Vergangene Schatten
umgekehrt.«
»Eine Zeit lang dachte ich mir, dass Shelby ihn sich vielleicht angeln könnte«, sagte Dani und stand auf, nachdem sie ihren Salat aufgegessen hatte. »Ich bin froh, dass sie's nicht geschafft hat.«
Das Telefon klingelte. Jemand fragte, ob es wahr sei, dass Carly Linton hier im Haus wohne, nachdem sie ein Verrückter in ihrem Haus überfallen hatte. Nach diesem Anruf griffen die Frauen das Thema nicht wieder auf. Der Rest des Tages verstrich überraschend schnell. Mike Toler kam vorbei und brachte eine willkürliche Auswahl von Kleidern für sie und Sandra, unter denen sich zum Glück auch ein Nachthemd und ein Morgenmantel befanden, so dass Sandra im Krankenhaus etwas zum Anziehen haben würde. Carly brachte ihr die Kleider zusammen mit den anderen Dingen, die sie sich gewünscht hatte. Danach ging sie noch einmal los, um ihrer Freundin noch weitere Kleinigkeiten zu besorgen. Als sie mit einem Stapel Zeitschriften und ein paar Süßigkeiten in ihr Zimmer zurückkam, war Antonio bei ihr, was Sandra sichtlich froh machte. Überall, wo Carly hinkam, hatten die Leute von dem Vorfall gehört und liefen scharenweise zusammen, um mit ihr darüber zu reden und ihr zu versichern, wie mutig sie sich verhalten habe und wie unfassbar das alles sei.
Das Abendessen kam schließlich einer kleinen Party gleich; alle drei Schwestern von Matt waren zu Hause, außerdem Sammy, der zwar von Mike Toler abgelöst wurde, aber trotzdem zum Abendessen blieb. Matt selbst würde erst später kommen - er hatte noch zu tun, wie Mike erläuterte.
So wie Mike es sagte, vermutete Carly, dass es mit den Ermittlungen zu dem schrecklichen Ereignis in ihrem Haus zu tun hatte. Sie fragte jedoch nicht nach, weil sie es im Grunde gar nicht wissen wollte. Draußen wurde es allmählich dunkel, und sie wollte gar nicht mehr an die vergangene Nacht denken.
Als sich Carly gegen zehn Uhr in ihr Zimmer zurückzog - sie war absichtlich früh hinaufgegangen, solange das Haus noch hell und voller Leute war fühlte sie sich recht wohl. Matt war noch nicht zu Hause, aber das war wahrscheinlich auch besser so. Sie musste jetzt vor allem einmal eine Nacht durchschlafen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, und morgen würde sie sich dann ihren verschiedenen Problemen widmen.
Auch dem Problem, wie es mit ihr und Matt weitergehen sollte.
Sie nahm eine Dusche und gab Acht, dass die Naht und der Verband nicht nass wurden. Die Naht und die Wunde unter dem Verband schmerzten ein wenig, doch das Schlimmste an den Verletzungen war, dass sie sie ständig an die vergangene Nacht erinnerten. Sie weigerte sich, daran zu denken und die albtraumhaften Bilder wieder aufleben zu lassen - und so sang sie alle fröhlichen Lieder, die ihr einfielen, während sie sich auf das Zubettgehen vorbereitete. Dann nahm sie eine von den Schlaftabletten, die der Arzt ihr für die ersten Nächte gegeben hatte, damit sie, wie er es ausdrückte, leichter mit dem Schock fertig wurde. Sie zog ihre bunt gestreifte Pyjamahose und das pinkfarbene Top an, vor allem wegen der fröhlichen Farben. Dann schaltete sie Matts Fernseher ein und sah sich Cheers und The Cosby Show an, weil es da etwas zu lachen gab. Mit Hugo an ihrer Seite lag sie im Bett, während Annie auf dem Teppich neben ihr lag, und verfolgte, wie Dr. Cosby ein väterliches Gespräch mit Theo führte. Und während sie sich noch darüber freute, dass sie sich so fröhlich fühlte, kam schließlich der Schlaf und riss sie wie eine riesige schwarze Welle mit sich.
Sie wusste nicht, wie lange sie geschlafen hatte. Sie wusste nur, dass ihr Schlaf tief, aber unruhig gewesen war. Es war einiges passiert in ihrem Schlaf. Dinge, die sie eigentlich nicht sehen wollte. Dinge, die sie packten, obwohl sie dagegen ankämpfte. Dinge, die zu groß und schrecklich waren, als dass sie ihnen hätte entkommen können.
Dinge, die Augen hatten. Hellblaue Augen ohne Wimpern. Augen, die immer näher und näher kamen, bis sie direkt vor ihrem Gesicht waren. Die Augen eines Ungeheuers ...
Dann war sie wieder in dem Heim, in dem sie acht Tage ihrer Kindheit verbracht hatte.
31
Die Couch im Wohnzimmer war doch eigentlich recht bequem, redete er sich ein; die Frage war nur, warum er dann trotzdem nicht schlafen konnte. Schließlich warf Matt frustriert das Kissen auf den Boden und gab es auf - obwohl ihm der Schlaf bestimmt gut getan hätte. In den vergangenen vierundzwanzig Stunden hatte er vielleicht zwei Stunden geschlafen - trotzdem war
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