Vergangene Narben
festhalten konnte, als ich mich zusammen mit meiner Erzeugerin auf die weiße Ledercouch setzte.
Vor uns auf dem Glastisch war ein riesiges Frühstück angerichtet, und auch wenn ich seit gestern Mittag nichts mehr zwischen die Zähne bekommen hatte, und eigentlich Hunger haben müsste, hatte mir meine Nervosität doch auf den Magen geschlagen. Ich würde sicher keinen Bissen runter kriegen. Aber da meine Erzeugerin auch nicht so aussah, als wollte sie sich in diesem Moment den Wanst vollhauen, ging das wohl in Ordnung. Es hatte eher den Anschein, als würde den Anblick von mir in allen Einzelheiten in sich aufsaugen. Und mir ging es genauso. Um den Hals trug sie wieder diese filigrane Kette mit den drei Eiszapfen, und in ihren Ohren steckten die passenden Ohrhänger. Heute trug sie ein weißes, bodenlanges Kleid mir Halbärmeln, das Schulterfrei an ihrem Körper lag. Es ließ sie wie einen Engel aussehen. Durch den dünnen Stoff konnte ich auf ihrem Oberarm eine dunkle stelle ausmachen. Es sah aus wie … ja, wie diese kleine, schwarze Flamme, die ich schon bei den anderen gesehen hatte. Gehörte meine Mutter auch zu den Drachen, oder war das einfach nur ein Zeichen der Zugehörigkeit und Anerkennung?
„Ähm …“, begann meine Mutter, und lächelte vorsichtig. „Ich würde gerne … stört es dich, wenn ich dich ein wenig ausfrage? Ich möchte so viel über dich wissen. Wie war deine Kindheit? Was sind deine Hobbies? Was machst du jetzt? Gehst du noch in die Schule? Machst du Abitur? Was isst du am liebsten? Was ist deine Lieblingsfarbe? Und … ich weiß nicht, ich will einfach alles über dich wissen.“
Ihre Euphorie ließ mich lächeln. „Okay, ähm … da weiß ich eigentlich gar nicht so genau, wo ich anfangen soll.“
„Wie wäre es dann, wenn du mir erst mal erzählst, was du so gerne machst?“
Okay, das war eine einfache Frage. Warum war ich dann aber so nervös? Klar, ich hatte nicht so ausgefallene Hobbies wie meine Halbgeschwister. Ich konnte weder Bogenschießen, noch machte ich Dressurreiten, aber deswegen war ich doch nicht langweilig, oder?
Ihr Lächeln fiel ein wenig in sich zusammen, als ich nichts sagte. „Wenn du es mir nicht erzählen willst, ist das natürlich auch okay, ich wollte dich nicht bedrängen, oder so, ich …“
„Nein, nein, das ist es nicht. Es ist …“
„Was ist es? Du kannst es mir ruhig erzählen.“
„Naja, ich bin halt nicht so wie deine anderen Kinder, ich bin nichts so …“
Das ließ sie lachen. Aber so richtig aus dem Bauch heraus, was mich schon leicht kränkte. „Oh, Zaira, tut mir leid“, kicherte sie. „Aber ich danke unserem Urvater Chaim dafür, dass du nicht so bist wie deine Geschwister.“
Geschwister, wie sie das sagte, als sei es das selbstverständlichste auf der Welt. Es war nur ein einfaches Wort, und für viele wahrscheinlich vollkommen unbedeutend, aber mich ließ es lächeln.
„Ayden ist … naja, ein Prinz, und er benimmt sich halt auch mal ziemlich überheblich. Er ist mein Sohn, und ich konnte ihm selten etwas abschlagen. Ja ich weiß, ich bin selber schuld, aber was soll ich machen?“ Sie zuckte mit den eleganten Schultern. „Und die Zwillinge, die beiden sind halt Prinzessinnen, denen ich am liebsten jeden Wunsch von den Lippen ablese, und das wissen sie.“
Ja, sie waren Prinzessinnen, und ich war … ich.
„Aber lass und nicht von ihnen sprechen. Ich will was über dich erfahren.“
„Hm … naja …“ Ich blickte auf, als mir plötzlich etwas einfiel. „Wie soll ich dich eigentlich nennen?“ Erzeugerin fand ich nicht wirklich passend.
„Naja, ich bin seine Mutter, also …“ Sie lächelte leicht schief. „Aber so nennst du ja schon Tarajika.“
Nein, von diesem Satz würde ich mir keine schlechtes Gewissen machen lassen. Sie war nicht da gewesen, Mama schon. Es war mein gutes Recht meine Ziehmutter so zu nennen.
Meine Erzeugerin, die von meinem inneren Disput nicht mitbekam, lächelte leicht. „Nenn mich doch einfach Cheyenne.“
Ja, das konnte ich machen, jedenfalls besser als Erzeugerin. „Cheyenne klingt gut.“
„Das freut mich.“ Sie rutschte ein wenig auf der Couch vor. „Und? Erzählst du mir jetzt, was du den lieben langen Tag so treibst?“
„Ähm … naja, ich bin viel mit meinen Freunden unterwegs, wenn Papa mich nicht gerade wieder einkerkert, und …“
Cheyenne runzelte die Stirn. „Einkerkert?“
Oh Mist, hatte ich das jetzt wirklich gesagt? „Naja, Papa ist immer ein wenig übervorsichtig, wenn
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