Vergangene Narben
besseres zu tun habe?“
„Aber natürlich hast du. Heut` ist dein Geburtstag, es gibt jede Menge zu tun, also hopp, hopp, raus aus den Federn.“ Sie grinste mich unter ihren langen türkisen Haaren frech an – ja, wirklich, sie hatte türkisfarbene Haare. Zur Abwechslung von den langweiligen Grünen, die sie vorher hatte. „Oder ich komme kuscheln.“
„Na dann komm halt kuscheln.“
Das hätte ich wohl besser nicht gesagt. Samt Springerstiefel nahm sie Anlauf, und sprang mit einem Schrei halb auf mich, um mich dann lachend in eine atemnotbringende Umarmung zu ziehen.
Flair nahm hastig Reißaus, und brachte sich am Fußende des Bettes in Sicherheit, während Onkel Tristan mit einem großen Kleiderbeutel über der Schulter zu uns rein schlenderte. Er hatte nur einen kurzen Blick für seine überdrehte Tochter, legte dann den Kleiderbeutel über den nächsten Stuhl, und begrüßte meine Eltern.
„A-li-na! Du erstickst mich gerade!“, protestierte ich kläglich.
„Ja, toll nicht?“
Nein, das war definitiv nicht toll. Ich schob sie so gut es ging von mir runter, rutschte dann so schnell wie möglich aus dem Bett, bevor sie noch mal auf so ´ne Idee kam.
Sie grinste mich an, stützte dabei ihren Kopf auf den linken Armstumpf – ja, Armstumpf. Alina hatte nur noch eine Hand. Niemand wusste was mit der anderen passiert war, sie war so schon zu Onkel Tristan, und Tante Lucy gekommen. „Schön, wo du jetzt schon mal aufgestanden bist, lass uns loslegen.“
„Loslegen?“, fragte ich vorsichtig.
„Natürlich. Als erstes zeige ich dir mein Kleid, dann du mir deines. Und du musst mir Cheyenne vorstellen, und den Hof zeigen. Natürlich darfst du auch diesen Typen nicht vergessen.“ Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu. „Du weißt schon welchen.“
Na das war doch jetzt mal unauffällig gewesen. Zum Glück war mein Vater gerade in ein Gespräch mit Onkel Tristan verwickelt. Da konnte ich wenigstens hoffen, dass er das nicht mitbekommen hatte. „Darf ich vorher noch duschen gehen, oder muss ich stinkend den Tag bestreiten?“
„Okay, Duschen ist in Ordnung. Ich gehe derweilen mit Flair eine Runde raus.“ Sie schnappte sich meinen überraschten Hund, bevor der auch nur die Gelegenheit bekam, wegzurennen, und schlenderte mit wippendem Haar zur Tür. „Und mach dir die blaue Farbe aus dem Gesicht. Das sie sieht ja aus, als wenn du ein blaues Auge hast.“
„Vielleicht weil das eines ist?“
Sie wirbelte herum. „Das ist ein blaues Auge? Aber wie … nein, warte, erzähl mir das nachher. Jetzt gehst du erst mal duschen.“ Und schon war sie weg.
Jup, das war meine etwas durchgeknallte Cousine Alina in ihrer ganzen Pracht. Seufz.
Von hinten legte mein Vater mir ein Arm um meine Schultern, und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Alles Gute zum Geburtstag, mein Schatz.“
Auch von Mama und Onkel Tristan gab es Glückwünsche. Und sogar ein kleines Geschenk. Die neuste Vision von WoW. Ich sprang fast an die Decke vor Freude, und am liebsten hätte ich es gleich ausprobiert, doch ich wusste genau, dass Alina nicht lange warten würde. Und da ich keine Lust hatte von ihr aus der Dusche gezerrt zu werden, kramte ich meine Ersatzbrille aus meine Reisetasche, und machte ich mich eilig auf den Weg. Dabei versuchte ich alles was gestern geschehen war aus meinem Kopf zu verdrängen. Ein kleines Liedchen auf den Lippen half dabei ganz gut, und so machte ich mich schon bald frisch geduscht auf den Rückweg ins Zimmer. Doch als ich dort ankam, blieb ich sofort vor Schreck stehen. Das war ein Anblick, mit dem ich absolut niemals nicht in meinem Leben gerechnet hätte, einfach weil meiner Meinung danach kein Grund dazu bestand. Da auf meinem Bett saß Cio, und grinste mir entgegen. Ayden lehnte neben ihm an der Wand, und auch von ihm bekam ich ein Lächeln, wenn auch weitaus vorsichtiger und zurückhaltender. Er wusste wohl noch nicht recht, was er mit der neuen Schwester anfangen sollte. Oder was diese ganze Geschichte für ihn bedeutete. Es war schließlich gerade mal einen halben Tag her, dass er die größten Geheimnisse dieses Hofes erfahren hatte. damit musste er jetzt erst mal zurechtkommen.
„Was macht ihr den hier?“, kam es überrascht über meine Lippen. Ein Geburtstagsständchen wollten sie mir sicher nicht bringen.
„Meine Mutter schickt uns dich zu holen.“
„Dein ganz persönlicher Abholservice, sozu…“ Cio stockte, und runzelte die Stirn. „Ist das ein blaues Auge in deinem Gesicht?“
„Ähm …“
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