Verfuhrt auf dem Maskenball
Schließlich hat fast jeder, den wir kennen, ein oder zwei Bastarde. Aber es gefällt ihm nicht sehr, dass wir Miss Fitzgerald hier im Haus aufgenommen haben.“
„Hast du ihm nicht gesagt, dass ich es für das Beste halte, meinen Sohn nicht von seiner Mutter zu trennen?“ Tyrell fragte sich, wie lange diese schwache Ausrede wohl genügen könnte. Unter ähnlichen Umständen würde eine adlige Familie meist den illegitimen Nachwuchs bei sich aufnehmen, die leibliche Mutter aber mit einer Entschädigung außen vor lassen. Wäre Ned tatsächlich sein Sohn und seine Mutter nicht gerade Elizabeth, sondern irgendeine ehemalige Geliebte, dann hätte er auch genau das getan.
„Doch, das tat ich, aber er widersprach, und er hat recht. Seiner Meinung nach könnte ihre Gegenwart eine Beleidigung für seine Tochter darstellen, und ich muss ihm zustimmen.“
Vor Tyrells innerem Auge erschienen Bilder des heutigen Nachmittags, und beinah glaubte er, ihre Lippen wieder zu schmecken und ihre vollen Brüste unter seinen Händen zu spüren. Der Gentleman in ihm stimmte mit seinem Vater und seinem zukünftigen Schwiegervater überein, aber in ihm gab es auch eine dunkle Seite, die Elizabeth Fitzgerald zu wecken verstand. Denn keineswegs hatte er die Absicht, sie fortzuschicken, dazu war er zu selbstsüchtig. Aber bestimmt war ein Kompromiss möglich?
Es gab nur wenige Männer in seiner Position, die sich keine Mätresse hielten, nur sein Vater bildete eine Ausnahme von dieser Regel. Und obwohl er seinen Vater immer dafür bewundert hatte, dass er der Countess die Treue hielt, so war ihm doch schmerzlich bewusst, dass es eine solche Treue in seiner Ehe nicht geben würde.
„Vater, ich habe mich entschieden. Es wird mir ein Vergnügen sein, mit Lord Harrington zu sprechen. Gewiss kann ich die Zweifel zerstreuen, die er möglicherweise hegt. Ich habe keineswegs die Absicht, meine Verlobte zu beleidigen. Meine Absicht ist lediglich, das zu tun, was für meinen Sohn das Beste ist.“
„Ich habe ihm gegenüber bereits angedeutet, dass dies nur eine vorübergehende Situation ist. Ich sagte ihm, dass du Miss Fitzgerald fortschicken wirst, sobald sich Ned an sein neues Leben gewöhnt hat.“
„Vielen Dank“, sagte Tyrell. Das würde Blanches Vater gewiss für den Augenblick beruhigen.
„Du bist ein erwachsener Mann, Tyrell, und das schon seit zehn Jahren. Ich weiß, dass du in der Lage bist, deine eigenen Entscheidungen zu treffen – und deine eigenen Fehler zu begehen. Und ich denke, wir wissen beide, dass dies ein Fehler ist. Miss Fitzgerald liegt nicht im Interesse von Adare.“
Tyrell straffte die Schultern, denn er vermutete, dass der Earl recht hatte. „Sie hat mit Adare nicht das Geringste zu tun“, sagte er in einem Tonfall, der seinen Vater warnen sollte, das Thema auf sich beruhen zu lassen. „Ich habe nicht die Absicht, meine Pflichten zu vernachlässigen.“
„Ich weiß, du wirst weder mich noch Adare jemals enttäuschen.“ Der Earl überlegte einen Moment. „Liebst du sie?“
Tyrell erschrak. „Natürlich nicht.“
Der Earl trat näher. Es verging ein Moment, ehe er sprach. „Tyrell, deinen Verstoß gegen die Etikette verstehe ich einfach nicht.“
Tyrell wusste, sein Vater spielte nicht auf seinen Wunsch an, Miss Fitzgerald diese Woche auf Adare zu behalten, und ganz gewiss auch nicht auf seinen Wunsch, sie zu seiner Mätresse zu machen. „Bitte verlange von mir keine Erklärung“, entgegnete er finster. „Es gibt nichts, womit ich rechtfertigen könnte, die Situation damals so ausgenutzt zu haben. Es tut mir sehr leid, Vater. Es tut mir leid, dich enttäuscht zu haben.“
Der Earl sah ihn erstaunt an. „Wie eigenartig. Sie behauptet, die ganze Angelegenheit sei ihre Schuld und sie hätte dich verführt.“
Tyrell war so erschrocken, dass er beinah die Fassung verloren hätte. Warum sollte Elizabeth so etwas behaupten?
„Wieso versucht sie, dich zu beschützen?“, fragte der Earl leise.
Tyrell überlegte. Es war nicht wahrscheinlich, dass sie ihn verteidigen wollte. Es musste sich um irgendeinen neuen Trick handeln. Aber er kam nicht dahinter, welchen Sinn das haben sollte. „Ich weiß es nicht. Die Schuld liegt bei mir – ganz allein bei mir.“
„Es ist mir nicht möglich, das zu verstehen. Ich kenne dich zu gut. Selbst wenn sie verkleidet war – du würdest doch niemals eine unschuldige junge Lady anrühren!“
Tyrell wandte sich ab. „Ich wiederhole es – es gibt keine
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