Verfuehrung wie in 1001 Nacht
alles geändert hatte: Seit dem Streit mit Aram war es immer weiter bergab gegangen.
Bis dahin hatte Amir unbeschwert gelebt und einer glänzenden Zukunft entgegengesehen.
Schon damals hatte er im Grunde gewusst, dass von ihm als Prinzen eines Tages eine standesgemäße Heirat erwartet wurde. Aber er hatte den Gedanken immer verdrängt. Schließlich hatte er noch zwei ältere Brüder, die in der Thronfolge vor ihm standen. Wenn einer von ihnen oder beide eine politisch motivierte Ehe eingingen …
Und tatsächlich hatte Amjad, der Kronprinz, eine solche Ehe aus Staatskalkül geschlossen – die in einem Desaster geendet hatte.
Die Braut war bereits schwanger zur Hochzeit gekommen. Sie hatte geplant, Amjad zu töten und das Kind als seines auszugeben. So hätte sie den Rang einer Prinzessin behalten und wäre zudem Mutter des neuen Thronerben gewesen.
Als sich Amjad von ihr hatte scheiden lassen, hatte es einen Skandal gegeben, über den immer noch geredet wurde.
Danach war Amjad um die Welt gereist, um internationale Kontakte zu knüpfen. Er war als einflussreicher Mann zurückgekehrt, der mehr Macht in seiner Person vereinigte als das gesamte übrige Zohayd.
Niemand würde es wagen, von ihm eine weitere Heirat aus Vernunftgründen zu verlangen. Wenn er den Thron bestieg, würde er seinen Bruder Hassan – und nach ihm Amir – als Nachfolger bestimmen. Das hatte er öffentlich erklärt.
Was Hassan betraf, so würde es seine Position nur schwächen, wenn er sich mit einem der Wüstenstämme durch Heirat verbinden würde.
Er war der beste Innenminister geworden, den Zohayd je gehabt hatte. Besonders auf dem Gebiet der Staatssicherheit hatte er sich einen Namen gemacht. Daher war Neutralität für ihn wichtig.
Mit seinen sechsunddreißig Jahren hatte Hassan viele Beziehungen zu Frauen gehabt, ohne sich ernsthaft zu verlieben. Wenn er dennoch je heiraten wollte, stand es ihm frei, allein nach seinem Herzen zu entscheiden.
Also blieb nur Amir, der mit einer passenden Heirat den Zusammenhalt der verschiedenen Gruppen sichern sollte. Denn er war der letzte Sohn des Königs und einer wahren Königin von Zohayd mit edler Herkunft.
Seine beiden Halbbrüder hatten Sondoss zur Mutter, die jetzige Gemahlin des Königs, die aus Azmaharia stammte. Daher wurden Haidar und Jalal für weniger würdig erachtet, die Linie des Königshauses fortzuführen und die Stämme zu einen.
Seit Jahren wusste Amir, dass er seinem Schicksal nicht entgehen würde. Aber statt sich an die Vorstellung zu gewöhnen, litt er immer mehr darunter.
Über ihm schien ein Damoklesschwert zu hängen …
Vor Kurzem, genauer gesagt am Tag nach seinem vierunddreißigsten Geburtstag, hatte er beschlossen, dem unerträglichen Schwebezustand ein Ende zu setzen.
Sofort hatte er mit seinem Vater gesprochen, damit eine Auswahl der Heiratskandidatinnen getroffen werden konnte, die infrage kamen. Bereits am folgenden Tag hatten die Medien darüber berichtet. Wenn einer der begehrtesten adligen Junggesellen eine Braut suchte, bedeutete das eine regelrechte Sensation.
Und hier stand Amir nun und ließ diese Abschiedsparty über sich ergehen.
Er sah auf die Uhr und stutzte. War er tatsächlich erst wenige Minuten hier? Dabei erschien es ihm, als hätte er hundert Menschen die Hand geschüttelt.
Genug. Er würde sich verabschieden und diesen Albtraum von Party verlassen. Aidan war so gut gelaunt, dass es ihm vermutlich nicht einmal viel ausmachen würde.
Gerade als Amir den Entschluss gefasst hatte und sich nach seinem Freund umwandte, stockte ihm der Atem. Da stand … sie !
Im Moment dieses plötzlichen Erkennens schien die Welt stillzustehen. Überwältigt sah er in ein Paar unglaublich dunkler Augen, als gäbe es die vielen Menschen in dem vollen Raum schlichtweg nicht.
Amir wusste nicht, wie lange er so dastand. Ihm erschien es wie ein Stück Unendlichkeit. Mit allen Sinnen empfand er Nähe zu einem anderen Menschen – trotz der Entfernung, die sie noch trennte. Zum ersten Mal seit zwölf Jahren spürte er in sich Wärme und … Leben!
Wie unter Zwang folgte er seiner inneren Stimme und ging auf sie zu.
Die Menge teilte sich, als hätte Amirs Sehnsucht sich ihren Weg gebahnt. Plötzlich verstummte die Musik, und die Stille unterstrich die Bedeutung dieses Augenblicks.
Kurz vor ihr blieb er stehen und betrachtete sie von Kopf bis Fuß.
Er sog ihren Anblick ein, wie um sie nie mehr zu vergessen.
Gold- und bronzefarbene Locken fielen über ihre
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