Vergangene Narben
Diese Stimme kannte ich nicht.
„Levi hat sich nicht wie ein blutiger Anfänger benommen“, knurrte Alexia. „Er hat nur nicht damit gerechnet, dass da noch ein weiterer von diesen Arschlöchern ist.“
„Ja, und deswegen hat er jetzt Kopfschmerzen.“ Und noch ein Kichern. „Ein Glück für ihn, das Cyrill nicht so unaufmerksam ist.“
Ich griff nach meinen Shampoo, und nahm den herrlichen Yasminduft war, der der Flasche entströmte, bevor ich mir davon einen Klecks auf die Hand drückte, und meine Haare damit einschäumte. Ich liebte Yasminduft. Das einzige was besser war, war Flieder, aber den bekam man so selten.
„Hör auf so zu kichern. Das konnte doch nur passieren, weil Cyrill den Raum nicht richtig gesichert hatte.“ Sie seufzte. „Das sind so Momente, in denen ich mir Raphael zurück wünsche. Mit ihm ist sowas niemals passiert.“
Ich hielt mitten in der Bewegung inne. Raphael? Sprachen die da etwas von meinem Vater? Raphael war ja schließlich kein sehr weit verbreiteter Name.
Etwas zögernder Wusch ich mir die Haare aus, und nahm das Duschgel, lauschte dabei auf jedes folgende Wort.
„Aber Raphael ist bereits vor Jahren ausgestiegen, um sich dem erholsamen Familienleben zu widmen.“ Die Fremde kicherte wieder – da hatte wohl jemand zu viele Kichererbsen gefuttert. „Zwar ist er im Moment aus was weiß ich für Gründen im HQ, aber nicht um uns wie früher bei der Bekämpfung der Sklars zu helfen.“
Einen Moment blieb es still.
„An so einem Familienleben gibt es nichts auszusetzten“, sagte Alexia etwas ruhiger.
„Das hab ich auch nicht behauptet. Ich sage nur, dass Raphael an Biss verloren hat. Er ist eingerostet.“ Die Dusche wurde abgedreht, und gleich darauf quietschte die Tür zu einer Kabine. Frottee raschelte, wurde über Haut gerieben, dann wurde auch die zweite Brause abgedreht. „Du musst nur mal überlegen. Früher hat Raphael niemals gezögert. Egal wo er aufgetaucht ist, es war als wäre er Gevatter Tod persönlich. Kein Sklar der sich ihm in den Weg gestellte hat, hat jemals wieder das Tageslicht gesehen.“
„Du meinst wohl, er hat überhaupt nie wieder was gesehen, weil Tote selten etwas sehen können“, verbesserte Alexia die andere Frau. Wieder ein quietschen, einer sich öffnenden Kabinentür. Dann patschten zwei paar Füße durch den Raum, während ich langsam die Arme sinken ließ, und kaum glauben konnte, was ich da hörte. Das konnte nicht stimmen, da musste eine Verwechslung vorliegen.
„Aber genau das ist es doch, was ich gesagt habe“, erwiderte die unbekannte Frau. „Raphael war der Wahnsinn, aber wenn er jetzt wieder anfangen würde, dann wäre er es, der demnächst tot ist. Ich hab ihn vor zwei Tagen mit Miguel trainieren sehen. Der ist so oft auf der Matte gelandet, dass es schon peinlich war.“
Wieder rieb Frottee über Haut. „Er hat jetzt eben andere Prioritäten als früher“, sagte Alexia. „Tarajika und seine Tochter sind ihm jetzt wichtiger.“
„Dagegen sag ich ja gar nichts. Ich finde es einfach nur eine Verschwendung von Talent. Ich meine, andere haben auch Familie, und setzte sich für unsere Sache ein, aber Raphael ist von heute auf morgen ausgestiegen, und keiner weiß so genau warum. Er ist einfach so mir nichts, dir nichts verschwunden, und das obwohl wir ihn eine seine Fähigkeiten so gut gebrauchen könnten.“ Sie schwieg einen Moment. „Natürlich nur, wenn er wieder zu alter Form findet.“
„Du kannst ihn ja fragen, ob er wieder mitmachen will.“
Schritte kamen an meiner Kabine vorbei. Die Tür knatschte, und dann war ich allein. Zwar hörte ich die Stimmen noch aus dem Nebenraum, aber ich nahm sie nicht mehr so wirklich wahr. Zu laut waren die Gedanken in meinem Kopf.
Egal wo er aufgetaucht ist, es war als wäre er Gevatter Tod persönlich.
Weil Tote selten etwas sehen können.
Er hat jetzt eben andere Prioritäten als früher, Tarajika und seine Tochter sind ihm jetzt wichtiger.
Hieß das, dass mein Vater getötet hatte? Für die Drachen? Aber, er war doch kein Mörder, oder? Nein, das konnte nicht sein. Papa war so ein liebevoller Kerl, der konnte doch keiner Fliege etwas zuleide tun. Aber diese Frauen, sie hatten so selbstverständlich darüber gesprochen, so als wäre das völlig normal jemanden zu töten, als wäre es selbstverständlich, dass mein Vater das getan hatte. Einfach Leben auslöschen, eiskalt, so als würde es nichts bedeuten.
Natürlich, ich wusste das mein Vater früher bei der Bekämpfung gegen
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