Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergangene Narben

Vergangene Narben

Titel: Vergangene Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
Vom Netzwerk:
alles zu viel. Ich konnte nicht, meine Kräfte waren erschöpft, ich war fertig mit den Nerven. „Ich … ich kann jetzt nicht darüber nachdenken, ich … kann nicht.“ Ich drehte mich von ihm weg, stellte mich vors Fenster, um hinaus in diesen strahlend schönen Tag zu sehen. Was für eine Ironie das doch war. Heute war nichts strahlend schön. Der Tag glich eher dem bröckelnden Sims direkt vor dem Fenster. Kaputt, rissig, wie mein Leben, das Stück für Stück drohte auseinander zu brechen.
    „Zsa Zsa.“
    Ich schüttelte den Kopf, wollte seine Worte im Augenblick nicht hören. Sie würden es nicht besser machen. Im Moment konnte nichts diese Situation besser machen.
    Er seufzte, trat leise hinter mich, und legte nach kurzem zögern von hinten die Arme um mich. Als er merkte, dass ich mich nicht gegen die Berührung wehrte, und mich ihm entwand, zog er mich fester in die Arme. Erst jetzt, wo er mir so nahe war, und die Anspannung ein kleinen wenig nachließ, bemerkte ich sein Zittern. Das hier war auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen. Er war genauso ein Gefangener wie ich und hatte gerade wahrscheinlich auch noch seine Freundin verloren.
    Eigentlich sollte dieser Gedanke mich doch wenigstens ein wenig glücklich stimmen, doch das geschah nicht. dafür war einfach zu viel passiert.
    Ich legte meine Hand auf seine, denn solange wie wir hier festsaßen, waren wir alles, was wir hatten. „Was soll denn jetzt werden?“, fragte ich leise.
    „Ich weiß es nicht.“ Er zog mich fester an sich, und vergrub sein Gesicht in meinem Nacken. „Ich weiß es wirklich nicht.“
     
    °°°
     
    Cios gleichmäßiger Atem fuhr bei jedem Atemzug in mein Haar. Er schlief nicht, denn auch wenn wir erschöpft waren, und uns schon vor Stunden in Bett gelegt hatten, keiner von uns beiden hatte auch nur ein Auge schließen können. Es war einfach die Nähe des anderen, die wir im Moment brauchten, etwas Vertrautes, das uns Sicherheit gab.
    Die Nacht hatte sich schon vor Stunden über den Tag gelegt, und tauchte uns in eine trügerische Ruhe, die nichts als Schatten, begleitet vom sanften Schein des Mondlichts, zu uns ins Zimmer ließ. Doch es war nicht diese Ruhe, es waren Cios Arme, die mich wie einen schützenden Kokon umfingen, und dafür sorgten, dass ich unter der ganzen Last nicht einfach auseinander brach. Auch wenn es wehtat, ihn so nahe bei mir zu haben, und gleichzeitig Ieshas Worte wie eine Endlos in meinem Kopf zu hören, im Moment war er alles was ich hatte.
    Aber ich verstand sie. Natürlich war sie gemein zu mir, und wollte mich verletzten, immerhin war Cio nicht mit ihr mitgegangen, sondern lag jetzt hier bei mir im Bett. Das musste sie unheimlich schmerzen. Doch das war doch nicht meine Schuld, oder?
    Ich vergrub mein Gesicht an Cios Brust. Ich wollte nicht mehr darüber nachdenken. Ich wollte das alles einfach vergessen, und wieder zu dem Tag zurückkehren, als alles angefangen hatte. Ich wünschte, dass ich damals nicht so dumm gewesen wäre und auf meinen Vater gehört hätte. Dann wäre meine Welt heute noch in Ordnung.
    „Du bist so still“, sagte Cio leise. „Alles okay mit dir?“
    Nein, absolut nicht. Im Moment war gar nichts okay. „Das sollte ich wohl lieber dich fragen. Wie geht es deinem Kopf?“
    „Könnte besser sein.“
    Ich löste mich leicht von ihm, um sein Gesicht zu sehen. War es wirklich noch so schlimm?
    Er grinste leicht schief. „Könnte aber auch schlimmer sein.“
    Natürlich, er nahm es wieder auf die leichte Schulte. Was hatte ich auch anderes erwartet? Ich versteckte mein Gesicht wieder an seiner nackten Brust. „Glaubst du, wir würden es schaffen abzuhauen?“
    „Ich bezweifle es.“ Seine Finger strichen gleichmäßig und ruhig über meinen Rücken. „Die Fenster sind vergittert, und vor der Tür stehen Wachleute. Und der Lüftungsschacht im Badezimmer ist zu eng, da kommst nicht mal du durch.“
    Natürlich hatte er darauf geachtet, als er vorhin kurz auf dem Klo war. Sowas fiel ihm immer auf. „Das heißt wir können hier jetzt nur rumliegen, und darauf warten was als nächstes passiert?“
    „Ich wüsste nicht, was wir sonst tun könnten. Natürlich könnte ich mich neben der Tür postieren, und als großer Held auftreten, sobald wieder jemand hier rein kommt, aber eigentlich habe ich für einen Tag genug Kopfschmerzen.“ Er überlegte kurz. „Aber du könntest das machen. Die holde Meid rettet den strahlenden Ritter.“ Sein leises Lachen drang an mein Ohr.

Weitere Kostenlose Bücher