Verführung pur
erwidern sie niemals überdrüssig werden würde.
Wie versprochen, brachte ihr sanfter, geduldiger Liebhaber sie zum Schreien, und das nicht nur ein Mal, sondern wieder und wieder, bis sie tatsächlich glaubte, die Kabine stünde in Flammen.
14. KAPITEL
Mia nahm einen neuen Nagel und hämmerte ihn in den schlichten Holzrahmen, in dem sie ihr Bild bei der Ausstellung präsentieren wollte. Den ganzen Nachmittag arbeitete sie schon im hinteren Teil des Transporters, mit dem sie ihre Werke von Twin Palms zur Woodwin-Galerie in Ybor City gefahren hatte. Ybor City war seit Jahren das “angesagte” Viertel von Tampa. Hier lebte die kunstinteressierte Jungschickeria der Stadt.
Von draußen drangen die Geräusche des beginnenden Freitagnachtlebens zu ihr. Aus den umliegenden Bars war Musik zu hören, karibische Steeldrums mischten sich mit Jazzrhythmen und brachten jene besondere Klangmixtur hervor, die für Florida so typisch war.
Doch anstatt ihre Kreativität zu wecken, strapazierte der Lärm ihre ohnehin blank liegenden Nerven. Sie musste heute Abend Erfolg haben. Sie musste die Ausstellungsbesucher für ihre Bilder gewinnen und möglichst viel von ihren Arbeiten der letzten drei Jahre verkaufen. Und dabei ging es ihr nicht darum, als Künstlerin Anerkennung zu ernten, sondern ums nackte Überleben.
Nur wenn ihre Bilder den erwünschten Umsatz brachten, konnte sie den Beachcomber retten und die Zwangsversteigerung verhindern, die ihren Großeltern das Herz brechen würde.
Sie hoffte bloß, dass Seth rechtzeitig kam, denn sonst würde ihr Herz auch noch brechen. Dabei begriff sie immer noch nicht, wie er ihr in so kurzer Zeit so wichtig geworden sein konnte.
Warum war er ausgerechnet wenige Tage vor ihrer ersten Ausstellung aus Twin Palms verschwunden? Sie betrachtete das gerahmte Bild und fragte sich, wo er stecken mochte. Zugegeben, sie hatte ihm nicht verraten, wie viel ihr diese Ausstellung bedeutete, aber sie hatte ihn eingeladen, als er sie vor zwei Tagen anrief und ihr erklärte, dass er noch geschäftlich in Tampa zu tun hatte.
Doch bevor sie weiter über Seth und ihren leicht windschiefen Rahmen nachdenken konnte, klopfte jemand an die Tür des Transporters. Vor Schreck fuhr Mia zusammen.
“Wie geht es denn unserer Künstlerin?”, rief Noelle von draußen.
Mia war ihrer Mutter sehr dankbar, dass sie ihr ihren Wutausbruch am Strand nicht nachtrug. Sie hatte nicht einmal geschmollt.
Nein, Noelle hatte gar keine Zeit zu schmollen, weil ihre neue Beziehung zu Brock Chandler sie vollkommen vereinnahmte. Und zudem war sie auch noch dabei, ein Café mit angeschlossenem Mofaverleih in Twin Palms zu eröffnen.
Mia konnte immer noch nicht fassen, dass ihre Mutter tatsächlich sesshaft werden und Wurzeln schlagen wollte. Und sie empfand sogar ein bisschen Neid, wenn sie sah, wie viel Liebe Noelle bei Brock gefunden hatte. Mia stellte ziemlich schnell fest, dass sie sich nach genau demselben Glück sehnte. Sie wollte auch lieben und geliebt werden – für immer.
Sie packte den Rahmen beiseite und öffnete die Hintertür des Vans. Der Lärm der Musik und des Verkehrs schwoll an und hallte von den Blechwänden des Wagens wider.
Draußen stand ihre Mutter, Hand in Hand mit Brock, und streckte ihr einen riesigen Strauß aus Löwenmäulchen und Lilien entgegen.
“Wir gratulieren und wünschen dir ganz, ganz viel Glück!”, rief sie strahlend. Noelle wirkte lebendiger und glücklicher, als Mia sie je gesehen hatte, und das wollte einiges heißen.
“Die sind ja wunderschön!” Mia holte eine Vase, die sie mitgebracht hatte. Die Geste ihrer Mutter rührte sie, und zugleich meldete sich ihr schlechtes Gewissen. Nach dem Streit am Strand hätte sie sich bei ihr entschuldigen müssen, und das hatte sie bis heute nicht getan.
Noelle hingegen schien in diesem Augenblick überhaupt nicht an diese unerfreuliche Szene zu denken. Sie sah nicht aus, als könnte irgendetwas ihr Glück trüben, und selbst Brocks herbe Gesichtszüge verzogen sich zu so etwas wie einem Lächeln, wenn er in Noelles Nähe war. Bei den beiden erkannte man auf hundert Meter, wie verliebt sie waren.
Mia dachte unwillkürlich daran, dass Seth und sie ebenso ein Paar sein könnten, falls Seth sich irgendwann dazu durchrang, mehr als eine vorübergehende Zusammenwohnbeziehung auszuprobieren. Vorausgesetzt, sie sah ihn überhaupt noch einmal wieder.
“Hi, Mom”, sagte sie und beschloss, sich bei ihrer Mutter zu entschuldigen – bevor sie
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