Verführung pur

mit ihrem Piraten, der sich als erfolgreicher Unternehmer entpuppt hatte.
    Da stand er, groß und umwerfend gut aussehend, in einem anthrazitfarbenen Anzug, der wahrscheinlich so viel gekostet hatte wie Mias gesamter Kleiderschrankinhalt. Er trug eine Seidenkrawatte, deren Aufdruck eine Kopie von Monets “Wasserlilien” war.
    “Entschuldige meine Verspätung.”
    Er konnte den Satz kaum zu Ende sprechen, da warf Mia sich ihm schon in die Arme. Sein Duft und die Kraft, die er ausstrahlte, gaben Mia genau die Sicherheit und Geborgenheit, die sie dringend brauchte.
    “Ich habe dich vermisst”, flüsterte sie und hob den Kopf. Schon legte er ihr eine Hand in den Nacken, fasste mit der anderen ihre Taille, um sie fest an sich zu drücken, und küsste sie. Sein Kuss war von derselben hungrigen Leidenschaft, die auch Mia erfüllte. Nur leider war er viel zu kurz.
    Seth löste sich aus der Umarmung und ließ eine vor Sehnsucht benommene und frustrierte Mia zurück, die erst jetzt dazu kam, sich in dem kleinen Raum umsehen. An der einen Wand stand ein Sekretär mit Rollläden, an der anderen ein Sofa, auf dem Unmengen Kissen drapiert waren. Der Eingang zum Bad war von zwei leuchtend blauen Picassodrucken gerahmt.
    “Wenn ich jetzt nicht aufhöre, werde ich noch die Beherrschung verlieren”, flüsterte Seth mit einem bedauernden Lächeln.
    “Und ich weiß nicht, ob ich den heutigen Abend überstehen kann”, sagte Mia, die mit jeder Minute nervöser wurde und eigentlich nichts anderes mehr wollte, als in Seths Nähe zu sein, ihn zu berühren und zu küssen.
    “Für Männer ist es härter, glaub mir.”
    Er sah so ernst aus, dass Mia unweigerlich lachen musste.
    “Das ist ein Spruch für Teenies, Seth. Und wir sind schließlich keine Sechzehnjährigen, die zum ersten Mal zusammen im Autokino sind. Ich glaube schon, dass du es überleben wirst.” Sie schüttelte ihr Kleid aus, das bei der heftigen Umarmung ziemlich gelitten hatte und nun ein paar unschöne Falten aufwies. “Außerdem hast du mich tagelang allein gelassen, und da finde ich ein bisschen Strafe nur gerecht.”
    Dann ging sie ins Bad, um sich umzuziehen und zu schminken. Die Tür ließ sie offen, damit sie sich währenddessen weiter mit Seth unterhalten konnte.
    “Ich habe eine Überraschung für dich, mit der ich die versäumten Tage vielleicht wiedergutmachen kann”, sagte er und blickte ins Bad, wo Mia gerade ihr T-Shirt auszog. “Brauchst du vielleicht Hilfe?”
    Sie warf mit dem T-Shirt nach ihm. “Ganz bestimmt nicht! Ich bin sowieso schon spät dran, und der Galerist dürfte sich mittlerweile fragen, wo ich bleibe. Weitere Verzögerungen kann ich mir nicht leisten.”
    In Windeseile schlüpfte sie in ihr schwarzes Cocktailkleid und zog die Shorts aus. “Was ist das für eine Überraschung?”
    Seth stieß einen leisen Pfiff der Bewunderung aus, bevor er antwortete: “Nur etwas, um dir den Druck zu nehmen.”
    Er griff in seine Sakkotasche und holte einen langen Umschlag mit einer roten Schleife drum hervor. “Hast du Zeit, ihn zu öffnen, ehe du dich in die Meute stürzt?”
    Neugierig beäugte sie den Umschlag, kämmte sich die Haare und trug dezenten Lippenstift auf. “Für eine Überraschung habe ich immer Zeit.”
    Dann nahm sie ihm den Umschlag ab und wog ihn prüfend in der Hand. Er war relativ schwer und dicker, als sie erwartet hatte. “Ich hoffe, da drin finde ich ein Angebot für ein paar sehr verwegene Dinge, die ich in circa drei Stunden einfordern darf.”
    “Leider nicht. Aber dieses Angebot liefere ich hiermit mündlich nach.” Er schenkte ihr einen Blick, der keinen Zweifel daran ließ, dass er viele verwegene Dinge wusste, die sie später einfordern konnte.
    Sie lächelte und riss den Umschlag auf.
    Was sie hervorholte, sah nach wichtigen Vertragspapieren aus. Mia blickte auf die kleine Schrift und das Notarssiegel in der unteren Ecke des Deckblattes. Was bedeutete das?
    “Der Grundbesitz, gelegen Ocean Drive Nr. 6, Twin Palms, Florida …”, las sie laut, noch ehe sie begriffen hatte, was sie in der Hand hielt. Und in dem Augenblick, als es ihr langsam klar wurde, fühlte sie sich plötzlich elend und begann zu frösteln. “Das ist die Hypothek für den Beachcomber.”
    Seth musste ihr ansehen, wie entsetzt sie war, denn sein begeistertes Lächeln erlosch und wich einem besorgten Stirnrunzeln. “Chandler Enterprises hat der Gulf Coast Bank die Hypothek abgekauft. Du brauchst also keine Angst mehr zu haben, dass ein