Vergangene Narben
eindrangen, um das Tor zu öffnen.
„Da sind noch mehr!“, rief Cio aufgeregt.
Von den Seiten des Schlosses drangen noch weitere Wölfe auf den Hof, und griffen direkt die Wächter an. sie mussten wie Cio und ich durch den Wald gekommen sein. Auch ein paar der Wölfe des Hofes wandten sich gegen ihren König, und schlossen sich den Drachen an.
Und dann sah ich ihn wieder, Sydney. Mittendrin stand er, mit gesträubtem Fell, und gebleckten Zähnen. Dann stürzte er sich auf einen Wächter, der den breitschultrigen Glatzkopf mit dem Gesicht voran gegen die Mauer schlagen wollte. Die beiden gingen in einem wilden Knäul zwischen all den anderen unter.
Ich hatte mich also nicht getäuscht.
Mein Blick blieb auf einem großen brauen Wolf hängen, der quer über den Vorhof zum HQ rannte. Ihm waren drei weitere Wölfe auf den Fersen. „Das ist dein Vater! Cio, da ist dein Vater, er rennt zum HQ!“ Und nicht nur er war dabei. Ich entdeckte auch Umbra Drogan, und ein paar der Streuner aus Geros Rudel.
Der Lärm von unten wurde immer lauter.
Von allen Seiten strömten Wächter in den Vorhof. Es war eine wogende Masse, in der man nicht mehr erkennen konnte, wer denn nun wer war. Und immer mehr Leute strömten herbei.
Ich hörte ihre Rufe und Schreie, sah mehr als einen Verletzten. Am Tor ging ein Mann zu Boden, als sich zwei Wölfe gleichzeitig auf ihn stürzten. In der Wächterkammer gab es eine Explosion, Rauch quoll in dicken Schwaden nach draußen. Die Geräusche dort unten quälten mich bis hier oben. Sie kämpften. Oh Gott, sie würden sich alle gegenseitig umbringen.
„Wir müssen etwas unternehmen“, flüsterte ich.
„Was?“
„Wir müssen eingreifen. Sie werden sich noch alle gegenseitig töten!“
Cio sah verwirrt zu mir rüber. „Bist du wahnsinnig? Davon mal abgesehen, dass wir immer noch in diesem verfluchten Zimmer eingesperrt sind, werde ich sicher nicht zulassen, dass du dich da reinwirfst. Das ist viel zu gefährlich!“
Ich legte meine Hand ans Glas, und sah wie die Rangeleien am Tor immer intensiver wurden.
Es gab eine erneute Explosion, dieses Mal vom anderen Ende des Innenhoffes, und noch bevor sich der Staub um das Geröll verzogen hatte, quollen weitere Drachen in den Innenhof. Sie hatten ein Loch in die massive Mauer gesprengt. Wie war das möglich?
„Ein Ablenkungsmanöver“, überlegte Cio laut. „Sie haben so getan, als wollten sie durchs Tor, um sich ein eigenes zu basteln.“
Ich sah ihn ungläubig an. Wie konnte er jetzt über Strategien nachdenken? „Wir müssen hier raus und sie aufhalten!“
„Zsa Zsa, keiner von denen da unten würde dir auch nur zuhören, wenn du etwas sagst.“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, das hier lässt sich nicht mehr aufhalten. Sie werden solange kämpfen, bis es einen Sieger gibt.“
Die Frage war nun, wer das sein würde.
Die Sirene des Schlosses wurde zu einem unbedeutenden Hintergrundgeräusch, während ich beobachten musste, wie die Scharen übereinander herfielen. Unerbittlich, grausam, ohne Chance auf Frieden. Und das alles nur wegen dem Machthunger einer Frau, die vielleicht nicht mal mehr am Leben war.
Ganz am Rand entdeckte ich eine magere, schwarze Wölfin mit stumpfem Fell. Sie schien so zerbrechlich, kaputt. Niemand schien sie zu bemerken, wie sie dort entlang schlich, und alles mit undurchdringlichem Blick beobachtete.
Und dann sah ich sie, die goldene Wölfin, die durch das Loch in der Mauer sprang, und sich auf den nächsten Wolf stürzte, der sich ihr in den Weg stellte.
Cheyenne.
Direkt hinter ihr war ein großer brauner Wolf. Ayden. Er kämpfte nicht, wich allen Gegnern aus. Sydney und Umbra Drogan kamen herbeigesprungen, um alle von ihm fernzuhalten. Sie ebneten ihrem Prinzen den Weg, damit er zum Schloss kommen konnte. Sie hielten an ihrem Plan fest. Prinz Ayden sollte König Cerberus gegenübertreten, um dem Rudel endlich wieder Frieden zu bringen.
„Das schafft er nicht“, flüsterte ich.
„Was?“
„Ayden.“ Ich zeigte in dem Getümmel auf ihn. „Er will zum Schloss, aber das wird er nicht schaffen.“
„Doch, wird er.“
„Und dann? Noch mehr Kämpfe?“ Ich sah Cio eindringlich an. „Glaubst du wirklich, dass Ayden Cerberus besiegen kann?“
„Ayden wurde gut ausgebildet.“
„Aber er will das nicht.“ Und das würde den Unterschied ausmachen. Cerberus wollte König sein, Ayden nicht. Es tat das nur, weil es von ihm verlangt wurde, weil das seine Pflicht war, und nicht weil er das
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