Vergangene Narben
grinste. „Das hört sich gut an.“ Seine Augenbrauen wackelten spielerich nach oben und unten. „Und jetzt lass mich gucken. Ich weiß wie Mädchen aussehen, ich werde dir bestimmt nichts wegschauen.“
„Aber du weißt nicht wie ich aussehe“, sagte ich stur, und wollte meinen Stuhl wieder zurückdrehen, doch er hielt ihn einfach fest. Ich drückte die Lippen aufeinander, spießte ihn mit einem Blick auf, und versuchte es noch einmal, doch er hatte einfach zu viel Kraft – war ja auch kein Wunder, schließlich war er ein reinblütiger Werwolf, und ich nur ein Halbblut.
„Ach nun komm schon, Zsa Zsa, ich will doch nur sehen ob alles okay ist.“
„Danke, aber das kann ich auch selber.“
Er verengte die Augen. „Du bist ein richtig stures Frauenzimmer.“
„Und du ein richtig aufdringlicher Idiot.“
„Und dazu stehe ich!“, gab er überschwänglich wieder. „Nun komm schon, zeig es mir. Du darfst dein Hemd auch alleine aufmachen, wenn du vor meinen flinken Fingern Angst hast.“
„Oh, wie gnädig von dem Herrn.“
Das ließ ihn wieder grinsen.
„Na schön, meinetwegen“, gab ich mich geschlagen, und machte mich zögernd daran die oberste Hälfte der Knöpfe zu öffnen. Die untere blieb geschlossen. Ich würde ihm auf Teufel komm raus sicher nicht meine Speckschwarten zeigen, die sich unter dem Unterhemd abzeichneten. Aber leider war das Unterhemd auch ziemlich tief ausgeschnitten, was ihm einen guten Einblick in mein Dekolleté gab.
„Wow“, entkam es ihm. „Bei den Klamotten die du da trägst, hätte ich niemals gedacht, dass du da sowas versteckst.“
Ich kniff die Augen zusammen. „Ich dachte du wolltest meinen Arm sehen.“
Und da war es wieder, das schelmische Lächeln. „Hey, ich bin auch nur ein Kerl.“
„Einer mit einer festen Freundin“, erinnerte ich ihn. Ich würde sicherlich nicht Nummer fünf auf seiner Liste der Selbstzerstörung sein. Auch nicht wenn er eine Vorliebe fürs Beißen hatte. Apropos, wann hatte ich eigentlich das letzte Mal Blut zu mir genommen? Das war auch schon ein Weilchen her. Spätestens nach meiner Rückkehr nach Koenigshain würde ich mir wohl mal wieder einen Wirt suchen müssen.
Vorsichtig streifte ich mein Hemd über die Schulter, bis die gequetschte Stelle zum Vorschein kam. Sie war aufs Übelste blau angelaufen. Man sah genau, wo er jeden einzelnen seiner Finger gehabt hatte.
„Oh“, sagte Cio. „Das sieht übel aus.“
„Morgen Abend schon wird es nichts weiter als eine Erinnerung sein.“
„Ah, ja, die Selbstheilungskräfte eines Vampirs.“ Er grinste, und beugte sich weiter vor, um den Fleck genauer begutachten zu können. Seine Finger berührten dabei ganz sanft meinen Arm. Doch das bekam ich kaum mit. Mein Blick war auf seinen Hals gefallen, auf die Stelle an der sein Puls direkt unter der Haut schlug. So verlockend und … scheiße, das war doch jetzt wohl nicht mein Ernst! Warum hatte ich jetzt nur daran denken müssen? Ihn so nahe vor mir zu haben, brachte mich nur auf komische Ideen. Ich hasste es, wenn mein Bluthunger mich so plötzlich packte. Das hieß immer, dass ich dringend auf die Jagd musste. Andererseits saß er doch hier direkt vor mir, so …
„Starrst du mir da etwa auf den Hals?“
Ertappt fuhr ich hoch, und schmiss dabei auch noch meinen Stuhl um. „Ähm … tut mir leid, das wollte ich nicht, ich …“ Fahrig machte ich mich daran die Knöpfe meines Hemdes zu schließen, und wandte ihm dabei den Rücken zu. Gott war mir das peinlich.
„Hey.“ Cio stand auf, und umrundete mich, um meine fahrigen Hände zwischen seinen still zu halten. „Ist doch nicht schlimm. Du bist ein Vampir, und Vampire tun sowas.“
„Ich bin kein Vampir, ich bin ein Dimidius.“
„Und trotzdem brauchst du hin und wieder Blut.“ Als ich nicht reagierte, ließ er meine rechte Hand los, und hob mein Gesicht am Kinn, bis ich ihm in die Augen sehen musste. „Brauchst du Blut?“
„Ja, aber ich … ich wird mir schon irgendwo was besorgen.“ Ich rückte von ihm ab, um die restlichen Knöpfe zu schließen. Dabei sah ich ihm nicht an. Mein Blick wäre sowieso nur wieder an seinem Hals hängen geblieben. Ich würde meinen Vater suchen müssen, jetzt gleich, bevor ich wirklich einfach jemanden nahm, der gerade meinen Weg kreuzte. Das war mir schon ein paar Mal passiert. Immer wenn der Bluthunger durch irgendeine Kleinigkeit ausgelöst plötzlich über mich kam.
„Zsa Zsa, wenn du Blut brauchst, kannst du es gerne von mir nehmen.“
Fast entsetzt
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