Vergangene Schatten
abzuschneiden, wenn ich es noch mal so machen würde, dich küssen und dann abhauen.« Er folgte ihr quer durch die Garage. »Also solltest du dich doch freuen. Diesmal mache ich es nicht so. Ich mache dir einen Heiratsantrag, verdammt noch mal.«
»Ja, und ich hab dir schon gesagt, wohin du dir deinen Antrag stecken kannst.«
»Komm schon, Curls, jetzt sei doch mal ehrlich. Es ist doch im Grunde das, was du willst.«
Man sagt oft, dass die Wahrheit wehtäte. In Carlys Fall war es etwas anders; die Wahrheit machte sie rasend vor Wut.
»Hör zu - nur damit du's weißt: Für immer, das ist eine lange Zeit. Und so gut bist du auch wieder nicht im Bett.«
Sie öffnete die Autotür, setzte sich auf den Beifahrersitz und schnallte sich an. Im Wagen war es noch heißer und stickiger als in der Garage, doch das war ihr egal. Ihr war alles recht, was sie möglichst schnell von Matt wegbringen würde.
Das Garagentor ging mit lautem Geklapper auf, und das Licht ging aus, so dass es plötzlich völlig dunkel in der Garage war. Dann öffnete er die Autotür und setzte sich ans Lenkrad.
»Also, sehe ich das richtig?«, fragte Matt, während er den Wagen anließ und rückwärts aus der Garage fuhr. »Du bist sauer auf mich.«
Typisch Matt, dachte sie - er merkte aber auch wirklich alles. Carly lachte kurz und bitter auf. »Ach, meinst du?«
»Würdest du mir vielleicht verraten, warum?«
Weil du auf meinen Gefühlen herumtrampelst, dachte sie sich, doch das konnte sie ihm nicht sagen. Nein, das würde sie für sich behalten. Schließlich hatte sie auch ihren Stolz.
»Vielleicht, weil du ein Esel bist?«, antwortete sie mit süßlicher Stimme.
Er sah sie kurz an, ehe er ausstieg und das Garagentor schloss. Die Uhr am Armaturenbrett zeigte beinahe halb elf an. Er musste in einer halben Stunde im Büro sein. Gut. Je früher sie ihn los war, umso besser. Er setzte sich wieder ans Lenkrad, fuhr im Rückwärtsgang die Zufahrt hinunter und bog dann in die Straße ein, ehe er schließlich etwas sagte.
»Schau mal«, sagte er in dem Ton, in dem ein vernünftiger Mensch versuchen würde, einen unvernünftigen zu überzeugen. »Wir stehen uns nahe, seit wir Kinder waren, ich mag dich, du magst mich, wir haben viel gemeinsam. Wenn dann noch Sex dazukommt, dann ist das doch die logische Konsequenz. Mehr kann man sich doch gar nicht wünschen.«
»Es ist überhaupt nicht ...«, begann Carly wütend. Sie war froh, dass es dunkel war und dass er ihr gerötetes Gesicht nicht sehen konnte, und sie suchte nach irgendeiner Notlüge, um von der erniedrigenden Wahrheit abzulenken, die Matt ohnehin ahnte - nämlich dass sie bis über beide Ohren in ihn verliebt war.
»Lass mich mal kurz ausreden«, warf Matt ein und hob eine Hand. Zähneknirschend verschränkte Carly die Arme vor der Brust und starrte regungslos durch die Windschutzscheibe hinaus. Die Scheinwerfer erleuchteten einen halb leeren Parkplatz und einen Wohnhauskomplex, als sie an eine Kreuzung kamen und rechts abbogen. »Ob's dir nun gefällt oder nicht - wir haben eine Beziehung, die keiner von uns beiden einfach so im Handumdrehen wieder aufgeben kann. Tatsache ist, dass ich mit dem Motto >toller Sex, keine Bindung< ganz gut leben könnte, aber du nicht. Das weiß ich, und ich akzeptiere es. Verdammt, das Ganze hätte auch seine Vorteile. Wenn wir heiraten, dann können wir es haben, so oft wir wollen. Und wir würden uns auch den ganzen Klatsch ersparen«, fügte er mit dem Hauch eines Lächelns hinzu.
Carly kochte vor Wut. Er trampelte auf ihren Gefühlen herum und fand das auch noch lustig? Sie fragte sich, warum sie überhaupt überrascht über das alles war. Schließlich hatte sie es von Anfang an gewusst.
»Weißt du, es ist wirklich nett von dir, dass du dir über mich und meine Bedürfnisse Gedanken machst - aber ich bin nun mal nicht auf einen zweiten Ehemann aus«, erwiderte sie zuckersüß. »Ja, je länger ich es mir überlege, umso mehr finde ich, dass du mir als One-Night-Stand lieber bist.«
Matt verdrehte missmutig die Augen. »Ich kann's nicht glauben. Da frage ich einmal in meinem Leben eine Frau, ob sie mich heiraten will - und sie nimmt es mir auch noch übel.«
Und wie sie es ihm übel nahm.
»Ich hab's dir schon einmal gesagt, dass die Art, wie du mit Frauen umgehst, noch entwicklungsbedürftig ist.«
Er sah sie eindringlich an, doch bevor er etwas sagen konnte, klingelte sein Telefon. Er stieß einen kurzen Fluch hervor und zog sein Handy aus der
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