Verfuehrung wie in 1001 Nacht
unbarmherzigen Augen. Sie versuchte zu erraten, was er womöglich noch vorhatte, und zeigte ihm vorsichtshalber die Zähne – unauffällig, aber als deutliche Warnung.
„Wenn meine künftige Schwägerin das sagt …“ Amjad tat, was er so oft machte: Jemanden anschauen und dabei in der dritten Person von ihm sprechen. Auf diese Weise drängte er den Betreffenden aus dem Gespräch. „Sieht so aus, als hättest du eine gute Beschützerin, Berj. Und überleg dir das noch mal – mit deiner hohen Meinung von mir. Wir wollen doch nicht gut von mir reden, oder?“
Ihr Vater lächelte wie jemand, der nicht wirklich verstanden hat, worum es in der Unterhaltung geht, sich aber nicht traut, nachzufragen.
Amjad betrachtete den atemberaubend schönen Halsschmuck aus – falschen – weißen und gelben Diamanten, der Johara fast bis zum Dekolleté reichte. „Was meinst du, Berj? Was ist der wahre Stolz von Zohayd? Das hier oder deine Tochter?“
Dabei berührte er die Kette.
Beherzt trat Johara ihm auf den Fuß.
Amjad ließ sich zuerst nichts anmerken, als sich der Absatz hineinbohrte.
Er lächelte nur listig.
Die kleine Auseinandersetzung war von allen unbemerkt geblieben. Deshalb zuckte Berj zusammen, als Amjad plötzlich den Kopf in den Nacken warf und schallend lachte. Es klang wie der Schrei eines Raubtiers, sodass Johara regelrecht Angst bekommen hätte, wenn sie nicht so wütend gewesen wäre.
Gerade wollte sie ihm zuflüstern, dass er gefälligst ihre Vereinbarung einhalten sollte. Sonst würde sie vor offensichtlicheren Maßnahmen nicht zurückschrecken …
Aber da erhob sich mit einem Mal ein Stimmengewirr, das die Musik in den Hintergrund drängte und es Johara unmöglich machte, etwas zu sagen.
Alle Aufmerksamkeit wandte sich einem einzigen Punkt zu, und sofort wusste sie: Da kam Amir!
„Dieser Angeber!“, sagte Amjad leise. „Genieße ruhig alles“, flüsterte er Johara zu. „Aber nicht so sehr, dass du vergisst, worum es eigentlich geht.“
„Und vergiss du nicht, dass meine Spezialeinheit vor der Tür wartet.“
Hassan, der ebenfalls an ihre Seite getreten war, lächelte ihr ermutigend zu und stieß Amjad leicht ein Stück zurück. Mit einer Kopfbewegung bedeutete er Berj und Johara, vorauszugehen.
Als sie die Stufen auf der entgegengesetzten Seite hinabstiegen, wurde das Licht langsam dämmriger, bis ihnen nur noch ein einziger Scheinwerfer folgte, der schließlich Johara anstrahlte. Dadurch konnte sie nicht einmal sehen, wohin sie ihren Fuß als Nächstes setzte.
Ihr Herz, das immer heftiger klopfte, verriet ihr eindeutig, dass sie sich auf Amir zubewegte. Sie spürte, dass er sie ansah und im Geiste liebkoste. Und dass er sie liebte.
Und trotz der Dunkelheit, die sie umgab, öffnete sie ihm ihr Herz und ließ ihn tief in ihre Seele blicken. So zeigte sie ihm ihre Dankbarkeit für dieses wunderschöne Fest.
Auch wenn eine so große Feier sie etwas einschüchterte, verstand sie doch, dass es seine Art war, seinen Stolz auf sie, seine Braut, der ganzen Welt zu zeigen.
Und noch etwas war ihr klar: dass dadurch mit Sicherheit bereits politische Nachteile entstanden waren.
Von den Stämmen und Familien, mit denen die Verhandlungen geführt worden waren, war niemand anwesend. Das ließ nichts Gutes ahnen.
Aber im Augenblick erlebte sie dank Amir Wunder über Wunder. Und nichts davon würde sie je vergessen.
Die Musik spielte schneller, und aus dem Scheinwerferlicht, das Johara anstrahlte, waren zwei geworden. Als sich das zweite langsam von ihr entfernte, sah sie ihm nach.
Dann richtete es sich auf Amir.
Johara blieb so abrupt stehen, dass auch ihrem Vater nichts anderes übrig blieb. Amjad und Hassan hinter ihnen konnten gerade noch rechtzeitig anhalten. Aber all das zählte nicht. Nur auf Amir kam es an.
So hatte sie ihn noch nie gesehen. Dabei hatte sie schon immer gedacht, dass er wie ein Wüstengott der Gegenwart aussah.
Jetzt aber trug er traditionelle Kleidung, die seiner Herkunft und seinem Status entsprach – und in der sich die lange Geschichte seines Landes, Ritterlichkeit und Kunst vollendet ausdrückten.
Die Herrlichkeit seiner Erscheinung ließ sich kaum in Worte fassen.
An seinen Augen erkannte sie, dass nur eines ihn im Moment interessierte: ihr Mann zu werden.
Wie magisch angezogen, ging sie langsam weiter.
Im Scheinwerferlicht schimmerten seine dunklen, halblangen Haare wie Mahagoniholz, und die braunen Augen wirkten noch lebhafter und feuriger als sonst. Nie
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