liste gesetzt hat, wird ausgeführt.“
„Tatsächlich? Begannen die Arbeiten vor oder nach Ihrem Unfall?“
„Vorher“, antwortete Mrs. Wolburg ungehalten. „Ich sagte Ihnen doch, dass mich wegen des Hämmerns undSägens niemand hörte, als ich gestürzt war. Zufällig war Miss Hayward an diesem Tag wieder da, um sich von dem Fortgang der Arbeiten zu überzeugen. Sie und Mikhail
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