Verführung pur
neuer Gläubiger den Kredit nutzt, um an die Immobilie zu kommen.”
Mia war sprachlos, also fuhr er fort: “Genau genommen besagt dieser Vertrag nichts anderes, als dass die Hypothekenraten von nun an direkt an Chandler Enterprises zu leisten sind, und ich kann damit garantieren, dass man euch den Spielraum gewährt, den ihr braucht, um das Geschäft wieder in die schwarzen Zahlen zu führen.”
Etwas Schlimmeres hätte er ihr kaum antun können. Mia fühlte sich unendlich verletzt.
“Du meinst, genau genommen gehört dir jetzt mein Geschäft.”
Ganz gleich von welcher Seite sie es betrachtete, mit diesem eigenmächtigen Schritt hatte Seth ihr klar zu verstehen gegeben, dass eine gleichberechtigte Partnerschaft für ihn nicht infrage kam. Warum musste sie das ausgerechnet heute Abend erkennen, wenn ihre erste Ausstellung anstand, bei der sich entscheiden würde, ob sie als Künstlerin eine Chance hatte oder nicht?
Sie war so verletzt und wütend, dass sie lospolterte, ohne darüber nachzudenken, was sie sagte. “Und im Klartext bedeutet das, indem ich mit dir schlafe, verhindere ich die Zwangsschließung. Ich nenne das Prostitution, du nicht?”
“Mia, um Gottes willen, nein!”, rief er entsetzt, und ihm war deutlich anzusehen, dass er nie auf diesen Gedanken gekommen war. “Ich wollte nichts weiter, als dir den Druck nehmen, unter dem du stehst. Ich wollte nicht, dass dich das Geschäft zu sehr belastet. Und Umschuldungen von Hypotheken sind in meiner Branche ein durchaus üblicher Vorgang.”
“Das ist meine Hypothek. Du hattest kein Recht, sie einfach umzuschulden.” Ihre Stimme zitterte, weil sie den Tränen nahe war. Verlangte sie denn wirklich zu viel, wenn sie wollte, dass er in ihre Fähigkeiten vertraute, die Krise allein zu meistern?
Zweifellos zeugte es von Großzügigkeit, was er getan hatte, doch sie konnte unmöglich darauf eingehen. Also gab sie ihm den Umschlag mitsamt roter Schleife zurück und ging aus dem Bad.
“Hör mal, ich habe gegen keinerlei bankübliche Praktiken verstoßen”, erklärte er, während er hinter ihr herkam und den Umschlag wieder in die Tasche steckte. “Es ist vollkommen normal, dass die Bank Kredite zum Verkauf anbietet, wenn ein Schuldner mit den Ratenzahlungen in Verzug kommt. Ich wollte lediglich die Gefahr abwenden, dass jemand anders die Hypothek kauft und zusätzlichen Druck ausübt.”
Er begriff überhaupt nicht, worum es hier ging. Mia blieb kurz an der Tür stehen und versuchte ihre Selbstbeherrschung wiederzufinden. Sie musste da rausgehen und ihre Bilder vorstellen, aber sie konnte Seth nicht einfach so stehen lassen. Der jüngste Streit mit ihrer Mutter hatte sie gelehrt, dass man Worte, die man im Zorn sagte, später bereute.
Sie musste sicher sein, dass er ihre Gründe verstand. “Ich weiß, dass du mir nur helfen wolltest, aber ich bin maßlos enttäuscht, weil du mir damit zu verstehen gibst, dass du mir nicht zutraust, es allein zu schaffen. Außerdem kann ich keine persönliche Beziehung zu jemandem haben, von dem ich finanziell so abhängig bin, wie ich es jetzt von dir bin.”
Sie konnte unmöglich mit einem Mann schlafen, der das Schicksal des Beachcomber in der Hand hatte. Eine Beziehung war für sie eine gleichberechtigte Angelegenheit, bei der keiner Macht über den anderen hatte, doch diese Vorstellung schien ihm fremd zu sein.
“Mia, warte.”
Er streckte die Hand nach ihr aus, aber bevor er sie in seine Arme nehmen konnte, war sie schon zur Tür hinaus. Ein letztes Mal drehte sie sich um und sagte: “Ich werde dir die erste Rate gleich am Montag überweisen.”
Dann eilte sie den kleinen Flur hinunter zum Ausstellungsraum, aus dem lautes Stimmengewirr zu hören war.
Ein lang gezogener leiser Pfiff ertönte hinter Seth, der auf dem Flur stand und sprachlos Mia hinterherstarrte, die sich mit Riesenschritten von ihm entfernte.
Als er sich umdrehte, entdeckte er Brock und Noelle, die im offenen Hintereingang standen. Brock hielt eines von Mias Bildern in der Hand.
“Ich gehe davon aus, dass ihr es gehört habt, oder?”
Brock nickte, schüttelte dann aber gleich den Kopf. “Wir haben nur etwas von einer Rate gehört, die dir überwiesen wird. Allerdings haben wir nicht mitbekommen, worum es hier geht, außer dass Mia verdammt wütend sein muss.”
Noelle nahm ihm das Bild ab. “Ich gehe mal lieber hinein und frage Mia, wo das hier aufgehängt werden soll.”
Sie schenkte Seth ein bedauerndes Lächeln und folgte
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