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Vergangene Zukunft

Vergangene Zukunft

Titel: Vergangene Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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Warum denn?«
    »Deine Mutter wartet vielleicht schon auf uns.«
    »Wahrscheinlich.« Widerstrebend kehrte der Junge um.
    Sie wanderten langsam zurück.
    »Einmal habe ich in der Schule einen Aufsatz geschrieben«, erzählte Richard, »über das Thema, welches alte Fahrzeug ich mir aussuchen würde. Ich habe ein Großverkehrsflugzeug gewählt und geschrieben, wie ich mir die Sterne und Wolken und alle möglichen anderen Dinge ansehen würde. Damals war ich noch richtig blöd.«
    »Und jetzt würdest du dir ein anderes Fahrzeug aussuchen?«
    »Da können Sie drauf wetten. Ich würde in einem Auto fahren, ganz langsam. Dann würde ich alles sehen, was es auf der Erde gibt.«
    Mrs. Hanshaw blickte den Psychiater besorgt und etwas unsicher an.
    »Und sie glauben nicht, daß es anormal ist, Doktor?«
    »Vielleicht ungewöhnlich, aber nicht anormal. Er liebt eben die frische Luft und die Welt da draußen.«
    »Wie kann er nur! Es ist doch so schmutzig, so unangenehm!«
    »Das ist eine Frage des Geschmacks. Vor Jahrhunderten waren unsere Ahnen die meiste Zeit im Freien. Ich glaube, sogar heute gibt es Millionen Afrikaner, die noch nie im Leben ein Tor gesehen haben.«
    »Aber ich habe Richard immer dazu angehalten, sich zu benehmen, wie sich ein anständiger Mensch in Distrikt A-3 zu benehmen hat«, sagte Mrs. Hanshaw wütend. »Nicht wie ein Afrikaner oder – oder einer unserer Ahnen.«
    »Daraus resultieren ja seine Schwierigkeiten. Er spürt den Drang hinauszugehen, und gleichzeitig spürt er, daß er etwas Unrechtes tut. Er schämt sich, darüber mit Ihnen oder mit seiner Lehrerin zu sprechen. Es zwingt ihn dazu, sich in sich selbst zu verkriechen, und das könnte unter Umständen gefährlich werden.«
    »Aber wie kann ich ihn überreden, mit dem Unsinn aufzuhören?«
    »Versuchen Sie es nicht«, sagte Dr. Sloane. »Versuchen Sie lieber, seine Aktivität in die richtigen Bahnen zu lenken. An dem Tag, als ihr Tor nicht funktionierte, war er gezwungen, ins Freie zu gehen. Er entdeckte, daß ihm das gefiel, und von da an ging er zu Fuß in die Schule und nach Hause, um dieses erste erregende Erlebnis ständig zu wiederholen. Nehmen Sie einmal an, Sie erlauben ihm, am Samstag oder Sonntag für zwei Stunden das Haus zu verlassen. Dann wird er einsehen, daß er es nicht täglich erzwingen muß, sondern wieder wie üblich an den Schultagen das Tor benutzen. Glauben Sie nicht, daß seine Schwierigkeiten mit der Lehrerin und wahrscheinlich auch mit den Mitschülern dann aufhören?«
    »Aber dann ändert sich ja gar nichts. Muß das so sein? Wird er nie mehr normal werden?«
    Dr. Sloane erhob sich.
    »Mrs. Hanshaw, er ist so normal wie jedes andere Kind. Er kostet eben gerade die Freuden des Verbotenen aus. Wenn Sie ihm beistehen, wenn Sie ihm zeigen, daß sie seine Handlungsweise nicht mißbilligen, wird das Verbotene bald seine Anziehungskraft verlieren. Wenn er älter wird, wird er rechtzeitig genug erkennen, welche Forderungen die Gesellschaft an ihn stellt. Er wird lernen, sich anzupassen. In jedem von uns steckt ein kleiner Rebell, aber er stirbt, wenn wir alt und müde werden. Aber wenn man den kleinen Rebellen unterdrückt und ihm nicht erlaubt, sich auszuleben, wird er nie sterben. Setzen Sie Richard also nicht unter Druck. Bald wird er wieder in Ordnung sein.«
    Er ging zum Tor.
    »Und Sie glauben nicht, daß eine psychiatrische Routineuntersuchung nötig ist?« fragte Mrs. Hanshaw.
    Ärgerlich fuhr er herum.
    »Nein, unter keinen Umständen! Der Junge hat nichts, das eine solche Untersuchung rechtfertigen würde. Verstehen Sie? Nichts!«
    Er hob den Finger, und einen Zoll von der Schalttafel des Tores entfernt blieb der Finger plötzlich in der Luft hängen. Er runzelte die Stirn.
    »Was ist denn los?« fragte Mrs. Hanshaw.
    Aber er hörte sie nicht. Er dachte an das Tor, an die psychiatrische Routineuntersuchungen, und an den steigenden, erdrückenden Strom der Maschinerie. In jedem von uns steckt ein kleiner Rebell, dachte er.
    Er ließ die Hand sinken, wandte dem Tor den Rücken zu und sagte mit sanfter Stimme: »Heute ist so ein wunderschöner Tag. Ich glaube, ich gehe lieber zu Fuß nach Hause.«

 
Streikbrecher
     
    In meinem Vorwort zu »Und Finsternis wird kommen …« erklärte ich, daß der Erfolg einer Arbeit oft völlig unerwartet eintreffen kann. Im Fall von »Streikbrechern« dachte ich, etwas ganz Besonderes geschaffen zu haben. Die Erzählung schien mir frisch und originell. Ich fühlte, daß ich

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