Vergangene Narben
dass er scheinbar noch größenwahnsinniger als seine Mutter war, und sich für Gottes Geschenk an die Menschheit hielt.
Im Gegensatz zu der Anspannung der anderen war er völlig gelassen. Keine Regung deutete auf seine Beunruhigung hin, als ein weiterer Donnerschlag durch die Hallen hallte. Kein Zucken eines Muskels, das Aufschluss über das geben konnte, was er dachte, als ein leicht panischer Diener mit eiligen Schritten herein kam.
„Sire.“ Er verbeugte sich leicht vor seinem König, und ich kam nicht umhin zu bemerken, dass dieser Mann bereits unter Cheyenne gearbeitet hatte. Diese kleinen Schweinsäuglein vergaß man nicht so schnell. „Die Eindringlinge versuchen das Tor aufzubrechen.“
„Und das sagst du mir weil?“ Er machte eine ausladende Armbewegung, die den Diener wohl in Erklärungsnöte brachte.
Er sah nervös vom König zur Königin – die immer noch mit einer unsichtbaren Falte in dem makellosen Kleid beschäftigt war –, weiter zu den Wächtern, und wieder zurück zu ihm. „Sie wollen ins Schloss. Zu euch.“ Er spielte nervös mit seinen Fingern herum. „Deswegen dachte ich …“ Er Unterbach sich, als er bemerkte, die Aufmerksamkeit des Königs verloren zu hatte. Die galt jetzt den beiden Gestalten, die unter der strengen Bewachung von sechs Wächtern in den Saal geführt wurden, während im Hintergrund erneut ein Krachen von den Wänden wiederhallte.
Jeder meiner Muskeln spannte sich an, und hätte Cio seinen Griff an meiner Taille nicht verstärkt, wäre ich wahrscheinlich einfach hinausgerannt.
Das waren meine Eltern.
Ungepflegt, und unterernährt wurden sie hineingeführt. Meine Mutter sah schrecklich aus. Verdeckt, die Haare ein einziges, verfilztes Nest. Die Kleindung an mancher Stelle zerrissen. Ihr Gesicht war leicht geschwollen, als hätte sie jemand geschlagen, und mehr als nur eine freie Hautpartie zeigte Blessuren wie blaue Flecken und Schürfwunden.
Aber sie war nichts im Gegensatz zu meinem Vater. Man hatte ihm noch immer kein Hemd gegeben, und trotz der Tatsache, dass schon mehrere Tage vergangen waren, zeigte sein Rücken weiterhin die Verletzungen von Cerberus Folter. Natürlich, sie hatten ihm sicher kein Blut gegeben, deswegen heilte es so langsam.
Und sein Kopf. Oh Gott. Das Gesicht war mit verkrustetem Blut verschmiert. Er musste versucht haben es notdürftig wegzuwischen. Doch das änderte nichts an der angetrockneten Wunde an seinem Kopf.
Dein Vater ist nicht tot. Es war nur ein Streifschuss.
Cio hatte es mir gesagt, doch bis zu diesem Moment hatte ich nicht glauben können. Nicht wirklich. Aber, oh Gott, er lebte, er lebte wirklich. Und nicht nur das. Trotz der Verletzungen, trotz des Zustandes, in dem sie sich befanden, liefen die beiden erhobenen Hauptes auf den König zu, mit einem Ausdruck im Gesicht, der deutlich sagte: „Fuck you!“
Ich musste die Hand vor dem Mund schlagen, um mich nicht laut aufzuschluchzen. Sie lebten. Es ging ihnen nicht wirklich gut, aber sie lebten.
Cios Finger strichen beruhigend über meinen Bauch. Das war seine Art mir Kraft zu geben.
Im gleichen Moment trat einer der Therianthropen vor, direkt auf meine Eltern zu. Kein Haar war auf seinem Schädel zu finden. Er trug Jeans, und ein altes, verwaschenes Shirt. Er musste so um die sechzig Jahre zählen, war sehr kräftig gebaut. Von Altersschwachheit war da aber noch lange nicht zu sprechen. Und er hatte etwas sehr düsteres an sich.
„Pandu?“, fragte Cerberus mit täuschend sanfter Stimme. „Was machst du da?“
Meine Mutter hielt unwillkürlich in ihrem Schritt inne, und wollte nicht weitergehen, doch der Wächter hinter ihr versetzte ihr einen kräftigen Stoß, der sie vorwärts stolpern lief. Der Anblick des Therianthropen schien sie mehr zu ängstigen, als die Gefangenschaft unter Cerberus.
Mein Vater fauchte den Wächter warnend an.
„Pandu?“, fragte Cerberus erneut, als er keine Antwort erhielt.
„Ich nehme was gehört mir, nehme und erfülle Schicksal.“
Wie seine Mutter dies schon immer getan hatte, schnipste Cerberus mit seinen Fingern, und Augenblicklich waren vier Waffen auf den Therianthropen gerichtet, die ihn sofort stoppen ließen. „Ich habe mich vorhin wohl nicht deutlich genug ausgedrückt.“
Pandu funkelte über seine Schulter hinweg den König an. „Dummer Junge“, zischte er ihm entgegen.
So wie sich Cerberus Blick verfinsterte, was das wohl die schlimmste Beleidigung, mit der man ihn hätte bedenken können. „Du solltest
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