Verführung pur

Schwester sein musste, einbrüllten.
    Die vier standen im Halbkreis um einen Haufen pinkfarbener Flamingofiguren, und direkt über ihnen schwang ein Regalbrett an einem Nagel wie ein Pendel an der Wand.
    “Brauchen Sie Hilfe?”, fragte Seth und unterbrach damit das Gezeter. Den beiden alten Leuten war die Situation sichtlich unangenehm. Das müssen Mias Großeltern sein, dachte Seth. Der Mann sah aus, als wäre er den Tränen nahe, während seine Frau eher drauf und dran schien, Mia und ihre Schwester zu erwürgen.
    Doch für einen Augenblick herrschte absolute Stille. Das heißt, Seth kam es vor, als herrschte absolute Stille, aber das konnte auch daran liegen, dass er nichts wahrnahm, sondern wie gebannt auf Mia starrte.
    Ihr langes dunkles Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten. Sie trug verblichene Jeansshorts, die ihre schlanken, sonnengebräunten Beine betonten, und ein gelbes Sportsweatshirt, dessen Ärmel sie aufgekrempelt hatte. Außerdem hatte sie eine kleine, runde Nickelbrille auf, die Seth zum ersten Mal sah.
    Er kannte keine Frau, die in einem solchen Aufzug so ungeheuer sexy wirkte wie Mia. Zugegeben, am letzten Wochenende war sie ihm schon atemberaubend vorgekommen, doch heute erschien sie ihm noch um ein Vielfaches schöner. Mia Quentin war einfach umwerfend attraktiv.
    Glücklicherweise befreite ihn die alte Dame aus seiner momentanen Erstarrung, die mit dem freundlichen Lächeln einer routinierten Geschäftsfrau auf ihn zukam.
    “Hilfe? Ich bitte Sie, natürlich nicht! Treten Sie doch ein, meine Herren, und sehen Sie sich ein bisschen um. Wir haben diese Woche eigentlich wegen Umbau geschlossen, aber wir würden niemals unsere Kunden abweisen.”
    Seth hoffte, dass Brock etwas sagen würde, damit er in Ruhe Mia anstarren – nein, ansprechen – konnte. Wofür hatte er denn sonst seinen Onkel mitgenommen?
    Doch ein einziger Seitenblick genügte, um diese Hoffnung zunichtezumachen. Brock stand mit halb offenem Mund da und beäugte fasziniert Mias ältere Schwester. Jede Hilfe aus dieser Richtung konnte man also getrost vergessen.
    “Nein, vielen Dank”, antwortete Seth und hielt den Blumenstrauß hoch, der bei dem Sprint zum Laden ein paar Blütenblätter verloren hatte. “Ich bin eigentlich wegen Mia hier.”
    Die alte Frau musterte ihn prüfend, und der Mann stieß ein unüberhörbares “Hmmpf” aus. Das war zweifelsohne der Großvater, der jedes Mal sein Magengeschwür ins Spiel brachte, wenn irgendwelche Männer etwas von seiner Enkelin wollten.
    Die reagierte denn auch prompt und klopfte ihm beruhigend mit der Hand auf die Schulter, bevor sie über die gefallenen Flamingos zur Tür kletterte.
    “Das ist im Augenblick eher ungünstig”, begann sie, doch da mischte sich die Frau ein, die wie ihre Schwester aussah. “Ganz und gar nicht! Geh nur, Mia. Während du dich mit deinem Gast unterhältst, werde ich mir überlegen, was wir mit den rosa Vögeln anfangen”, sagte sie freundlich und schob Mia ein Stück weiter Richtung Tür. “Vielleicht können wir damit ein Lagerfeuer am Strand veranstalten und alle Nachbarn dazu einladen.”
    “Mom!”, entgegnete Mia entsetzt und knuffte die Frau mit dem Ellbogen in die Seite. Die beiden alten Leute murmelten etwas Unverständliches vor sich hin.
    “Sie sind ihre Mutter?”, fragte Brock, der seine Sprache wiedergefunden zu haben schien. Er lächelte strahlender, als Seth ihn jemals zuvor lächeln gesehen hatte. Wandelte sich der eingeschworene Junggeselle etwa zu einem charmanten Frauenhelden? “Sie scheinen mir viel zu jung dafür.”
    “Ist sie auch”, sagte die alte Dame hastig. “Tja, wie ich bereits sagte, wir haben wegen Umbau geschlossen. Wenn Sie also nichts kaufen wollen, müsste ich Sie jetzt leider bitten zu gehen, denn wir haben noch eine Menge Arbeit.”
    Mia und ihre Mutter tauschten einen Blick aus, den Seth zwar nicht deuten konnte, der sich aber offenbar auf die beiden alten Leute bezog.
    “Wir sollten alle ein wenig nach draußen gehen”, schlug Mia vor. “Ihr drei könntet einen Moment verschnaufen, und ich sammle dann gleich die Flamingos ein.”
    Gleich?
Nach den atemberaubendsten Küssen seines Lebens wollte sie ihn mit wenigen Minuten abspeisen?
    Wenn es nach ihm ginge, würde Mia die nächsten paar Stunden anderweitig beschäftigt sein. Leider folgten Brock und Mias Mutter ihnen aus dem Laden und hinunter zur Pier. Dabei war Seth doch hergekommen, um ungestört mit Mia sprechen zu können!
    “Wolltest du