Vergangene Narben
Beleidigung.
„Na komm“, sagte Fira, und hielt die Tür ein wenig weiter auf. „Cheyenne wartet schon auf dich.“
Okay, noch einmal tief durchatmen, dann Diego zum Abschied winken, und Flair fest an mein wild schlagendes Herz drücken, dann war ich bereits meiner Erzeugerin entgegen zu treten. Nur leider wartete die gar nicht hinter der Tür auf mich. Da war nur ein leerer, kahler, und sehr langer Gang, durch den Fira mich mit zügigen Schritten führte. Es war hier sehr schmal, aber wenigstens sauber. Und ohne Spinnen – ich hasste Spinnen. Mit den ganzen Beinen, und den vielen Augen … igitt. Wer so viele Gliedmaßen hatte, mit dem konnte doch etwas nicht stimmen. Da musste man doch gleich misstrauisch werden. Ne, Spinnen konnte ich echt nicht ab.
Die Gänge schienen kein Ende zu nehmen. Fira bog mal hier ab, mal dort, aber sie schien genau zu wissen wo es langging. Nicht einmal zögerte sie. Ich dagegen hatte schon nach fünf Minuten die Orientierung verloren. Das sah alles einfach gleich aus. Woran orientierte Fira sich hier nur? Und noch viel wichtiger: „Was sind das hier für Gänge?“ Die waren so ausgestorben, dass es schon fast unheimlich war.
Fira schenkte mir über die Schulter hinweg ein Lächeln. „Das sind die Dienstbotengänge. Hier können wir uns unbemerkt bewegen, und unsere Aufgaben erfüllen, ohne von den Herrschaften gesehen zu werden. Es gibt nämlich Wölfe im Adel die sich daran stören, und es für besser erachten, wenn das Personal unsichtbar ist. Königin Cheyenne ist nicht so, aber die vorherigen Herrschaften dieser Gemäuer waren es. Daher kenne ich mich hier auch so gut aus.“
„Das heißt durch diese Gänge kommt man in jeden Teil des Schlosses?“
Sie nickte. „Manche führen hinaus auf die Korridore, einige wenige sogar in Räume dieses Hauses. Und zu einem solchen Raum sind wir nun unterwegs.“
„Was für ein Raum?“, wollte ich neugierig wissen. Reden war gut, reden lenkte mich von dem ab, was mir bevorstand. So konnte ich nicht noch nervöser werden – oder wenigstens nur minimal.
„Der kleine Salon in der zweiten Etage. Deswegen müssen wir jetzt auch die Treppe dort vorne hoch.“
Eine sehr schmale und steile Treppe, wie ich feststellen musste. Aber ich schaffte es unbeschadet oben anzukommen, und kurze Zeit später standen wir vor einer schlichten Tür, hinter der laut Fira meine Erzeugerin auf mich wartete.
Plötzlich klopfte mein Herz wie wild in meiner Brust, aber ich hatte keine Zeit mehr mich zu beruhigen, weil Fira einfach die Tür öffnete, und mich in den Raum dahinter schob. Dann war sie auch schon wieder weg, und die Tür praktisch verschwunden. Ohne scheiß, von dieser Seite fügte sie sich so nahtlos in die Wand ein, dass man nur wusste, dass sie da war wenn … naja, wenn man es eben wusste.
Und dann stand ich in einem hellen Salon mit Kamin, auf dessen Wohnlandschaft meiner Erzeugerin saß, und hastig auf die Beine sprang, als sie mich sah. Fahrig fuhr sie mit den Händen über ihr Kleid, und versuchte sich an einem vorsichtigen Lächeln, dass ich schüchtern erwiderte.
„Ähm … hey.“ Zögernd hob ich die Hand, ließ sie dann aber auch gleich wieder fallen, weil ich mir albern vorkam.
Das sanfte Lächeln meiner Erzeugerin wurde etwas breiter. „Du bist so hübsch geworden, und so erwachsen.“
Pling, und meine Wangen waren feuerrot. Ich und Hübsch? Das hatte mir noch niemand gesagt. „Ähm … danke.“
Etwas Wehmütiges trat in ihren Blick. „Und ich konnte nicht dabei sein um es mitzuerleben.“
Hm, ja, was sagte man dazu? Nicht so schlimm war ja nicht nur `ne Lüge, sonder auch wenig taktvoll.
„Ich weiß es ist keine Entschuldigung, aber …“
„Keine Sorge, Papa hat mir alles erklärt. Ich weiß warum du es getan hast, und es ist ja auch nicht so dass ich ohne Mutter aufgewachsen bin, ich hab ja …“ Ich verstummte, als ich den Schmerz in ihren Augen sah. „Tut mir leid.“
„Nein, das muss es nicht. Es freut mich, dass es dir so gut ergangen ist. Wirklich. Nur so wie ich Tarajika kennengelernt habe, kann ich mir einfach nicht vorstellen …“ Sie verstummte. „Ist ja auch nicht so wichtig.“ Sie sah sich etwas fahrig im Raum um, und deutete dann auf den Platz neben sich. Sie war wohl genauso nervös sie ich. „Komm, setzt dich doch. Dann können wir was essen, und uns dabei unterhalten.“
„Okay.“ Flair behielt ich an meine Brust gedrückt. Sie gab mir ein kleinen wenig Sicherheit, etwas vertrautes, an das ich mich
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