Vergangene Narben
dass dein Vater im Laufe des Kampfes bewusstlos geschlagen wurde, und sie ihn und deine Mutter dann mitgenommen haben.
Wir haben ihn in der Zwischenzeit zwar gefunden, aber er war leer.
Das heißt, dass sie vorerst von unserem Radar verschwunden sind.
Sie können sich vielleicht verstecken, aber sie können nicht entkommen.
Ich habe auch bereits Hisam in Gewahrsam nehmen lassen.
Hisam, Fujos Großvater. Fujo, mit der ich über meine Mutter gesprochen hatte.
Was hast du dieser Fujo über deine Mutter erzählt?
Die Frage meines Vaters dröhnte mir in den Ohren nach. Plötzlich war ich mir nicht mehr so sicher, dass ich nichts erzählt hatte. War ich an einer Stelle unachtsam gewesen? Hatte ich vielleicht doch etwas preis gegeben, was die Therianthropen auf die Spur meiner Eltern gebracht hatte? War es meine Schuld, dass sie sie gefunden und entführt hatten? Das ich nie wieder Flairs euphorische, kleine Gestalt an mir vorbeiflitzen sehen würde? Würde ich meine Eltern überhaupt jemals wiedersehen?
Sie wollen mich töten.
Oh Gott, wer sagte denn, dass das nicht bereits passiert war? Das sie meine Eltern nur mitgenommen hatten, um sich ihnen schnellstmöglich entledigen zu können, ohne dabei gestört zu werden?
„Hey, nicht weinen.“ Cio legte eine Hand an mein Gesicht, und rieb mit dem Daumen über meine Wange. „Du wirst sehen, es wird alles wieder gut werden. Du musst nur Geduld haben.“
„Kannst du mir das versprechen?“ Ich flehte ihm mit Blicken an. „Kannst du mir versprechen, dass ich meine Eltern wiedersehen werde? Dass sie nicht schon tot sind?“ Zum letzten Wort hin brach meine Stimme weg. Tot wie meine kleine Flair, mein kleiner Sonnenschein, den ich nie wieder sehen würde.
Die Betroffenheit stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Nein“, gab er wahrheitsgemäß zu. „Das einzige was ich dir versprechen kann, ist, dass ich dir bei allem helfen werde, um deine Eltern zu finden. So gern ich möchte, mehr kann ich dir nicht geben.“ Als neue Tränen in meiner Augen traten, zog er mich einfach in die Arme, und drückte mich an sich. „Es tut mir leid.“
Das glaubte ich ihm, aber das half nicht. Nichts konnte helfen, nicht bis ich meine Eltern wieder in die Arme schließen konnte, doch da war es fraglich, ob das jemals geschehen würde. Fest stand nur eines: Sie waren weg, und im Augenblick gab es niemanden, der etwas dagegen unternehmen konnte. Und da half es auch nicht, das Cio mich so umsorgt in den Armen hielt. Ganz im Gegenteil. Wie konnte ich hier sicher und geborgen bei ihm sein, wenn meinen Eltern gerade weiß Gott was wiederfuhr. Scheiße, ich hatte nicht mal den Hauch einer Ahnung, was sie heute schon durchgemacht hatten.
Außerdem hat Herr Weiland noch erwähnt, dass die Endringle offensichtlich auch nach der Tochter des Hauses gesucht haben.
Wäre ich doch nur zuhause geblieben, wie mein Vater es gewollt hatte, dann säße ich jetzt wenigstens nicht in dieser ausweglosen Ungewissheit fest. Sie hätten mich auch mitgenommen. Ich wusste nicht warum, aber sie hätten es getan. „Es ist meine Schuld“, flüsterte ich. „Das sie weg sind, das ist … ich bin dafür verantwortlich.“
„Hey, nein, so darfst du nicht reden.“ Er hielt mich ein Stück von sich, rahmte mein Gesicht mit den Händen ein, damit ich auch ja nicht wegsehen konnte. „Das darfst du nicht mal denken, hast du verstanden? Es ist nicht deine Schuld. Du kannst nichts dafür.“
Er wusste doch nicht, wovon er da sprach. Er hatte keine Ahnung, was ich getan hatte, dass ich mit Fujo über meine Mutter gesprochen hatte, und wahrscheinlich versehendlich etwas preisgegeben hatte, was erst dazu führen konnte, dass sie uns gefunden hatten.
Ich entzog mich Cio, und stand vom Sofa auf. Seine Berührungen, seinen tröstenden Worte, dass alles hatte ich nicht verdient, nicht solange ich nicht wusste, was mit meinen Eltern war.
„Zsa Zsa, du darfst dir keine Vorwürfe machen, du …“
„Bitte geh.“
Er schwieg kurz. Ich konnte seinen Blick in meinem Rücken sehen, wagte es aber nicht mich umzudrehen.
„Willst du das wirklich?“, fragte er leise.
Nein, ich wollte es nicht. Ich wollte dass er bei mir blieb, wollte dass alles wieder in Ordnung war, wollte die Zeit zurückdrehen, aber nichts von dem war möglich. Nur die erste Sache, aber die hatte ich nicht verdient. „Ja“, antwortete ich genauso leise. „Das will ich.“
Er zögerte, wollte nicht gehen, wollte mich jetzt nicht allein lassen – vielleicht bildete
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