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Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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ins Zimmer trat, drückte ich Cios Hand fester. Dieser Frau war mir unheimlich. Sie strahlte etwas so finsteres und verdorbenes aus, dass ich sie nicht in meiner Nähe haben wollte.
    „Habt ihr beide wirklich geglaubt, ihr könnt unbemerkt in meinem Schloss rumstromern?“, fragte sie leise, und schüttelte über unseren Leichtsinn den Kopf. „Wie dumm ihr doch seid.“
    Cio zuckte nur lässig mit den Schultern. „Einen Versuch war es wert, und wir sind ja auch ziemlich weit gekommen, bevor man uns geschnappt hat.“
    Ich konnte es mir gerade noch so verkneifen ihn zu kneifen. Wollte er sie unbedingt provozieren? Was erhoffte er sich davon?
    Gräfin Xaverine kniff die Augen zusammen, und fixierte den jungen Umbra. „Was habt ihr im HQ getan?“ Sie sah von Cio zu mir, und zog ihre Augenbrauen ein wenig zusammen, als wie nicht antworteten. „Was habt ihr an den Computern gemacht? Sagt es mir.“
    Natürlich taten wir das nicht, saßen nur stumm da, und warteten, was noch passierte.
    „Ihr wollte nicht?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Na gut, wie wäre es dann mit einer anderen Frage? Wo ist Cheyenne?“
    Als wenn einer von uns beiden ihr ausgerechnet das erzählen würde.
    Cio drückte meine Hand ein wenig fester. Eine stumme Vereinbarung, dass wir beide kein Wort verlieren würden, egal was sie täte. Kein Wort würde über unsere Lippen kommen – naja, zumindest kein hilfreiches.
    Die Gräfin sah von einem zum anderen. Ihr Unmut war deutlich zu spüren, aber unser Schweigen schien sie nicht zum Aufgeben zu bewegen. Hätte mich auch gewundert.
    „In Ordnung“, führte sie ihr Selbstgespräch fort. „Wie wäre es dann, wenn ich euch erzähle, was ich alles weiß.“ Bei diesen Worten fixierte sie mich so intensiv, dass ich schlucken musste. Was würde jetzt kommen? „Mal sehen, ob ihr dann etwas gesprächiger werdet.“ Sie schnipste mit den Fingern, was den Mann mit den eiskalten Augen dazu bewog, sich von der Wand abzustoßen, und ihr das Buch zu reichen.
    Es war dick, in Leder gebunden, ohne Titel, aber nicht wirklich alt. Zahllose Merkzettel schauten oben raus, und nachdem die Gräfin das Buch an sich genommen hatte, griff sie zielsicher nach einem gelben Zettel, und schlug eine Seite ziemlich weit vorne auf.
    „Wisst ihr was das für ein Buch ist?“, fragte sie in einem lauernden Ton, der mir so gar nicht gefallen wollte. Eigentlich gefiel mir an dieser Situation überhaupt nichts.
    „Märchen aus tausend und einer Nacht?“, fragte Cio. 
    Die Gräfin zeigte sich über diesen Spruch nicht sehr amüsiert. Stoisch nahm sie ihn einfach hin. „Nein. Obwohl es sich teilweise wie ein Märchen ließ, jedes Wort liebevoll von Hand geschrieben, ist es keines. Es ist ein Buch aus der Sammlung des Schreibers Sydney Frey. Eine private Buchreihe, in der er Cheyennes Lebensweg bis ins kleinste Detail festgehalten hat.“ Ihr Blick brannte sich in meine Seele hinein. „Wirklich jedes Detail.“
    Bei diesen Worten musste ich stark an mich halten, um nicht nervös zu schlucken. Nachdem was sie sagte, musste das eines von den Büchern sein, die auf meinem Ball aus Sydneys Büro gestohlen worden waren. Wenn es stimmte was sie sagte …  ich wollte mir gar nicht ausmalen, was sie mit diesem Wissen alles tun könnte.
    Auch Cio schien das nicht zu gefallen. Es kam kein neumalkluger Spruch über seine Lippen, und er war nun auch etwas wachsamer.
    Die Gräfin schätzte unsere Reaktionen genau ab, und das kleine Lächeln, das sich auf ihre Lippen schlich, wollte mir so gar nicht gefallen. „Soll ich euch eine kleine Leseprobe dieses Werks geben?“
    „Nee“, sagte Cio. „Ich bin nicht so der Märchenfan. Ich steh eher auf Krimis und Thriller.“ Auch wenn es so lapidar dahingesagt war, war die Anspannung deutlich aus seiner Stimme herauszuhören.
    „Ich werde euch trotzdem eine kleine Kostprobe dieser Lektüre geben. Ein Abschnitt, der mich selber sehr überrascht hat.“ Ihr Blick war fast herausfordernd auf uns gerichtet, bevor er sich auf die Zeilen im Buch senkte. „Wo … ach hier. Hört gut zu. Ein Baby, rein wie die Unschuld selbst, mit Haar so schwarz wie die dunkelste Nacht, und Augen in denen die unendlichen Weiten des Ozeans liegen. Doch war es nicht der Spross der Liebe die wie teilten, wie wir bis zu diesem Zeitpunkt glaubten, sondern das Zeichen der Unsicher, die meine Gefährtin zu einer Zeit in sich trug, in der sie versuchte bei jemand anderes zu finden, was sie glaubte bei mir

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