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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Morgen fragen, wie sie Emmas Entwicklung einschätzt und ob eine Reise ihr gut tun würde. Ich kann mir nichts Besseres vorstellen.«
    Es überraschte ihn, wie sehr ihn die Aussicht beglückte, mit ihr zusammen nach Irland zu reisen. Es war, als ob sich ein Knoten in seinem Bauch lösen würde. Die Worte waren ihm ohne vorherige Überlegung einfach über die Lippen gepurzelt. Er hatte überhaupt nicht darüber nachgedacht. Und wenn, dann war er sich dessen nicht bewusst gewesen. Er hatte sich offenbar nicht von Molly oder von Emma trennen wollen.
    »Wann ist ihr Termin?«
    »Zehn Uhr morgens.«
    »Warten wir erst einmal ihre Meinung ab, ehe wir feste Pläne schmieden.«
    Molly zog den Gürtel ihres Bademantels fest. Es war ein aufwendig gearbeiteter pfirsichfarbener Mantel, den sie sich offenbar von Eve Lord, ihrer Stiefmutter, geborgt hatte. Er fragte sich, wie sie wohl ohne Mantel aussehen würde. Sie lächelte ihn nochmals an. »Irland also? Warst du letztes Mal ganz alleine dort?«
    »Nein«, erwiderte er. »Das nicht.«
    »Nein«, sagte sie. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass du irgendetwas alleine machst, es sei denn, du hast es dir in den Kopf gesetzt.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Selbst mit verbranntem Rücken würde dich noch eine Menge Frauen für einen sehr attraktiven Mann halten.«
    »Danke. Geh jetzt wieder zurück ins Bett, Molly. Es ist viel zu früh, um schon auf den Beinen zu sein.«
    »Und wie steht es mit dir?«
    »Wo wir nun einen Plan geschmiedet haben, werde ich mich wohl auch noch für eine Stunde aufs Ohr legen. Jetzt bin ich nicht mehr so angespannt und nervös. Es ist ein Wunder.«
    Sie nickte, dann wurde sie ernst. »Was ich noch sagen wollte, ich habe eine kleine Trauerfeier für Louey heute Nachmittag hier auf dem Grundstück organisiert. Ich habe sogar einen presbyterianischen Pastor gefunden, der eine Rede halten wird.«
    »Das ist gut«, erwiderte er. »Gut für Emma.«
    »Das hoffe ich.«
    »Emma, kannst du das Lied >Twinkle, twinkle, little star< für mich spielen?«
    »Ja, Dr. Loo, ich glaube schon. Aber ich habe schon seit langem nicht mehr richtig Klavier geübt.«
    »Das macht nichts.«
    Emma setzte ihr neues Klavier auf dem niedrigen Beistelltisch ab. Dr. Loo setzte sich auf einen Stuhl, Molly und Ramsey nahmen ihr gegenüber auf dem Zweiersofa Platz.
    »Vergiss nicht die Variationen, Emma«, ermunterte sie Ramsey.
    Diesmal zögerte Emma nicht. Sie atmete tief und erschreckend erwachsen durch, dann spielte sie mit der einen Hand die einfache Tonfolge des Liedes, beginnend mit E Als sie das Lied einmal gespielt hatte, fügte sie die linke Hand hinzu. Es klang klassisch, wie Mozart. Beim nächsten Durchgang wechselte sie zum Jazz, dann schließlich zu etwas, das eindeutig an John Lennon erinnerte.
    Dr. Loo blinzelte, sie schien vollkommen verstört. Als Emma mit ihrem Spiel fertig war, beugte Dr. Loo sich vor, nahm Emmas kleine Hände in ihre und sah ihr in die Augen. »Danke, Emma. Du hast mir eine große Freude bereitet. Ich hoffe, dass ich dich eines Tages in der Carnegie Hall spielen hören werde.«
    »Was ist die Carnegie Hall?«
    »Das ist ein Ort, wo große Künstler aus der ganzen Welt hinkommen, um dort aufzutreten. Sie steht in New York. Dort habe ich Liam McCallum Violine spielen hören. Das war ein unglaubliches Erlebnis. Dort könntest du auch hinkommen, Emma.«
    »Ja«, bestätigte Molly, »eines Tages könnte das passieren.«
    »Mein Papa ist niemals in der Carnegie Hall aufgetreten«, flüsterte Emma, ohne von der Tastatur aufzublicken. »Er war aber ein großer Künstler, hat Mama gesagt.«
    »Ja, das war er«, bestätigte Molly. Sie schien kurz davor, in Tränen auszubrechen. Ramsey beugte sich vor. »Ich habe eine CD von deinem Papa, Emma. Und obwohl er nicht in der Carnegie Hall aufgetreten ist, kann ihn jeder auf der ganzen Welt hören. Seine Musik wird weiterleben.«
    »Das hat Mama auch gesagt.«
    »Und wann war das letzte Mal, dass deine Mutter Unrecht hatte?«, erkundigte sich Ramsey und strich mit den Fingern über ihren Bauernzopf, den er ihr geflochten hatte. Der Zopf war nicht übel, fast ganz gerade und ziemlich glatt.
    Jetzt hob Emma den Kopf und dachte angestrengt nach. »Das ist schon eine ganze Weile her«, sagte sie schließlich. »Vielleicht vor zwei Monaten.«
    Ramsey lachte.
    »Und jetzt«, meinte Dr. Loo, »ist es an der Zeit, dass wir über deine Reise mit Ramsey und deiner Mama nach Irland sprechen.«
    »Ich weiß nicht, was

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