Verführung pur
nicht kommen.
Brock hatte Mühe, ein zufriedenes Grinsen zu unterdrücken, und er dankte Gott für die Inventarliste in seiner Hand, die ihm erlaubte, den Blick von Noelles Gesicht ab- und den Zahlentabellen zuzuwenden. Andernfalls hätte ihn Noelles Bemerkung wahrscheinlich verleitet, in lautes Triumphgeheul auszubrechen.
Um sieben Uhr morgens sah sie nicht weniger umwerfend aus als zu irgendeiner anderen Tageszeit. Ihr schlichter Pferdeschwanz und das ungeschminkte Gesicht waren zwar nicht gerade die Standardmerkmale einer Schönheitskönigin, aber dafür hatte Noelle die verlockendsten grünen Augen, die ihm je untergekommen waren. Nicht zu vergessen ihre verführerischen Kurven. Noelle war eine Wahnsinnsfrau, da gab es keine zwei Meinungen, und Brock hatte nicht den Hauch einer Chance, ihr zu widerstehen. Erst recht nicht, wenn besagte Kurven nur von einem spärlichen Trägertop und seidigen Shorts verhüllt waren.
Doch er würde sich unter keinen Umständen dazu hinreißen lassen, für eine Nacht mit dieser verführerischen Rebellin seine Chancen aufs Spiel zu setzen. Nicht, nachdem er sich die ganze Woche in Geduld geübt hatte.
“Ach so.” Noelle nippte an ihrem Kaffee und tat so, als spürte sie nicht das Knistern, das fühlbar in der Luft lag. “Na ja, im Augenblick möchte ich meine Ersparnisse nicht antasten, weil Mia eventuell finanzielle Hilfe braucht, um die Hypothek für den Beachcomber zu zahlen. Ich weiß, dass das Geschäft mit einigen Zahlungen im Rückstand ist, und ich würde gern helfen. Leider weigert Mia sich momentan noch, meine Hilfe anzunehmen. Sie merkt gar nicht, dass sie mir damit das Gefühl gibt, ich wäre eine Außenseiterin in meiner eigenen Familie.”
Brock legte Stift und Liste beiseite und überlegte. Er wusste so gut wie gar nichts über Noelle. Bisher hatte sie ihn nur ein einziges Mal an sich herangelassen – bei dem atemberaubendsten Kuss, den er je erlebt hatte. Und selbst das hatte er nur geschafft, indem er sie erpresste. Doch dieser Kuss, den er ihr wider ihren Willen entlockte, hatte sich als ein sagenhaft heißer, fantasieanregender Liebesakt entpuppt.
Dass sie ihm von sich erzählte, machte ihn überglücklich, selbst wenn sie es nur tat, um von ihrem vorherigen Thema abzulenken.
“Trotzdem weiß ich, dass sie es nicht absichtlich tut”, sagte sie und lehnte sich gegen die Tischkante. Dabei rutschte ein Träger ihres Tops ein Stückchen herunter. Sollte Brock ihn wieder hinaufziehen oder vielleicht lieber noch weiter hinunter, bis er endlich …?
Noelles Stimme riss ihn aus seinem kühnen Tagtraum. “Mia verbeißt sich einfach zu sehr in die Idee, dass der Beachcomber sich entweder allein trägt oder eben eingeht. Aber was mich daran am meisten stört, ist, dass sie ihre eigenen Ersparnisse sehr wohl in diesem Groschengrab von einem Laden versenkt. Warum verbietet sie es mir dann?”
“Vielleicht möchte sie sich damit etwas beweisen. Ist das nicht der klassische Generationenkonflikt? Die Jungen wollen zeigen, dass sie auch ohne die Mittel, den Rat und die Meinung der Älteren zurechtkommen.”
“Wenn das so ist, sollte der Konflikt allerdings nicht zwischen mir und Mia bestehen. Ich bin ja selbst noch dabei, genau das meinen Eltern zu beweisen”, erwiderte Noelle und zog den Träger ihres Tops wieder nach oben.
Auf diesen Punkt wollte Brock lieber nicht näher eingehen. Die Spannungen zwischen Noelle und den älteren Quentins fielen jedem sofort ins Auge, doch sie konnte gewiss darauf verzichten, seine unmaßgebliche, weil oberflächliche Meinung dazu zu hören.
“Ich meinte nur, dass du dieses ehemalige Antiquitätengeschäft kaufen und deinen Traum wahr machen solltest, Noelle. Solche Immobilie bekommt man nicht jeden Tag angeboten, und ich vermute, dass sie bald weg sein wird, wenn du nicht zuschlägst.”
“Aber der Beachcomber braucht mein Geld vielleicht.”
Sie nahm die Inventarliste und wandte sich wieder den Kartons zu. Anscheinend hielt sie das Thema damit für erledigt.
Brock war jedoch noch nie der Typ gewesen, der sich leicht abwimmeln ließ.
“Mia wird dein Geld nicht annehmen”, sagte er und stellte sich direkt zwischen Noelle und die Kartons, sodass sie ihm nicht ausweichen konnte. “Und du kannst ihr viel besser helfen, indem du hier unten ein weiteres Geschäft aufmachst, dass zusätzliche Kunden anlockt. Ganz Twin Palms profitiert davon, wenn du mit deinem Café und Mofaverleih Touristen herbringst.”
Sie starrte auf
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