Vergangene Narben
Ich warf einen vorsichtigen Blick zu meinem Vater, der die Szene ganz genau beobachtete. Er glaubte wohl immer noch nicht daran, der der junge Umbra unschuldig war.
„Das hattest du aber gestern noch nicht, als du gegangen bist“, musste Ayden seinen Senf auch noch dazu geben.
„Ähm … nein. Das ist auf dem Rückweg passiert. Es war so dunkel, und da bin ich gestolpert, und hingefallen.“
„Aufs Auge?“ Cio klang genauso ungläubig wie mein Vater.
„Ich hatte eine Brille auf“, sagte ich leichthin, und zuckte die Schultern. „Ist halt passiert.“
Dieser Blick, die beiden glaubten mir genauso wenig wie jeder andere, dem ich diese Geschichte auftischte. Irgendwie war das frustrierend. So schlecht war die Story ja nun auch wieder nicht.
Ayden verengte leicht die Augen, sagte aber nichts weiter zu diesem Thema. Stattdessen drückte er sich einfach von der Wand ab. „Gut, dann lass uns gehen.“
„Okay.“ Ich packte noch meine Sachen auf den Tisch – langsam sah es hier aus wie in meinem Zimmer zuhause, aber bei weitem noch nicht so schlimm wie bei Cio –, gab meinen Eltern zum Abschied noch einen Kuss auf die Wange, und verschwand mit den beiden Jungs nach draußen auf den Korridor.
Cio lief vor mir die metallene Treppe hinauf, und grinste zu mir runter. „Wusstest du eigentlich dass ein Mädchen mit verschimmelten Haaren deinen Hund hat?“
Verschimmelte Haare? O-kay. „Das ist meine Cousine Alina.“
„Ah, das neugierige Quietscheentchen vom Telefon. Ich erinnere mich.“ Er erreichte das Erdgeschoss. „Ich hätte sie mir nicht so … so … naja, so vorgestellt.“
„Du meinst so schrill?“ Ich schmunzelte. „Hast sie wohl eher für eine Barbie gehalten, die nichts als heiße Kerle im Kopf hat.“
„Also wenn ich ehrlich bin, ja!“
„Ich finde sie seltsam“, kam es von Ayden, als wir den Korridor zum Ausgang runterschlenderten.
Cio grinste. „Aber auch nur, weil sie dir gesagt hat, dass deine Frisur komisch aussieht.“
Sofort strich Ayden sich über sein Haar, und machte ein finsteres Gesicht. „Nein, ich finde sie einfach nur seltsam.“
„Aber sicher doch“, spottete Cio.
Ayden richtete seinen Blick auf mich. „Sie ist deine Cousine, das heißt, dass ich … also, bin ich mit ihr verwand?“
„Du meinst, ob sie auch deine Cousine ist?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Sie ist nur vom Sagen her meine Cousine. Mein Onkel, und meine Tante haben sie Adoptiert als sie noch klein war. Und, naja, sie sind auch nicht wirklich mein Onkel, und meine Tante. Das ist ein bisschen Kompliziert.“
Weder Cio noch Ayden schien das zu verstehen, aber ich hatte jetzt auch leine Lust das nähr zu erklären. Den Kern der Frage hatte ich beantwortet, Alina war weder mit mir noch mit ihm Blutsverwandt.
Ein paar Drachen kamen uns geschäftig entgegen, und verschwanden gleich darauf in der Hauptzentrale. Um diese Zeit war hier immer viel los. Es schien, als gäbe es immer reichlich zu tun.
Mitten beim Laufen drehte Cio sich zu mir um, und legte den Rückwärtsgang ein – na hoffentlich knallte er nicht mir jemand zusammen. „Wie alt bist du heute eigentlich geworden?“
„Neunzehn.“
„Neunzehn?“ Er pfiff durch die Zähne. „Dann bist du ja älter als ich.“
Ach ja? „Wieso? Wie alt bist du denn?“
„Ich bin seit zwei Monaten stolze achtzehn, also noch jung und knackig, wohingegen du jetzt schon zur Antike gehörst.“
Das brachte ihm einen giftigen Blick ein.
„Aber hey, alt sein ist nicht schlimm, da kann man mit seiner Erfahrung aufwarten.“ Er zwinkerte mir zu. „Erfahrende Frauen haben auch was für sich.“
Was konnte ich an der Stelle noch anderes tun als die Augen zu verdrehen? Genau, gar nichts.
„Als wenn du da mitreden könntest“, kam es da von Ayden.
„Das hab ich nie behauptet. Ich rede hier aus
deinem
Erfahrungsschatz.“ Cio ging ein paar Schritte vor, um mit die Tür aufzuhalten.
Ich nuschelte nur ein „Danke“, und huschte dann eilig an ihm vorbei. Dabei konnte ich nichts dagegen tun, dass mein Blick in die Richtung schnellte, in der ich in der Nacht auf Iesha getroffen war, und meine Stirn bei der Erinnerung wieder anfing unangenehm zu prickeln.
Als Cio dann vor Ayden aus dem HQ trat, machte ich eilig ein paar Schritte zur Seite, weg von ihm. Es war mir klar dass es sehr unwahrscheinlich war, dass Iesha genau in diesem Moment auftauchen würde, aber ich wollte nichts riskieren. Lieber hielt ich Abstand, als noch mal so etwas zu erleben.
„Zaaaiiiraaa!“, rief
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