Verfuehrung wie in 1001 Nacht
seid eben die Farbtupfer, die alldem hier Leben verleihen.“
Als die beiden sie zweifelnd ansahen, fügte Johara hinzu: „Ich könnte so kräftige Farben niemals tragen, und Amir weiß das. Aber euch stehen sie wunderbar, das sage ich als Profi. Ich würde euch nie etwas Blasseres oder Helleres empfehlen. Ich kann es gar nicht erwarten, Kleider für euch zu entwerfen.“
„Ich dachte schon immer, dass ich dich bestimmt gut leiden könnte, wenn ich dich besser kennen würde“, sagte Laylah und umarmte sie. „Und jetzt mag ich dich sehr .“
Auch Aliyah umarmte sie. „Ich mag dich längst. Schon deshalb, weil du Amir so sehr liebst.“
Sie sah Aliyah an und begriff, dass diese inzwischen keinen Verdacht mehr gegen sie hegte.
Als Johara spürte, wie ihr die Tränen kommen wollten, zwang sie sich, sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren.
Denn sie würde Amir nicht mit rot geweinten Augen und verwischtem Make-up gegenübertreten.
Der Reichtum und die Pracht des Palasts zogen bald ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich.
Hier war sie zu Hause gewesen, hier hatte sie ihre Kindheit verbracht – die schönste Zeit ihres Lebens.
Und hier war außerdem die künstlerische Begabung zum Leben erwacht, die sie von ihren Eltern geerbt hatte. Damals waren sie aus dem vergleichsweise nüchternen New Jersey in dieses orientalische Wunderland gekommen. Vom ersten Tag an hatten die persischen und osmanischen Einflüsse Joharas Fantasie beflügelt.
Der Palast war im siebzehnten Jahrhundert von Tausenden von Künstlern und Handwerkern innerhalb von drei Jahrzehnten gebaut worden.
Johara hatte schon immer deutlich gefühlt, wie geschichtsträchtig dieser altehrwürdige Ort war.
So wie Auseinandersetzungen und Triumphe des Königshauses über die Jahrhunderte hinweg die Haltung und den Charakter Amirs und seiner Familie mitgeprägt hatten, so kündete auch der Palast von Zohayds Größe, Macht und Reichtum.
Aber was war das alles noch wert – ohne die echten Kronjuwelen?
„So. Wir sind da.“
Vor sich sahen sie das Tor zur Zeremonienhalle, in der Amir sich eine Braut hätte aussuchen sollen. An jenem Abend hatte sich Johara überhaupt nicht wohlgefühlt – und doch erschien es ihr wie ein Wunder, dass sie jetzt wieder vor dem Saal stand.
Natürlich hatte sie als Kind nicht an Zeremonien teilnehmen dürfen. Aber wenn alles ruhig war, hatte Amir sie, so oft sie wollte, mit in den Saal genommen. Sie hatte bleiben dürfen, solange sie Lust dazu gehabt hatte.
In dieser Zeit hatte die ganze Pracht nur ihr allein gehört! Unzählige Einzelheiten hatte sie in Zeichnungen festgehalten: Wandgestaltungen, kostbare Einlegearbeiten, kunstvolle Schriftzüge …
In der achteckigen Halle bündelte sich gewissermaßen alle Erhabenheit und Größe. Hier, in der Mitte der Palastanlage, wurde die Macht des Königshauses am deutlichsten greifbar.
Über der Halle spannte sich eine mächtige Kuppel aus weißem Marmor, und die Wände waren mit feinsten Arabesken bedeckt. Acht hohe Säulen waren mit Bögen verbunden. Darüber lag eine weitere Bogenreihe mit Balkonen dahinter. Hier hatte Johara das perspektivische Zeichnen gelernt.
Vor dem bronzebeschlagenen zweiflügeligen Tor, das mit silbernen und goldenen Motiven verziert war, hörte man die Musik lauter.
Es war die typische Musik Zohayds, mit arabischen und indischen Anklängen, die mit orientalischen Instrumenten gespielt wurde.
Wie um sie willkommen zu heißen, drangen die Klänge Johara entgegen, zusammen mit dem betörenden Duft köstlicher Essenzen.
Vier Bedienstete in schwarzer goldbestickter Kleidung öffneten langsam die schweren Torflügel.
Vor Verblüffung blieb Johara bewegungslos stehen.
Sie war davon ausgegangen, dass die Hochzeit nur zwei Zwecken dienen würde: zum einen, um ihre angebliche heimliche Heirat öffentlich bekannt zu machen. Und zum anderen, damit sie plangemäß an die gefälschten Juwelen herankam.
Aber mit dem, was sie jetzt vor sich sah, hatte sie nicht gerechnet …
Vom Schwung ihrer Begleiterinnen wurde sie über die Schwelle in eine andere Welt gedrängt. In ein lebhaftes und festliches Gepränge aus Tausendundeiner Nacht.
In allen Bögen hingen Fackeln und Räuchergefäße. Wunderbare weiße und gelbe Rosen mit üppigem Blattwerk verzierten die Wände. Die Säulen waren in feinste bronzefarbene Seide voller Silberquasten und Goldverzierungen eingeschlagen. Auf dem Marmorfußboden waren glitzernde goldfarbene Pailletten verteilt.
Der ganze
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