Vergangene Schatten
fragte sie bissig. »Oder Schmetterlinge fangen. Oder was du sonst so zum Zeitvertreib tust.«
Sie fand, dass es ihr etwas von ihrer Würde genommen hätte, wenn sie versucht hätte, Matt den Hammer wieder zu entreißen, also sah sie ihn einfach nur missbilligend an. Außerdem wusste sie aus langer Erfahrung, dass er ihn nicht zurückgeben würde, wenn er nicht wollte. Stattdessen griff sie nach der Dichtungsmasse und begann sie über die eingeschlagenen Nägel zu streichen.
»Eigentlich bin ich nur so zum Spaß mit dem Motorrad unterwegs.«
»Heißt das, du hast immer noch dein Motorrad? Dann hat sich doch nicht so viel bei dir verändert, wie du behauptet hast.«
»Na ja, ich bin schon ein Stückchen weiter als früher. Heute habe ich eine Harley.« »Donnerwetter, was für ein Aufstieg. Ich bin wirklich beeindruckt. Warum setzt du dich dann nicht wieder auf deine Harley und lässt mich das Dach fertig machen?«
»Außer dass ich dir deine Mütze und die Kühlbox zurückbringe, wollte ich dich auch noch fragen, ob du einen kleinen Ausflug mit mir machst.«
Nun war Carly doch ziemlich überrascht. Sie ließ ein paar Herzschläge verstreichen, ehe sie antwortete.
»Was?«
»Ich dachte mir, vielleicht würdest du gern mitfahren. Wir könnten irgendwo nett essen gehen.«
Carly stellte den Pinsel in die Dose mit der Dichtungsmasse zurück und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Matt Converse, soll das heißen, du willst mit mir ausgehen?«
»Ja, das heißt es wohl.«
Carly sah ihn an, ohne etwas darauf zu sagen. Sie war so wütend auf ihn gewesen, nachdem er sie so tief beleidigt hatte. Nun, sie war immer noch wütend - aber da war auch eine Stimme in ihr, die ihr zuflüsterte: Das ist Matt. Erinnerungen aus vielen Jahren wirbelten ihr durch den Kopf. Schließlich war er es, der sie auf dem Weg vom jungen Mädchen zur Frau begleitet hatte.
»Moment mal«, sagte sie und spürte, dass ihr Herz schneller zu schlagen begann. »Du willst doch nicht etwa wieder diese Nummer abziehen - du weißt schon, erst küssen und dann nichts wie weg?«
Er sah verdammt gut aus, wie er sie mit seinem trägen Lächeln ansah. Carly ärgerte sich über sich selbst, dass sein Lächeln ihr fast den Atem nahm - doch sie konnte es nun einmal nicht ändern.
»Das heißt, du glaubst, dass ich vorhabe, dich zu küssen?«
»Und? Hast du's vor?«
»Vielleicht.«
»Das zieht nicht, Sheriff.« Carly griff nach dem Pinsel und begann wieder Dichtungsmasse aufzutragen, ohne groß darauf zu achten, ob sie das Zeug auf die Nägel schmierte oder sonst wohin. Ihr Herz schlug so heftig, dass sie das Blut in ihren Ohren dröhnen hörte. In ihrem Bauch begannen die Schmetterlinge kräftig zu flattern. Mit Matt auszugehen, ihn zu küssen - der bloße Gedanke ließ sie schwindlig werden. Nein, das wäre ein schwerer Fehler gewesen. Sie wusste es genau. Doch sie wünschte sich so sehr, diesen Fehler zu machen, dass sie bereits wusste, dass sie es tun würde. Sie würde vom Regen in die Traufe kommen. Und sie tat das alles, obwohl sie wusste, wie falsch es war. Wenn sie sich wieder die Finger verbrannte, dann konnte sie niemandem die Schuld geben außer sich selbst.
»Ich warne dich«, sagte sie mit einem finsteren Blick, »wenn du mir wieder diesen Unsinn von wegen Freunde und so erzählst, dann schneide ich dir die Eier ab.«
Matt sah sie lächelnd an, dann griff er nach ihrem Arm und zog sie zu sich, mitsamt dem Pinsel, den sie immer noch in der Hand hielt.
»Du machst mir richtig Angst, Curls«, sagte er und küsste sie.
22
Sein Kuss war ganz genauso atemberaubend wie beim letzten Mal. Carly schloss die Augen und schmolz dahin. Als er sie auf seinen Schoß hob, schlang sie die Arme um seinen Hals. Seine Lippen waren fest und trocken und warm. Als er mit der Zunge ihre Lippen berührte, öffnete sie sie bereitwillig. Ihr Körper bebte vor Verlangen. Ja, sie konnte es nicht leugnen - sie wollte ihn. Sie drückte ihre Brüste an seine Brust und erwiderte seinen Kuss.
Er schmeckte ganz leicht nach Moschus. Seine Zunge erkundete fordernd ihren Mund, und sie hatte ein Gefühl, als würde sie schweben. Es kam ihr vor, als wäre er das einzig Feste in der Welt, und wenn sie ihn losließe, würde sie wie ein Blatt im Wind fortgewirbelt. Sie berührte seine Zunge mit der ihren, streichelte sie und erkundete seinen Mund. Als er sie so drehte, dass ihr Kopf an seiner breiten Schulter ruhte, fühlte sie sich klein und hilflos, doch sie genoss
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