Verführung über den Wolken
wissen immer am besten Bescheid und können Tipps geben, wo man gut essen kann.“
„Offenbar. Das muss ich auch mal ausprobieren.“
Gage wirkte beinah überrascht, dass er diesen Tag so genossen hatte, ähnlich wie ein paar Tage zuvor nach der Motorradtour. Warum fiel es ihm normalerweise nur so schwer, sich zu entspannen? Seit der vergangenen Nacht hatten sie sich nicht mehr getrennt. Am Vormittag hatten sie zusammen gearbeitet und dann beschlossen, durch die Stadt zu bummeln. Dennoch hatte Lauren nicht das Gefühl, Gage nähergekommen zu sein. Ihre Gespräche hatten sich im Wesentlichen um die Arbeit und später um die Sehenswürdigkeiten der Stadt gedreht.
„Was machst du denn so in deiner Freizeit?“
„Freizeit? Was ist das?“ Er lachte.
„Du kannst doch nicht vierundzwanzig Stunden am Tag arbeiten?“
„Nicht ganz. Aber als ich meine Firma aufgebaut hab, hatte ich kaum Zeit zum Schlafen.“
Verständnislos schüttelte Lauren den Kopf. Kein Wunder, dass Gage älter aussah, als er war. „Mein Vater hatte ein paar Lebensregeln in seinem Büro an der Wand hängen. Zum Beispiel: ‚Sich den Lebensunterhalt zu verdienen ist nicht dasselbe, wie ein Leben zu leben.‘ Oder: ‚Habe Freude an dem, was du tust, und tu, was dir Freude macht.‘ Er hat immer gesagt, wenn er sterben sollte …“, hier versagte ihr die Stimme, und sie musste erst einen Schluck Wasser trinken, ehe sie fortfahren konnte. „… wenn er sterben sollte, und er hätte immer nach diesen Regeln gelebt, dann wäre sein Leben erfüllt gewesen. Und so war es dann auch.“
Gage lehnte sich zurück und sah Lauren missbilligend an. „Solche Ideale verschaffen dir aber kein Dach über dem Kopf und bringen kein Essen auf den Tisch. Oft reicht es nicht aus, seinen Träumen nachzujagen.“
„Der Meinung bin ich nicht. Wir sollten uns immer bemühen, unsere Träume zu verwirklichen.“ An diesem Gedanken musste sie unbedingt festhalten. Sonst wären das Leben und vor allem der Tod des Vaters sinnlos gewesen. Wieder stieg Wut auf ihre Mutter in ihr hoch. Warum wollte Jacqui ihr nichts von dem letzten Gespräch mit Kirk erzählen? Aber sie würde nicht länger warten, sie würde die Mutter zwingen, ihr davon zu berichten. Sobald sie wieder zurück war, würde sie sie zur Rede stellen.
„Diese Träume konnte ich mir nie leisten. Für mich war immer wichtig zu wissen, wo meine nächste Mahlzeit herkommt“, riss Gage Lauren aus ihren Gedanken.
„Hast du denn als Kind gehungert?“
„Ja. Aber ich beschäftige mich ungern mit der Vergangenheit. Sie ist vorbei und kann nicht mehr geändert werden.“ Er legte Lauren die Hand auf den Arm. „Komm, lass uns gehen.“
Seine Stimme klang plötzlich rau und sexy. In Erwartung dessen, was kommen würde, errötete Lauren. Sie wusste, Gage wollte ins Hotel zurückkehren und mit ihr schlafen. Wenn sie darauf bestand, ihn noch weiter auszufragen, würde sie die romantische Stimmung verderben. Und das wollte sie nicht. Zu lange hatte sie auf Sex verzichtet, als dass sie sich jetzt eine solche Gelegenheit entgehen lassen konnte. Am liebsten hätte sie den Weg zum Hotel im Dauerlauf zurückgelegt. Was war nur mit ihr los? War sie verrückt nach diesem Mann, der ihr immer noch ein Rätsel war?
Doch das Leben bestand nicht nur aus gutem Sex. Lauren wusste, dass sie noch eine Aufgabe vor sich hatte, bevor sie Knoxville wieder verlassen und nach Florida zurückkehren würde. Sie musste Gage beibringen, wie man richtig lebte, bevor es zu spät war. Glücklicherweise hatte sie im Zusammenleben mit ihrem Vater gelernt, dass auch der Weg wichtig war und nicht nur das Ziel . Es gab mehr im Leben als nur Arbeit, und das war etwas, was Gage unbedingt lernen musste.
Sobald Gage am Montagvormittag den Sitzungsraum verlassen hatte, griff Lauren nach ihrem Rucksack unter dem Tisch. Sie hatten hart gearbeitet, und Gage hatte Laurens Ergebnisse immer wieder streng überprüft und zu seiner Überraschung kaum einen Fehler gefunden. Dann war er gegangen, um sich von dem Chef der Firma zu verabschieden, während Lauren noch schnell die fällige Rate für ihr kleines Flugzeug per Internet überweisen wollte, bevor sie sich zum Flugplatz aufmachten. Eigentlich hatte sie das schon morgens erledigen wollen, aber Gage hatte andere Vorstellungen gehabt, wie sie die letzte Stunde in ihrem gemütlichen Hotelzimmer verbringen sollten. Danach hatten sie sich beeilen müssen, um nicht zu spät zu kommen. Lauren schloss die Augen
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