Verfuehrung
lehnte sich im Stuhl zurück, um ihr Gesicht zu betrachten. »Ich habe beschlossen, deine Bitte zu gewähren.«
Uberschäumende Freude packte Sophy. Sie strahlte ihn beglückt und voller Erleichterung an. »Oh, Julian, danke. Ich verspreche dir, das wirst du nicht bereuen. Du warst sehr nachsichtig in dieser Sache, und ich habe deine Großmut wahrscheinlich nicht verdient, aber ich möchte dir versichern, daß ich entschlossen bin, deine Erwartungen von einer Ehefrau zu erfüllen.«
»Das verspricht zumindest interessant zu werden, wenn auch sonst nichts dabei rauskommt.«
»Julian, bitte, ich meine das ganz ernst.«
Sein rares Lächeln war kurz zu sehen. »Ich weiß, ich seh deine Absicht in deinen Augen. Und das, meine Liebe, ist der Grund, warum ich dir eine zweite Chance gebe. Ich hab es dir schon einmal gesagt, deine Augen sind sehr leicht zu lesen.«
»Ich schwöre dir, ich werde eine mustergültige Ehefrau werden. Es ist wirklich sehr lieb von dir, den äh... Vorfall in Eslington Park zu übersehen.«
»Ich schlage vor, keiner von uns beiden verliert mehr ein Wort über dieses Debakel.«
»Eine ausgezeichnete Idee«, stimmte ihm Sophy bereitwillig zu.
»Sehr gut, dann ist das hiermit erledigt. Dann fangen wir wohl am besten gleich an, diese Mann und Frau Geschichte zu praktizieren.«
Sophys Augen wurden ganz groß vor Angst und ihre Handflächen feucht. Sie hatte nicht erwartet, daß er sich mit so unziemlicher Hast der intimen Seite ihrer Beziehung zuwenden würde. Es war ja schließlich erst elf Uhr morgens. »Hier, Mylord?« fragte sie leise und sah sich verdutzt die Einrichtung der Bibliothek an. »Jetzt?«
»Definitiv hier und jetzt«, Julian schien ihr erstauntes Gesicht gar nicht bemerkt zu haben. Er war damit beschäftigt, in einer Schreibtischschublade zu kramen. »Ah, da wären wir.« Er zog eine Handvoll Briefe und Karten heraus und reichte sie ihr.
»Was ist denn das?«
»Einladungen. Du weißt schon: Empfänge, Parties, Soirees, Bälle. Solche Geschichten. Sie bedürfen einer Antwort. Ich hasse es, Einladungen auszusortieren, und mein Sekretär hat momentan Wichtigeres zu tun. Such dir ein paar aus, die dir interessant scheinen und schicke den anderen eine Absage.«
Sophy warf einen verwirrten Blick auf den Stapel Karten in ihrer Hand. »Das soll meine erste Pflicht als Ehefrau sein, Mylord?«
»Korrekt.«
Sie wartete einen Augenblick und fragte sich, ob sie nun erleichtert oder enttäuscht war. Es mußte wohl Erleichterung sein. »Ich mache das natürlich gern, Julian, aber du solltest eigentlich am besten wissen, daß ich sehr wenig Erfahrungen in gesellschaftlichen Dingen habe.«
»Sophy, das ist eine deiner liebenswertesten Eigenschaften.«
»Danke, Mylord. Ich wußte doch, daß ich irgendwo noch ein paar haben muß.«
Er warf ihr einen mißtrauischen Blick zu, vermied es aber, einen Kommentar abzugeben. »Wie es der Zufall will, habe ich eine Lösung für das Dilemma, in das uns deine Unerfahrenheit bringt. Ich werde dich mit einem professionellen Führer ausstatten, der dich durch die Wildnis der Gesellschaftswelt hier führt.«
»Einen Führer?«
»Meine Tante, Lady Frances Sinclair. Du kannst sie ruhig Fanny nennen. Das machen alle, auch der Prinz. Ich glaube, du wirst sie sehr interessant finden. Sie bildet sich ein, sie wäre ein ziemlicher Blaustrumpf, glaube ich. Sie und ihre Gefährtin haben jeden Mittwoch nachmittag einen kleinen Jour Fixe intellektuell veranlagter
Damen. Sie wird dich wahrscheinlich in ihren kleinen Club einladen.«
Sophy hörte, wie amüsiert herablassend er klang und lächelte heiter. »Ist ihr kleiner Club so ähnlich wie die Herrenclubs, in denen man trinken und wetten und sich zu jeder Tages- und Nachtzeit amüsieren kann?«
Julian warf ihr einen grimmigen Blick zu. »Ganz bestimmt nicht.«
»Wie enttäuschend. Aber wie dem auch sei, ich bin mir sicher, deine Tante werde ich mögen.«
»Du wirst gleich die Gelegenheit haben, das herauszufinden.« Julian warf einen Blick auf die Bibliotheksuhr. »Sie müßte jede Minute eintreffen.«
Sophy war sprachlos. »Sie kommt heute morgen zu Besuch?«
»Ich fürchte ja. Sie hat vor einer Stunde Nachricht geschickt, daß wir sie erwarten können. Sie wird ohne Zweifel mit ihrer Gesellschafterin Harriette Rattenbury kommen. Die beiden sind unzertrennlich.« Julian verzog spöttisch den Mund. »Meine Tante kann es gar nicht erwarten, dich kennenzulernen.«
»Aber woher weiß sie denn, daß ich in
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