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Vergeben, nicht vergessen

Titel: Vergeben, nicht vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Irland ist, Dr. Loo«, entgegnete Emma.
    »Es ist ein wunderschönes Land auf der anderen Seite des Ozeans. Es ist ein Ort, den man genießen kann und wo man die Dinge anschauen und sie vielleicht in einem anderen Licht sehen kann. Es ist ein Ort, wo du keine Angst mehr haben musst, wo du Klavier spielen kannst, wo du morgens mit Ramsey laufen und später mit deiner Mama Frisbee spielen und Picknick machen kannst. Es ist sehr schön, Emma. Du kannst auf den Steinen sitzen und deine Füße ins Wasser baumeln lassen. Und das Wasser ist so kalt, dass du vor Überraschung aufquietschen wirst. Du wirst mit zwei Menschen zusammen sein, die dich lieben und die dich sicher und glücklich sehen wollen. Was hältst du davon?«
    Emma zog sich zwischen Ramseys Knie zurück. »Wird der böse Mann auch dort sein?«
    Ramsey streichelte über ihre dünnen Arme. »Nein, das wird er nicht. Wir werden nie wieder zulassen, dass er an dich herankommt. Das verspreche ich dir, Emma.«
    Emma drehte sich zu ihm um. »Er ist nah, Ramsey. Ziemlich nah sogar. Er hat meinen Papa umgebracht. Jetzt will er mich haben.«
    »Nein, Emma, das will er nicht. Er hat unglaubliche Angst, und er ist auf der Flucht und wird sich verstecken, denn er weiß, dass die Polizei hinter ihm her ist. Ich wünsche mir, dass er gefasst wird. Dann wird er den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen. Alle bemühen sich sehr, ihn einzufangen.
    »Und eines weiß ich ganz sicher, Emma. Wir werden ihn nie wieder an dich herankommen lassen. Glaubst du mir das?«
    Emma sah ihn lange an. Molly spürte, wie sie die Luft anhielt. Emma schwieg weiter, fing jedoch schließlich wieder ruhig und leise zu atmen an. Sie blickte Dr. Loo an, die nur lächelte und ihren Kopf leicht schüttelte.
    Dr. Loo warf einen Blick auf ihre Uhr, stand auf und zog Molly beiseite. »Es wird etwas dauern. Drängen Sie sie nicht. Mir ist jetzt schon klar, dass sowohl Sie als auch Richter Hunt die Sache sehr gut im Griff haben. Meiner Ansicht nach ist Irland eine gute Idee. Dennoch denke ich, dass Emma und ich uns morgen sehen sollten. Wann hatten Sie vor zu reisen?«
    »Das ist nicht wichtig«, meinte Molly und blickte dabei auf ihre Tochter. »Emma ist wichtig. Wir reisen erst dann, wenn Sie es für richtig halten, und nicht vorher.«
    »Sie macht sich sehr gut, Frau Santera, wirklich. Aber eine solche Sache ... wird sie ein Leben lang begleiten. Dieser Tatsache müssen Sie ins Auge sehen und willens sein, sie zu akzeptieren. Ihre Gefühle werden sich ändern, wenn sie älter wird. Das meiste wird nur noch eine verschwommene Erinnerung sein, und das ist auch gut so. Aber ganz verschwinden wird es nie. Jetzt ist sie noch ein kleines Mädchen und hat keine Ahnung, was Vergewaltigung wirklich bedeutet. Sie weiß, dass dieser böse Mann ihr sehr wehgetan hat und dass das nicht richtig war. Doch sie hat keine der erwachsenen Vorbehalte. Was Sie jetzt sehen, ist ihre Angst und die Erinnerung an ihre eigene Hilflosigkeit.
    Schließlich wird sie einsehen müssen, dass das, was passiert ist, nicht verändert werden kann, dass es Wirklichkeit war. Sie muss lernen, damit fertig zu werden, damit es nicht den Rest ihres Lebens zerstört. Für keinen von Ihnen beiden wird es einfach werden. Sie löschen hier ein Feuer, doch in einem anderen Zusammenhang wird es wieder aufflammen.
    Sie hat Glück, Sie als Mutter zu haben. Ich weiß, dass
    Richter Hunt Emma erst seit kurzem kennt, aber sie vertrauen einander, ihre gegenseitige Zuneigung scheint tief und verbindlich zu sein.«
    »Es wird schwer werden, wenn Richter Hunt nach Hause zurückkehrt«, sagte Molly.
    Dr. Loo schwieg kurz, dann sagte sie mit ruhiger, sachlicher Stimme: »Diese Art Probleme lösen sich gemeinhin von ganz alleine. Morgen möchte ich Emma alleine sehen. Ich möchte mit ihr über den Missbrauch sprechen. Sie soll einsehen, dass dieser Mann nicht normal war, dass es in keinster Weise ihre Schuld war, und dass es nicht deswegen geschehen ist, weil sie böse war.«
    »Weshalb in aller Welt sollte sie das annehmen?«
    »Kinder, Frau Santera, Kinder sind im Stande, fast alles auf sich selbst zurückführen. Außerdem haben wir keine Ahnung, was der Mann ihr gegenüber geäußert hat, wie er sie manipuliert hat, wie er sie terrorisiert hat, wie er ihr wehgetan hat. Es sind immer die Erwachsenen, die die Sache aus dem Lot bringen. Ich muss die Sache jetzt von Emmas Kopf aus angehen. Ich bitte Sie, sich keine Sorgen zu machen, und bin mir gleichzeitig

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