Vergangene Narben
trug. Ich ließ ihn machen, schließlich hatten Schuhe im Bett ja wirklich nichts zu suchen. Außerdem lag meine Aufmerksamkeit gerade auf Ayden. Nur das er seine Hände anschließend nicht wegnahm, sondern mir den Fingern immer wieder sanft über meine Fußknöchel strich, fand ich dann doch seltsam.
„Alles. Du wusstest das mit meinem Vater, du hast sicher auch das andere gewusst. Du hast gesagt, dein Vater hat dir alles gesagt, du wusstest es die ganze Zeit, und ich habe keine Lust auf weitere Überraschungen.“
Ich warf einen Blick auf Cio, der unseren Worten aufmerksam, wenn auch still, lauschte.
„Er wird nichts sagen. Cio kann Geheimnisse für sich bewahren.“
„Ich weiß.“ Ich drückte die Lippen kurz zusammen. „Aber Cheyenne hat gesagt …“
„Bitte, Zaira, erzähl es einfach.“
Verdammt, warum nur hatte ich herkommen müssen? Ich wollte nicht schon wieder der Auslöser für eine weitere Eskalation sein. „Vielleicht solltest du lieber mit deiner Mutter darüber sprechen.“
„Du meinst wohl,
unserer
Mutter.“
Mein Blick flog zu Cio, der mich mit einem verwirrten Ausdruck ansah, aber er sagte immer noch nichts.
„Sag mir einfach was ich wissen will“, bat er erschöpft. Der Abend musste ich geschafft haben, wenn auch nur vom Kopf her.
Mist. „Die ganze Geschichte?“
„Alles.“
Und noch mal: Mist. „Na schön.“ Ich seufzte, und entsann mich dem, was mein Vater mir mein Leben lang Stück für Stück erzählt hatte, bis die ganze Geschichte für mich ein Bild ergeben hatte. „Alles begann noch vor Cheyennes Geburt, als ihr Vater sich in eine Menschenfrau verliebte“, begann ich meine Geschichte, und erzählte ihm dann wirklich alles. Von Cheyenne, von Sonora, der Tochter des Markis, wie mein Vater zum ersten Mal meiner Erzeugerin begegnet war, und auch warum.
Keiner der beiden Jungs unterbrach mich auch nur einmal. Ayden hörte einfach still zu, während Cios Augen mit jedem Satz größer zu werden schienen. Es war ihm anzusehen, dass ihm mehr als eine Frage auf der Zunge lag, doch er hielt den Mund – schon ziemlich ungewöhnlich für ihn.
Ich erzählte ihnen, wie Cheyenne ins Schloss gekommen, und wie sie Sydney getroffen hatte. Wie sie aufgrund der Grausamkeit der damaligen Regenten hatte abhauen müssen, und wieder mit meinem Vater zusammengekommen war. Ich erzählte von den nächsten gemeinsamen Jahren, bevor das Schicksal so grauenhaft zugeschlagen hatte, und was in der die Folgen waren.
Die Schandtaten von Markis Jegor Komarow, von König Nikolaj, von Sydney, meinem Vater, von allen erzählte ich ihnen, und war gerade an dem Punkt angekommen, als mein Vater mit dem Wohnwagen auf den Hof der Werwölfe gezogen war, als plötzlich die Tür zu Cios Zimmer aufging. Ohne anklopfen, wohl bemerkt.
Mein Kopf wirbelte herum, Cios Blick war nur mäßig interessiert, und Ayden wirkte einfach nur verärgert über die Unterbrechung.
Da stand Iesha im Türrahmen, und das Erstaunen in ihrem Gesicht wich sehr schnell wütender Verärgerung, als sich mich im Bett ihres Freundes bemerkte, wie ich hier die Beine über ihn gelegt hatte.
„Was gibt´s?“, wollte Cio völlig unbeeindruckt von ihrem Auftauchen wissen.
„Was es gibt?“, knurrte Iesha, und knallte die Tür lautstark zu, während sie mich mit einem mörderischen Blick bedachte. „Das sollte ich wohl lieber dich fragen. Was hat diese verdammte Flittchen in deinem Bett zu suchen?!“
Hey! Ich war kein Flittchen. Ich hatte in meinem Leben garantiert weniger Sex gehabt als sie. Und auch weniger Sexualpartner. Allein in diesem Raum waren zwei von ihr, und wer wusste schon, wie viele sie sonst noch hatte. Selber Flittchen.
„Ich weiß nicht von wem du redest“, gab Cio ganz ruhig zurück. „Ich sehe hier kein Flittchen in meinem Bett. Und glaub mir, das wäre mir sicher aufgefallen.“
Das waren definitiv die falschen Worte gewesen. Iesha sah aus, als wollte sie gleich in die Luft gehen. „Ich rede von dieser Vampirschampe da, die sich schon fast an dir reibt. Diese fette, hässliche Schnalle, mit der fetten Brille, in der hässlichen Visage!“
Okay, das tat weh. Ich wusste dass ich nicht so dünn wie sie war, und auch dass es viel weitaus hübschere Mädchen als mich gab, aber deswegen musste man doch noch lange nicht so ausfallend werden.
„Ich weiß immer noch nicht von dem du redest, Iesha“, erwiderte Cio. „Ich sehe in diesem Zimmer weder ein fettes, noch ein hässliches Mädchen. Ich weiß nicht mal, ob es sowas wie ein
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