Vergangene Narben
nicht haben zu können. Ein Baby, der Mutter so gleich, und doch ganz anders, geboren um wie der Vater zu sein. Ein Dimidius, zu einem Teil Mensch, zu einem Teil Wolf, und zu einem Teil Vampir. Etwas Seltenes und kostbares, geboren um geliebt zu werden. Doch das konnte meine Gefährtin nicht tun, nicht so wie dieses Kind es verdient hatte, nicht in der Position in der sie sich befand. Und auch wenn es ihr das Herz brach, musste sie es tun, musste das kleine Wunder fortgeben, zu dem Einigsten, den sie es anvertrauten konnte, und bei dem sie wusste, dass er dieses unschuldige Wesen genauso lieben würde, wie sie es verdient hatte. Dem Vater, dem Erzeuger, ihrer einstigen großen Jugendliebe meiner Gefährtin, dem Vampir Raphael Voss. Es gab nur eines, was sie diesem unschuldigen Wesen auf ihre Reise in ein anderes Leben mitgeben konnte, den Namen. Nur ein Wort, das so zauberhaft war, wie das kleine Mädchen selber. Zaira.“ Sie klappte das Buch zu, überreichte es wieder dem Diener, und sah mich dann erwartungsvoll an.
Ich konnte sie nur anstarren. Das was da geschrieben stand, war das wirklich wahr, oder hatte Sydney das nur geschrieben, weil es sich so zauberhaft anhörte? Ich meine, ich wusste ja, dass es meiner Erzeugerin nicht leitgefallen war mich wegzugeben, aber durch diese Worte schien diese Tat eine ganz andere Bedeutung zu bekommen. Oder wollte ich das einfach nur glauben?
„Ich habe schon immer gewusst, dass Cheyenne ein Dimidius ist, nur hätte ich niemals damit gerechnet, dass sie so tief sinken könnte einen Vampir zu lieben. Einfach abscheulich.“ Sie schüttelte den Kopf, als hätte sie noch nie etwas Widerwärtigeres wahrgenommen – wahrscheinlich sah sie nicht oft in den Spiegel. „Doch der Beweis dafür sitzt hier direkt vor mir, hab ich nicht recht, Zaira Voss?“
Als sie meinen Namen sagte, schreckte ich aus meinem Überlegungen auf. Und trotzdem kam kein Wort über meine Lippen. Ich hatte einfach Angst davor, dass da etwas Falsches käme, und unsere Situation damit noch schlimmer machte.
„Hm, so schweigsam. Nun gut.“ Sie drehte sich zu Eddy herum. „Schick das Mädchen rein, und bringt mir den Mann. Diese Sache werden wir jetzt klären.“ Der Blick den sie uns nun zeigte, gefiel mir gar nicht. „Mal sehen ob mein Gast deine Meinung ändern kann.“
Oh Gott, was würde jetzt kommen? Eigentlich wollte ich das gar nicht so genau wissen, und hätte mich am liebsten ganz klein hinter Cio gemacht, damit sie mich nicht mehr sah. Aber nur bis zu dem Augenblick, als Eddy die Tür öffnete, und draußen leise mit ein paar Personen sprach. Die Gräfin war nicht nur mit ihm und dem kaltäugigen Mann gekommen, da draußen warteten noch ein halbes Dutzend weiterer Männer, von denen einer verstehend nickte, und dann verschwand.
Ich reckte den Hals ein wenig, und in dem Moment in dem Cio sich komplett verspannte, sah ich sie. Kurzgeschoren, braune Haare, eine schlanke, sehnige Gestalt, und ein Blick, der den kaltäugigen Mann noch in den Schatten stellte.
Iesha.
Bei ihrem Anblick war ich so schnell aus dem Bett gesprungen, dass ich fast noch über Cio fiel, und mir den Zeh anstieß. Doch das war mir egal. In der Gegenwart dieses Mädchens würde ich nicht in Cios Nähe bleiben. Schon allein bei ihrem Anblick begann mein Gesicht wieder zu schmerzen. Ja, ich gab’s zu, Iesha machte mir eine scheiß Angst. Und das die Gräfin mein Verhalten ihrem Eintritt in den Raum wahrnahm, war mir völlig egal. Ich drückte mich trotzdem lieber auf der andern Seite des Raums an die Wand.
Auch Cio war halb aufgestanden, und ich war mir nicht sicher, ob er sich einfach freute sie zu sehen, oder ob er ihr den Weg zu mir abschneiden wollte. Auf jeden Fall war er für seine Verhältnisse viel zu still.
„Wie mir scheint, kennen sich die Anwesenden“, schmunzelte die Gräfin, als ihr Blick zwischen uns drei hin und her wanderte. „Dann brauche ich hier ja niemanden mehr vorstellen.“
Iesha sah abwägend zu Cio und ließ ihren Blick dann zu mir schweifen, wo er hängen blieb. „Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dich von ihm fernhalten?“
„Iesha“, warnte Cio, und erhob sich nun ganz aus dem Bett, um ihr eindeutig den Blick auf mich zu verstellen.
Der hasserfüllte Blick des Mädchens schwand, als er direkt vor ihr stand, und als sie ihre Hand an seine Wange legte, und sie langsam über seine Haut streichen ließ, bis sie auf seiner Brust zum liegen kam, brach ein Stück in mir. Nicht weil sie
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