Verführung pur
Pfefferkuchenhäuschens hatte – in Anspielung auf die Gretel aus ihrer Märchencollage. Vielleicht konnten seine kleinen Geschenke sie dazu bewegen, die Gretel in ihr wieder hervorzulocken und sie zu neuen Abenteuern zu verleiten.
Bislang waren seine Bemühungen allerdings vergebens gewesen. Sie wollte keine Beziehung und betonte wieder und wieder, dass sie zunächst ihre Ziele verfolgen und ihre Träume verwirklichen wollte. Wo bestand für sie der Widerspruch? Warum konnte sie ihre Träume nicht an seiner Seite wahr machen?
Glücklicherweise zählte Beharrlichkeit zu Seths ausgeprägteren Eigenschaften. Die Herausforderung, vor der er klein beigab, musste erst noch erfunden werden.
“Hört ihr mir überhaupt zu?”, fragte Noelle plötzlich, und Seth, der verträumt auf Mias lange Beine gestarrt hatte, blickte auf.
Mia drehte sich ebenfalls zu Noelle um. “Entschuldige, Mom, aber Seth und ich hatten gerade eine kleine Auseinandersetzung und sind deshalb nicht ganz bei der Sache.”
Ihre Offenheit hatte etwas Entwaffnendes. Diese Frau kam gar nicht auf den Gedanken, die Dinge nicht beim Namen zu nennen. Trotzdem wollte er ihre Worte nicht im Raum stehen lassen, ohne seine Ansicht dazu zu äußern. “Auseinandersetzung? Ich dachte, wir wären dabei, uns auf einen Kompromiss zu einigen.”
Bevor Mia antworten konnte, trat Brock aus dem Lagerraum.
“Hört, hört!”, sagte er und prostete ihnen mit einem Kaffeebecher zu. “Kompromisse sind der Schlüssel zu einer funktionierenden Beziehung.”
Seth nickte. Wie kam es bloß, dass jeder halbwegs intelligente Mann das einsah, während die Frauen sich gegen Beziehungen sträubten und in einem fort von
ihrem
Leben und
ihren
Zielen sprachen, ohne zu erkennen, dass das eine das andere nicht ausschließen musste?
Noelle setzte der beginnenden Unterhaltung ein jähes Ende. “Das reicht!”, rief sie, donnerte ihre Papiere auf den Kassentresen und nahm Mia beim Arm.
“Ihr Männer dürft euch gern auf die Brust trommeln und euch gegenseitig bestätigen, wie toll ihr seid, wenn es um das Schließen von Kompromissen geht, bis ihr grün werdet.” Sie hakte Mia unter. “Wir werden uns das jedenfalls nicht anhören, sondern lieber ein ernstes Gespräch unter Frauen führen. Und dass ihr es gleich wisst: Ihr habt keine Chance, uns aufzuhalten.”
Seth stellte verwundert fest, dass Mia und ihre Mutter zum ersten Mal in dieser Woche einer Meinung zu sein schienen. Arm in Arm verließen die beiden Frauen das Geschäft, ohne sich noch einmal umzudrehen.
“Worüber, glaubst du, wollen die beiden reden?”, fragte Seth seinen Onkel. Er war zwar bis heute der Meinung gewesen, Brock verstünde rein gar nichts von Frauen, doch dass ausgerechnet er es geschafft hatte, die Mofa fahrende Rebellin der Kleinstadt so durcheinanderzubringen, hatte ihn eines Besseren belehrt.
“Sie werden überlegen, wie sie uns schnellstmöglich loswerden.”
Brock und Seth standen in der Tür des leeren Geschäfts und blickten Mia und ihrer Mutter hinterher, die über den Sandweg zu Mias Bootshaus gingen.
Seth stieß einen leisen Pfiff aus. “Ich weiß nicht, wie es bei dir aussieht, aber ich werde mit einem offenen Auge schlafen, bis ich meiner Sache hier sicher bin.”
Brock schüttelte den Kopf. “Die beiden Damen werden dich auf das erstbeste Boot verfrachten, das Richtung Tampa ausläuft. Du solltest also besser gar nicht schlafen.”
11. KAPITEL
Eine halbe Stunde später stand Mia in ihrem Bootshaus und mischte Farben. Das beruhigte sie immer, ganz gleich wie nervös oder wütend sie war. Noelle hingegen kochte nach wie vor und beschwerte sich lauthals über Brock Chandler.
“Weißt du, womit er seinen Lebensunterhalt verdient?”, fragte sie. Sie hockte auf dem Boden und beizte eine antike Kommode, die Mia in den renovierten Souvenirladen stellen wollte.
Mia schwieg, da Noelle ihre Frage ohnehin selbst beantworten würde. Außerdem versuchte sie sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Stumm rührte sie etwas mehr Blau in den Lavendelton, den sie gerade mischte. Dabei kreisten ihre Gedanken unablässig um Seth.
“Wenn er nicht gerade zum Angeln rausfährt, verchartert er sein Boot oder kutschiert irgendwelche Leute durch die Bucht”, sagte Noelle, deren Pinsel mit besorgniserregender Geschwindigkeit über das Möbelstück sauste. “Ich bitte dich! Das zählt wohl kaum zu der Sorte Tätigkeit, die man sich bei einem Mann wünscht.”
“Aber durchaus zu der Sorte Leben,
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